Kommentar ••• Von Gianna Schöneich
AUFSTEHEN. Das Konzert in Chemnitz, das unter dem Motto „Wir sind mehr” stattfand, holte 65.000 Menschen auf die Straße. Man kann nun diskutieren: Ja, es war ein kostenloses Konzert, vielleicht kamen Menschen nur aus diesem Grund – man weiß es nicht und man muss diese Aktion auch nicht bis ins Kleinste kritisieren, um auch nur einen Funken negative Stimmung zu erzeugen.
Fakt ist: Es wurde die Chance genutzt, sich gegenseitig zu zeigen, dass man mit seiner Meinung nicht allein ist und nicht nur der rechte Mob fähig ist, sich zu sammeln und zu präsentieren. Da in Österreich alles immer ein wenig länger dauert, soll hier der Aufruf gestartet werden, lieber gleich über so eine Aktion nachzudenken. Auch in Österreich gibt es mehr als nur das hippe Wien, mit seiner aufgeklärten Innenstadt. Da gibt es blaue Dörfer, Politiker mit widerlichen Meinungen und Ansichten, Androhungen und vermeintlich „aufgeklärte” Ladendiebstähle. Es wird gelogen, was das Zeug hält, und es ist mehr als nur berechtigt, sich unter der derzeitigen Regierung unter HC Strache und seinem Gehilfen Kurz zu fragen, ob man mit der eigenen Meinung allein ist.
Vielleicht sollte Bilderbuch ihr prestigeträchtiges Konzert, das 2019 auf dem Ehrenhof von Schloss Schönbrunn stattfinden soll, auch unter dem Motto „Wir sind mehr” mit anderen heimischen Bands und Künstlern wie Wolfgang Ambros spielen und davon absehen 60 Euro für eine Karte verlangen. Vielleicht sollte man 2018 schneller reagieren, um Fremdenfeindlichkeit und Rassismus schon jetzt die Straße streitig zu machen und sich gegen das zu stellen, was gerade mitten in der Gesellschaft geschieht und nicht mehr bloß Thema von ein paar Randgruppen ist. Die österreichischen Bands sollten sich ein Beispiel an den deutschen nehmen – denn wer das Privileg besitzt, ein Mikrofon in die Hand nehmen zu dürfen, sollte dies auch nutzen. Selbst die deutsche Sängerin Helene Fischer, die sehr lange für ihr Schweigen zu gesellschaftspolitischen Themen kritisiert wurde, hat nun Partei ergriffen und postet #wirsindmehr – die Lage scheint also ernst zu sein.