Filmbranche braucht bessere Förderung
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MARKETING & MEDIA Redaktion 02.07.2021

Filmbranche braucht bessere Förderung

„Ein Incentive-Modell allein wird nicht helfen”, meint der erfolgreiche Filmemacher Hannes M. Schalle.

••• Von Britta Biron

WIEN. Im Sommer 2021 feiern gleich drei Dokumentationen von Hannes M. Schalle Premiere: „Beethoven X – Das AI Projekt” (Magenta TV), „Der Klang Salzburgs” (3sat) und die „Salzburger Buhlschaften” (ServusTV).

medianet hat das zum Anlass genommen, um mit dem erfolgreichen Filmemacher über aktuelle Branchenthemen und künftige Projekte zu sprechen.

medianet: Zum Beginn die fast schon obligatorische Corona-Frage: Welche Auswirkungen hatte die Pandemie auf Ihre Arbeit?
Hannes M. Schalle: Wie alle hatten wir zwischen Mitte März und Ende April geschlossen – aber ich nutzte die Zeit zum Schreiben und Vorbereiten. Außerdem hatte ich im Jahr davor anstrengende 80.000 Flugmeilen hinter mir und so kam mir die Ruhezeit unerwartet sehr entgegen. Wir haben dann eigentlich von Anfang Mai 2020 bis heute durchproduziert und es war ein sehr erfolgreiches Jahr.

medianet:
Gratulation! Generell hat sich die finanzielle Lage der heimischen Filmbranche durch Corona aber weiter verschlechtert. Wie beurteilen Sie das hiesige Fördersystem?
Schalle: Ich habe lange in Österreich um keine Förderungen angesucht und eher im Ausland produziert – etwa in UK. Dort gibt es verschiedene maßgeschneiderte Systeme, mit denen ich als Kreativer und Produzent viel effizienter umgehen konnte. Allerdings bin ich sehr froh, dass es den TV-Fonds Austria gibt, mit dem wir immer sehr gut zusammenarbeiten. In der Realität sind aber nach dem ersten Einreichtermin leider bereits die gesamten verfügbaren Fördermittel vergeben. Was in Österreich fehlt, ist ganz klar ein Steueranreizmodell; hier warten wir auf die Umsetzung des Regierungsprogramms. Für unsere überschaubare Kreativ- und Medienwirtschaft, die teilweise sehr stark von der Wirtschaftskrise betroffen ist, sollte es jetzt sehr rasch eine effiziente Lösung geben.

media
net: Wie stehen Sie zur Forderung des Fachverbands der Film- und Musikwirtschaft nach einer Investitionsprämie mit Öko-Bonus?
Schalle: Ich bin erfreut, dass die Diskussion um ein Incentive-Modell nun endlich Fahrt aufnimmt. Wir müssten das Rad allerdings nicht neu erfinden, denn es gibt mit UK ohnehin ein langjährig erfolgreich funktionierendes Beispiel. Allerdings wird auch ein kluges Incentive-Modell allein nicht helfen – vielmehr brauchen wir hierzulande auch die Crews, die Studios und eine Senkung der Lohnnebenkosten. Daher wird derzeit vielfach bei unseren Nachbarn in Tschechien, Ungarn und Polen produziert. Green Producing haben wir in der Berufsgruppe in Salzburg als Kriterium festgeschrieben, andererseits lebe ich das so gut wie es geht als Produzent. Schon vor Covid-19 habe ich etwa in UK oder den USA mit lokalen Crews gearbeitet.

 medianet: Kürzlich hat das Österreichische Filminstitut eine Geschlechterquote in der Filmförderung beschlossen. Was halten Sie davon?
Schalle: Gendergerechtigkeit muss funktionieren, und genauso leben wir das in unseren Produktionen. Wichtig sind das persönliche Talent und der Einsatz. In meinem eigenen Unternehmen war das Männer-Frauen-Verhältnis immer (zufällig) 50:50. Das meiste ergibt sich ganz natürlich, wie bei meinem letzten Film ‚Silent Night': vor der Kamera fast 80 Prozent Künstlerinnen, die Crew hinter der Kamera zu fast 60 Prozent männlich. Allerdings ist mir Inklusion viel wichtiger, nämlich die besten Talente aus allen Erdteilen einzubinden. Der US-Partner, The CW, war davon so begeistert, dass wir schon eine weitere Produktion unterzeichnet haben – und ich habe gleich eine perfekte Ko-Autorin verpflichtet, Sarah Friedman aus Los Angeles.

medianet:
Am 29. Juli feiert Ihre Doku ‚Die Salzburger Buhlschaften und ihre Jedermänner' Premiere. Zeigt sich Ihrer Ansicht nach in den verschiedenen Inszenierungen des ‚Jedermann' der gesellschaftliche Wandel in Geschlechterfragen? Was fanden Sie an der Buhlschaft besonders interessant?
Schalle: Das Projekt hat sich aus meinem Film über Max Reinhardt, ‚Die Träume des Magiers', ergeben. Die Arbeit mit Senta Berger, Veronica Ferres oder auch Sunnyi Melles war so interessant, dass daraus zunächst der Film zu Senta Bergers 80. Geburtstag entstand und dann eben die Produktion über die Buhlschaften. Ich wollte ganz bewusst ein weibliches Thema erzählen bzw. auch erzählen lassen und diese wichtigste Nebenrolle im deutschen Theater ergründen, zeigen, porträtieren und den Schauspielerinnen eine Hommage erteilen. Und da arbeiten wir den Wandel der Rolle, der Rolle der Frau in den vielen Inszenierungen, geprägt durch ihre Protagonistinnen, sehr klar heraus. Das ist das Spannende daran.

medianet:
Was steht als nächstes auf dem Drehplan?
Schalle: Derzeit arbeite ich an einer ganz besonderen Produktion, nämlich ‚Beethoven X – The AI Project', die einerseits eine Bio-Doku mit viele Spielszenen ist und andererseits die Schaffung der 10. Sinfonie durch eine AI der renommierten Universitäten Rutgers und Harvard zeigt. Ende August beginne ich mit den Dreharbeiten zu ‚The Sound Of Music Revisited', wieder in Zusammenarbeit mit CBS/Warner (The CW) – ebenso ein sehr modernes Music Project. Ein besonderes Traum-Projekt die Realisation meiner ‚Amadeus'-Serie. Dazu laufen in den USA bereits die Verhandlungen und Castings.

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