Kampf dem Bedeutungsverlust
© Karine Germain/Unsplash
MARKETING & MEDIA Gianna schöneich 08.06.2018

Kampf dem Bedeutungsverlust

Sabrina und Alexander Oswald und Manfred Gansterer ­haben sich „Make ­Marketing Great Again” auf die Fahne ­geschrieben und kritisieren die Branche.

••• Von Gianna Schöneich

Die Marketingbranche – getrieben von Buzzwords, einer kollektiven Einfallslosigkeit, Stagnation, lauten Promotions mit Flyerfluten und von Fanzahlenwettbewerben auf Facebook. Sabrina und Alexander Oswald des Beratungsunternehmen Futura machen mit Marketer Manfred Gansterer gemeinsame Sache und gehen mit der Branche teilweise hart ins Gericht. Marketing definiert sich durch die „fünf P’s” – Product, Price, Place, Promotion und People. Doch wann hat eine Marketingabteilung das letzte Mal ein Produkt mitgestaltet? Wann durfte sie bei der Preisgestaltung mitsprechen? Gansterer attestiert im Gespräch mit medianet: „Marketing ist zu einer Promotionmaschine verkommen, deren Aufgabe es ist, Lieferant von bunten Bildern zu sein, die sich Sales ausdenkt.”

Marketing habe laut Studien einen Bedeutungsverlust in Unternehmen erlitten und wirke häufig nebulös: „Der Marketingerfolg ist in Unternehmen oft nicht klar sichtbar, und man tut sich schwer, Marketing messbar zu machen. Andere Bereiche wie Sales oder Controlling haben es in den letzten Jahren besser verstanden, ihre Leistungen messbarer zu machen und transparenter darzustellen”, erklärt Gansterer.
Sabrina und Alexander Oswald sowie Gansterer setzen sich gemeinsam dafür ein, Marketing wieder „groß” zu machen und setzen dabei auf einen Claim, der durchaus „kratzt”: Make Marketing Great Again.
Welchen Wirkungsbeitrag Marketing generell am Unternehmenserfolg habe, sei beispielsweise mittels Media-Budget-Modelings herauszufinden, erklärt Gansterer. So könne man das Marketing eines Unternehmens objektivieren. Gansterer war 17 Jahre lang Marketingleiter bei Media-Saturn, führte dort ebendiese Messungen seiner Marketingaktivitäten durch und hatte dadurch ein „leichteres Leben”, wie er sagt; „ich musste mich auch keinen lästigen Diskussionen mehr stellen.”
Es ist nicht nur die fehlende Messbarkeit, die der Branche zu schaffen macht. Wir alle sind Werberezipienten und Konsumenten und dadurch ständig mit Marketing in Berührung – dadurch fühlen wir uns berechtigt, unsere Meinung zu verschiedenen Marketing- und am liebsten Werbeaktivitäten zu äußern.

Stärke zurückgeben

Gansterer ergänzt: „Niemand würde einem Logistiker seine persönlichen Logistiktipps aufzwingen – beim Marketing hingegen fühlt sich jeder berufen, seinen Senf dazuzugeben. Das sind allerdings nur Geschmacksdiskussionen, doch wir tendieren dazu, unsere eigenen Ansichten als die Norm zu sehen – so funktioniert unser Weltbild.”

Futura will gemeinsam mit Gansterer den Marketingabteilungen ihre Stärke ­zurückgeben. „Unsere Message ist klar: Entwickelt wieder mehr Selbst­bewusstsein! Marketing gehört wieder hochwertiger besetzt und deutlich besser ausgebildet. Unternehmen müssen wieder an ihre Marketingabteilungen und deren Urteilsvermögen und Expertise glauben. Die Diskussionen müssen professionalisiert werden”, so Sabrina Oswald.

Ehrliches Anliegen

„Make Marketing Great Again” ist nicht nur ein netter Marketing-Gag – es ist ein ehrliches Anliegen, eine Initiative. Dabei soll es nicht nur um kosteneffektive Optimierung von Werbebudgets gehen; man will zudem Marketing relevanter für den Kunden machen.

„Bedenkt man, dass sich Marketing nur noch einem der fünf Ps annimmt, nämlich Promotion, stellt sich die Frage, wer die anderen Rollen übernommen hat?”, erklärt Sabrina Oswald. Um dies herauszufinden und zu eruieren was in der Branche schiefläuft, wo mögliche Ansätze zur Besserung sind und welche Anliegen Marketer haben, setzt Futura gemeinsam mit Gansterer auf Make Marketing Great Again als Think Tanks. Schon jetzt trifft man sich mit vielen anderen Marketern und Playern der Branche zur Themensammlung und plant, für den Herbst einen umfassenden Gedankenaustausch anzuregen. „Wir haben aus der Branche extrem viele positive Rückmeldungen erhalten. Diese Initiative zu setzen, ist also goldrichtig”, so Sabrina Oswald.
Speziell Unternehmen sollten Interesse an „Make Marketing Great Again” haben, erklärt Gansterer: „Je weiter Marketing nach hinten gedrängt wird, desto stärker verschwindet der Kunde aus dem Fokus.”
Futura bildet gemeinsam mit Gansterer ein Beratungskollektiv; während Alexander Oswald ebenfalls auf eine langjährige Berufslaufbahn als Marketingleiter bei beispielsweise Nokia zurückblicken kann, war Sabrina Oswald immer auf Agenturseite tätig.

Breites Spektrum

Viele Überschneidungen haben die drei Geschäftspartner nicht, doch man deckt gemeinsam ein breites Spektrum ab und ergänzt einander. „Unser Anspruch ist, dass wir nichts von der Stange verkaufen. Wir gehen auf die Problemstellung, Herausforderungen und Fragestellungen unserer Kunden ein und erschaffen maßgeschneiderte Lösungen”, so Gansterer.

Fragt man, wie die Marketingbranche aussehen sollte, erklärt Oswald: „Zufrieden sind wir, wenn man merkt, dass Marketing an jedem Tisch zu finden ist, wo wichtige Entscheidungen gefällt werden und eine mitgestaltende Wirkung besitzt.” Gansterer ergänzt: „Gleichzeitig wollen wir, dass unsere Kunden mündige, wissensbasierte Entscheider, Gestalter und Auftraggeber sind.”

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL