Handel trifft Technik: EuroCis 2024 steht an
© Messe Düsseldorf/Constanze Tillmann
MARKETING & MEDIA Redaktion 26.01.2024

Handel trifft Technik: EuroCis 2024 steht an

Technisch könnte der Checkout längst eine Überholspur sein. Was geht, zeigt demnächst die Fachmesse EuroCis.

••• Von Christian Novacek

Die Handelsbranche befindet sich seit Beginn der Pandemiezeit in einer Phase der Strukturveränderung. Die Herausforderungen werden einem immer flotter um die Ohren geknallt – gestern war KI noch irgendwas, heute soll sie schon unumgänglich sein?

Fakt ist: Corona hat das Einkaufsverhalten verändert. Der Handel hat darauf reagiert, nicht nur mit Plexiglasschutz an der Kassa, sondern auch mit einem nie da gewesenen, massiven Digitalisierungsschub. Denn oft mussten Omnichannel-Services wie Click & Collect schnell eingeführt oder optimiert werden, Checkout- und Paymentprozesse wurden neu gedacht, die Kundenansprache digitalisiert, und auch die gesamte interne Arbeitsorganisation wurde umgestellt. Auch in der Warenbeschaffung war es durch gestörte Lieferketten oft notwendig, Systeme flexibler zu gestalten und zahlreiche Prozesse zu digitalisieren.
Grob umrissen, kann die KI im Handelsalltag das Retourenmanagement, Bestandsabgleich und Marketingstrategie übernehmen. Gut sichtbar ist sie ebenso an der Verkaufsfront im Einsatz – und das schon seit Langem: Der erste Amazon Go (also jenes Geschäft, wo ohne Bezahlvorgang eingekauft wird) eröffnete bereits im Dezember 2016 in der 7th Avenue von Seattle – vorerst nur für Mitarbeiter, ab 2018 dann für alle.

Amazon Go geht zögerlich

Aber ist gerade Amazon Go eine Erfolgsstory? 2023 kam es zu ersten Schließungen, von Amazon kommentiert mit: „Wie jeder physische Einzelhändler bewerten wir regelmäßig unser Portfolio an Geschäften und treffen dabei Optimierungsentscheidungen.” Gleichzeitig wurde Beharrlichkeit demonstriert: „Wir bleiben dem Amazon Go-Format verpflichtet, betreiben mehr als 20 Amazon Go-Geschäfte in den USA und werden weiterhin lernen, welche Standorte und Funktionen bei den Kunden am besten ankommen, während wir unsere Amazon Go-Stores weiterentwickeln.”

So recht der Expansionsturbo wurde jedoch nicht gezündet – indes, es gibt durchaus Nachfolger im System und die denken das dann gerne weiter. Etwa: Rewe Pick&Go, wo nach zwei hybriden Testmärkten in Köln und Berlin der erste vollautonome Rewe-Markt in der Münchner Innenstadt dann auch schon den Weg in Richtung Serienproduktion andeutete (es folgten Hamburg und Düsseldorf).
Das Prinzip baut wie Amazon Go auf einen autonomen Checkout auf, im Sortiment beschränkt sich Rewe allerdings nicht nur auf den Pausensnack. Desgleichen wird frisches Obst und Gemüse gewürdigt – mit dabei ist auch die Kartoffel aus der Nachbarschaft.
„In welcher Ausprägung sich der Seamless Checkout in der Praxis durchsetzen wird, hängt stark von Branche, Standort, Kundenakzeptanz und am Ende Wirtschaftlichkeit ab”, umreißt Ulrich Spaan, Mitglied der Geschäftsleitung der deutschen Handelsforschungsinstanz EHI Retail Institute in Köln, das aktuelle Szenario.

Diskonter vorne mit dabei

Tatsächlich gibt es eine Schar von Retailern, die den autonomen Store testen, Diskonter inklusive. Beispielsweise gibt es den kassenlosen Aldi-Markt im niederländischen Utrecht. Auch dort betreten die Kunden den Laden, legen ihre Einkäufe beobachtet von Kameras und allerlei Sensorien direkt in ihre (mitgebrachten) Behältnisse und verlassen den Laden ohne Kassenvorgang. Der Bon folgt per App. Klingt zeitgemäß, kann sich aber in der Zeit derzeit nicht wirklich fest verankern – gegebenenfalls hat sich hier die KI selbst überlistet und mit Umständlichkeit Konsumenten mehr verschreckt als angelockt. Konkret: Erst mal ist die App zur Registrierung umständlich. Dann brauchts zur Zahlung optimalerweise eine Kreditkartenhinterlegung – was auch nicht jeder mag. Auf Twitter, heute X, wurde der innovative Markt ob seiner Startschwierigkeiten dann regelrecht verspottet, sogar von prinzipiell innovationsgeneigten, jungen Usern. Fazit: Auch wenn die von Spaan (EHI) genannte Voraussetzung Frequenz (bei Aldi in Utrecht: jede Menge Studenten) passt, ist die Kundenakzeptanz damit nicht automatisch mitgepachtet.

Bleibt noch der Grund zu nennen, warum derartige Konzepte nicht flugs vom Innovations- zum Auslaufmodell transformieren: „Der Personalmangel im Handel ist evident”, so Spaan, der auch in Bezug auf hohe Gehaltsforderungen der Gewerkschaften festhält: „Die KI kann hier Einsparungsmöglichkeiten eröffnen.”

Experienced bei Coolblue

Es ist aber nicht ausschließlich der LEH, wo die KI innovativ an der Verkaufsfront zimmert. Der Elektronikstore Coolblue hebt mittels KI die Beratung auf ein experience-orientiertes Level. Ähnlich die Parfümeriekette Douglas: Sie eröffnete in Düsseldorf einen Flagship-Store, der für junge Shopper designt ist. Mit Selfie-Spots, AR-Tools und Influencer-Treffen soll dort die Experience-hungrige Smartphone-Generation auf ihre Kosten kommen. Darüber hinaus gibt es jene Bereiche, wo die KI im Hintergrund zuverlässig werkelt. Besonders aktuell: das Energieverbrauchsmanagement.

Kulminationspunkt der technischen Handelserrungenschaften wird wieder die EuroCis vom 27. bis 29. Februar in Düsseldorf, eine Leitmesse für technische Neuheiten. Deren Geschäftsführerin Elke Moebius freut sich: „Die Messe hat hinsichtlich der Ausstelleranzahl und der gebuchten Quadratmeter den Umfang der Vorveranstaltung bei Weitem übertroffen.”

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