In einem Land der Fantastilliarden
MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 03.03.2017

In einem Land der Fantastilliarden

Snapchat geht an die Börse – und wieder wird mit realitätsfremden Summen jongliert.

Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli

 

REALITÄTSVERLUST. Wer kann sich noch an MySpace erinnern? Das war so etwas wie das erste Soziale Netzwerk – bis Facebook kam und ihm die Luft abschnürte.

Zu Beginn galt MySpace noch als das Soziale Netzwerk der Zukunft, und genau so durfte es der Medien-Mogul Rupert Murdoch gesehen haben, als er es 2010 für über eine halbe Milliarde Dollar kaufte. Einige Zeit später musste er es, nach dem Aufkommen von Facebook und dem dadurch ausgelösten Niedergang von MySpace, für vergleichsweise lächerliche 35 Millionen Euro an den Werbekonzern Specific Media und den ­Popstar Justin Timber­lake abstoßen.
Diese Woche geht wieder mal ein großer Deal der Web 2.0-Community über die Bühne: Snapchat, die derzeit beliebteste Kommunikations-App für Text, Bilder und Bewegtbild, macht sich, nur wenige Jahre nach ihrem Launch, auf den Weg, möglichst viele Investoren-Millionen an der Börse einzusammeln.
Im Jahr 2016 machte Snapchat gut 400 Millionen Dollar Umsatz – aber auch gleichzeitig einen Verlust von 510 Millionen Dollar.
Das macht aber alles nix – die Anleger scheints nicht zu stören, aktuell ist das Unternehmen gut 24 Milliarden Dollar wert.
Bei solchen Bewegungen frage ich mich immer: Warum nicht gleich 240 Milliarden, oder 2.400 Fantastilliarden, denn wie wir alle wissen, sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Die digitale Sau durchs Anlegerdorf treiben

Mit Snapchat wird gerade die nächste digitale Sau durchs Anleger-Dorf getrieben – bis eine andere kommt, die noch schöner und noch speckiger ist und noch größere Gewinne verspricht.

Was das noch mit der Realökonomie zu tun haben soll, konnte mir bisher niemand erklären.
Und die schlechte Nachricht für uns alle, die dann an den Folgen solcher Entwicklungen leiden (wir erinnern uns an die DotCom-Blase 2001 und die Banken-Krise 2008): Beim neuen US-Präsidenten Trump und seiner Politik wird sich daran mittelfristig auch nichts ändern.

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