Kommentar ••• Von Gianna Schöneich
ERKENNTNISSE. Häufig kommen Einsichten etwas zu spät. Dann, wenn schon zahlreiche Regierungsgegner, Journalisten oder Zivilisten festgenommen wurden und ein autoritärer Charakter mal mir nichts dir nichts alles andere tut, als Demokratie walten zu lassen. Die Misere in der Türkei haben wir uns nun wirklich sehr lang angesehen. Wirklich aktiv ist niemand geworden. Stimmt. Da war ja auch dieser Flüchtlingskrise-Türkei-Deal. Wurde die EU hier nicht immer wieder bedroht, man wolle das Abkommen stoppen? Jetzt jedenfalls die Einsicht: Man lässt sich nicht erpressen, man kann die Flüchtlingskrise auch aus eigener Kraft bewältigen. So so, plötzlich. Aber besser spät als nie. Das werden wir den Menschen, die unter dem Wahnsinn in der Türkei leiden mussten, jenen, welchen wir nicht halfen, bitte genau so sagen.
Der Brexit ist auch ein Fall, der auf eine späte Einsicht hoffen darf. Überraschend war die Abstimmung im Juni. Der Wirtschaftsdelegierte Christian Kesberg sagte gegenüber dem Standard, er halte es für möglich, dass sich Großbritanniens Wachstum bis 2020 halbieren könnte.
Warum so weit in die Zukunft blicken? Hatte das Pfund nicht schon dramatisch an Wert verloren und waren Aktienkurse nicht schon weltweit abgestürzt? Aber besser wir reden heute darüber, als nie.
Sieht man sich diese beiden Entwicklungen an, dürfen wir auf Trumps Herrschaft gespannt sein. Erstaunlicherweise gehen Menschen gegen ihn auf die Straße. Die Welt hält Amerika für verrückt. Wer hätte das gedacht? Gut, dass wir heute schon darüber sprechen.
Für große Erkenntnisse sorgte auch HC Strache; so postete dieser auf Facebook: „Wie wäre es, wenn die Menschen, die einer großen Mehrheit ihrer Mitmenschen erklären wollen, was sie denken dürfen, demokratische Wahlergebnisse und den Willen der Wähler nicht nur dann akzeptieren, wenn sie gewonnen haben?”
Ja. Diese Aussage ruft genau so viel Ungläubigkeit hervor, wie die Wahl Trumps. Mit etwas Anstrengung kann man darüber lachen.