••• Von Gianna Schöneich
WIEN. Lange bevor das Internet im Jahr 1990 durch die US-amerikanische National Science Foundation kommerzialisiert wurde, fand man in der Technischen Universität Wien Computer, die Zugang zum Netz hatten. Der damalige Student Siegfried Stepke war begeistert und verbrachte viel Zeit in den Übungsräumen der TU – er erhielt bald einen Job im Support bei einem der ersten Internet Provider Österreichs.
Schon 1995 machte er sich mit dem Internet selbstständig. Damit ist er nicht allein – es gibt viele Unternehmensgründungen, die sich im digitalen Bereich verorten. Das Anlegerinteresse ist groß und führt zu Börsengängen. Im März 2000 platzte die Dotcom- beziehungsweise Spekulationsblase.
„Ich war genervt”
„Nach der Dotcom-Blase kam die Ernüchterung”, erzählt Stepke; „was man nach dieser Zeit im digitalen Bereich machte, musste Hand und Fuß haben.” Doch Stepke entschließt sich, vorerst nichts mehr mit dem Internet zu tun haben zu wollen: „Ich war genervt, der Markt überhitzt. Jeder, der eine Maus bedienen konnte, sah sich als Experte und verlangte Unsummen für seine Arbeit.”
Doch die unzulängliche Arbeit anderer führt dazu, dass sich Stepke vom Internet nicht losreißen kann; immer mehr frühere Kontakte wenden sich an ihn und bitten ihn um Hilfe. Stepke hilft – und ist plötzlich doch wieder digitaler Dienstleister: „Ich habe gelernt, wenn dir das Leben gute Chancen vor die Füße wirft, dann nimm sie an. Ich habe letztlich aufgehört, mich zu wehren.” 2003 gründet Stepke e-dialog; ohne Businessplan und mit dem Vorsatz, seine Aufträge allein als Freelancer zu stemmen. Auch dieser Plan Stepkes ging nicht auf. Heute, 15 Jahre später, zählt e-dialog 30 Mitarbeiter und hat sich zum Geburtstag ein neues Büro am Opernring über den Dächern Wiens geschenkt.
Weg vom Fullservice
Vor 15 Jahren kümmerte sich Stepke um alles, was mit dem Internet zu tun hatte, wie er heute sagt – von der Erstellung von Websites bis hin zum Management ganzer digitaler Projekte. „Eine unserer wichtigsten Entscheidungen war, weg vom Fullservice zu gehen.” Zu diesem Schritt entschied man sich bereits im Jahr 2005.
„Wir konnten uns damit auf das fokussieren, was wir wirklich gut können – mit Zahlen und Daten umgehen”, so Stepke. e-dialog steht für Data-driven Advertising. Webanalysen, SEA, Conversion-Optimierung, E-Mail-Marketing, RTA Display Advertising, Programmatic Marketing/Advertising und die Customer Journey – für e-dialog ist alles mess- und dadurch optimierbar.
Stepke und sein Unternehmen sind unaufgeregt, nicht marktschreierisch. „Wir setzen tolle Projekte um, doch für das, was wir machen, gibt es keine Preise”, so Stepke. Die Arbeit von e-dialog findet unter der Wahrnehmungsschwelle statt. Für die Schweizer Migros-Tochter Globus beispielsweise setzt die Agentur eine große Multi-Channel-Strategie um: „Für diesen Kunden haben wir alles umgesetzt, was heute nur möglich ist. Wir schlagen eine perfekte Brücke von online zu offline, wir budgetieren anhand der Customer Journey, optimieren, targeten und bedienen alle Kanäle.” Andere Kunden sind etwa Merkur, die XXXLutz-Gruppe, große Publisher und Telcos.
Volle Transparenz
Zwar findet die Arbeit von e-dialog im Verborgenen statt, doch gleichzeitig könnte sie transparenter nicht sein. Man steht unter ständiger Beobachtung, denn jede Maßnahme seitens der Agentur ist messbar – Erfolge der Strategie sind somit stets sichtbar.
Stepkes Steckenpferd ist die Plan- und Messbarkeit – eine große Begeisterung hegt er für Programmatic Advertising. So organisiert e-dialog auch die Konferenz ProgrammatiCon, die von 10. bis 12. Oktober in Wien stattfindet und Fachbesucher vor allem aus Deutschland anzieht.
Auf die Frage, ob es schwer ist, Unternehmen von datengetriebenen Ansätzen zu überzeugen, antwortet Stepke: „Wir überzeugen niemanden. Wir haben auch keinen Vertrieb. Jemand, den wir überzeugen müssen, ist kein guter Kunde für uns. Wir werden einfach immer weiterempfohlen.”
Hitzige Diskussionen
Auf die Datenschutz-Grundverordnung war e-dialog bestens vorbereitet, sagt Stepke. Er selbst sieht den Prozess allerdings noch lange nicht abgeschlossen: „Viele Punkte der DSGVO sind noch nicht ausdefiniert. Für viele ist die Verordnung auch eine Chance, vielleicht künftig mit ihren Daten besser umzugehen und klarere Usecases zu definieren.” Nun steht der Branche die e-Privacy-Richtlinie bevor: „Ich mag, dass immer mehr Professionalität kommt; schlecht ist natürlich, dass die Richtlinien nicht gut ausdefiniert sind. Es gibt überhitzte Diskussionen, und ein Markt wird bedroht.”
Die Begeisterung für Daten, Algorithmen und die vielen Fachbegriffe macht viele Marketer nervös. „Viele glauben, sie wären noch nicht reif, mit uns zu arbeiten. Das stimmt, macht aber nichts.” e-dialog nimmt Unternehmen, egal wo sie mit ihrer digitalen Strategie stehen, mit auf die Reise des Data-Driven-Advertising.
„Es macht großen Spaß, mit uns zu arbeiten”, sagt Stepke lachend; „wir sind aber keine verrückten Datentypen, wir sind eine Agentur, die gscheite, erfolgreiche Werbung macht.”
Keine Prognosen
Damals wie heute hat Stepke keine Wachstumsstrategie und auch einen Blick in die Zukunft will er nicht werfen: „Ich war noch nie jemand, der irgendetwas prognostiziert hat. Ich bin froh, wenn ich die aktuellen Themen überschaue, diese möchte ich sauber und auf höchstem Niveau behandeln.”
Auch seinen Kunden erzählt Stepke nicht von Visionen, was in fünf Jahren sein könnte: „Ich verlasse mich da lieber auf die drei Säulen, die in jedem Fall bestehen bleiben werden: Kommunikation, die Digitalisierung der Welt und Daten, die das hervorbringt – darüber hinaus brauche ich keine Vision.”