Immerwährende Bequemlichkeit
MARKETING & MEDIA Redaktion 08.04.2022

Immerwährende Bequemlichkeit

Über Österreichs Sicherheitspolitik ziehen Wolken auf. Man kann den Wetterbericht auch ignorieren.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

ZWISCHENBILANZ. Sechs Wochen dauert der russische Angriffskrieg in der Ukraine mittlerweile. Die Prognosen sind so ungünstig wie ambivalent. Selbst jene, die im Regelfall mit einfachen Lösungen glänzen, wissen diesmal nicht recht, woher der Wind of Populism weht. Ein Gefangenendilemma ohne die Option, durch geschickte Kooperation oder durchtriebenen Verrat den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Seit im Juli 1945 in New Mexico erstmals eine Atombombe gezündet wurde, sind die Optionen kriegführender Nationen so unbegrenzt wie eingeschränkt. Wer in den gefährdeten Nachbarstaaten Russlands auf die Beistandspflicht der NATO zählt, der könnte auf Sand bauen. Dass die NATO in einen Atomkrieg mit verheerenden Folgen einsteigt, ist schwer vorstellbar.

Andererseits, an Österreich perlt das Desaster ohnehin relativ rückstandsfrei ab. Pochen wir doch auf die „immerwährende Neutralität”, deren sicherheitspolitische Bedeutung inzwischen sogar Israels Iron Dome in den Schatten stellt. Militärische Sicherheit ohne die damit verbundenen Kosten einer funktionierenden Landesverteidigung. Die Möglichkeit völliger Flexibilität in geostrategischen und ethischen Kalamitäten. Bequeme Sorglosigkeit, die sich als Pazifismus tarnt. Österreich sei im Ukraine­krieg zwar „militärisch neutral”, aber nicht „politisch”, interpretierte es kürzlich der Bundeskanzler. Eben.
Das Verteidigungsministerium hat am Donnerstag den sicherheitspolitischen Bericht „Risikolandschaft Österreich 2022” präsentiert und darin die „zentralen sicherheitspolitischen Herausforderungen” herausgearbeitet.
Ein Zitat: „Die Europäische Union (steht) vor der doppelten Herausforderung, sich einerseits auf internationaler Ebene gegenüber anderen Großmächten als eigenständiger Akteur zu behaupten. Gleichzeitig ist die EU gefordert, den inneren Zusammenhalt zu wahren, der (…) vonseiten Russlands mit militärischen Drohungen und Cyberattacken auf die Probe gestellt wird.” „Die EU”. Ohne Österreich halt. Wir sind neutral.

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