Georg Spatt möchte die etlichen Neuerungen, die Ö3 plant und die mit 16. September in Kraft treten sollen, weder Relaunch noch Komplettumbau nennen. Im Gespräch mit der APA gab er aber an, es werde „in Teilen des Programms eine relativ große Weiterentwicklung” geben – mit einigen neuen Sendungen.
Häufig liegt derartigen „Weiterentwicklungen” ein schlechtes Geschäftsjahr zugrunde. Doch Spatt betonte, Ö3 gehe es „unverändert gut” und lege ein „starkes Jahr 2019” hin. Auch der aktuelle Radiotest bestätigt diese Aussagen. Reichweitenstärkster Sender montags bis sonntags ist bei der Gesamtzielgruppe (ab zehn Jahren) österreichweit somit einmal mehr Ö3, der seine Reichweite von 31,8 im Vergleichszeitraum auf 32,9 Prozent steigern konnte.
Aktuelle Medientrends
Der größte bundesweite Privat-Konkurrent Kronehit kam auf 10,9 nach 10,7 Prozent, Ö1 erreichte 9 Prozent (nach 8,5), FM4 blieb konstant bei 3,3 Prozent. Die Regionalsender des ORF erzielten österreichweit 29,4 Prozent (27,3). Die erfreulichen Zahlen scheinen den ORF jedenfalls nicht zum Ausruhen zu bewegen. So seien die Ergebnisse des Radiotests der rechte Zeitpunkt, um „sich ein paar Dinge anzuschauen, die nicht kurzfristig, sondern mittel- und langfristig wirken sollen”.
Erklärte Ziele dabei: Auf aktuelle Medientrends zu reagieren und den Hörern mehr Abwechslung zu bieten, dabei aber „selbstverständlich immer verlässlich Ö3 zu bleiben und unseren Auftrag und Erfolg nicht zu gefährden. Es wird kein ‚neues Ö3'.” Ö3 arbeite vielmehr permanent an Veränderungen – dies werde manchmal weniger spürbar, diesmal eben etwas stärker. Allgemein zeigt der Radiotest, dass die Österreicher wieder mehr Radio hören. Wie der am Donnerstag veröffentlichte Radiotest 2018/19 zeigt, erreichten die ORF-Radios eine Gesamt-Tagesreichweite von 62,4 Prozent gegenüber 59,9 im Vergleichszeitraum. Bei den Privatradios kletterte die Tagesreichweite von 27,4 auf 28 Prozent. Bei der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen kamen die Privatsender auf 35,9 Prozent Tagesreichweite, die ORF-Sender gesamt auf 53,3 Prozent. Für Ö3 werden in dieser Altersgruppe 38 Prozent ausgewiesen, für die von der RMS vermarkteten Privaten (RMS Top) 35,7 Prozent, für Kronehit 16,6 Prozent. FM4 erreichte bei den Jungen 5,1 Prozent, Ö1 5,4 Prozent, die ORF-Regionalradios 15,3 Prozent.
Die Radionutzungszeit stieg von 174 Minuten im Vergleichszeitraum auf 195 Minuten pro Tag. Bei den Marktanteilen gab es eine leichte Bewegung: 74 Prozent gingen an die ORF-Sender (davor 72 Prozent), wobei hier die öffentlich-regionalen Regionalsender mit 36 Prozent (davor 33) knapp vor Ö3 mit 32 Prozent (davor 31) lagen. Alle Privatsender erzielten wie auch im vorigen Zeitraum zusammen erneut 26 Prozent. In der Altersklasse 14 bis 49 Jahre hatte Ö3 mit 41 Prozent die Nase vorn, dahinter landeten die Privatsender mit 37 Prozent. Die Sender des Werbeverbunds RMS kamen in dieser Gruppe ebenfalls auf 37 Prozent.
Kein Stillstand
Der „nichtlineare” Konsum elektronischer Medien ist etwas, das Spatt sich näher angeschaut habe. „Wir haben in der Medienlandschaft derzeit einen starken Trend dazu.” Und im intensiven Austausch mit den Ö3-Hörern hat man ein „unbefriedigendes” Feedback eingeholt: Nach einigen Stunden Ö3 habe das Publikum mitunter den Eindruck, das Programm „wiederhole” sich – die Hörer laufen Gefahr, abzuwandern. Daher soll der Ö3-Nachmittag künftig „in kürzeren Sendungseinheiten mit stärker profilierten Anmutungen” gestaltet werden: „Weiter mit einem unbestreitbaren Ö3-‚Look and Feel'”, aber mit dem Anspruch, dem Hörer „eine bessere Hilfe für die Strukturierung des eigenen Nachmittags” zu geben.
Anstelle der bisherigen Flächen („Ö3-Musikshow” von 13 bis 16 Uhr, „Ö3 Drivetime-Show” von 16 bis 19 Uhr) kommen Montag bis Donnerstag drei neue Sendungen („Die Sheyda und die Hits”, „Willkommen in der Hillerei” und „24 Stunden – 24 Antworten”).
Altbewährtes trifft auf Neues
Am Abend – bisher bestritten von den „Ö3 Greatest Hits” und „Ö3 Nu Stuff” – wird eine neue „Ö3-Hauptabendshow” von 18 bis 22 Uhr etabliert.
Diesen Arbeitstitel will Spatt „mit einem Augenzwinkern” verstanden haben. Er sei aber überzeugt, dass es sich lohne, für diese Zeitzone eine „sehr gut gemachte, vollwertige Radiosendung, eine infolastige Entertainment-Show” zu produzieren. Von 22 Uhr bis Mitternacht sind je nach Wochentag unterschiedliche Sendungen geplant. Der montägliche „Treffpunkt Österreich” bleibt erhalten und rutscht nur etwas nach hinten. Völlig neu und ein „Labor” werden soll der „Treffpunkt Podcast”: „Die erste österreichische Radiosendung zu diesem Thema”, erklärt Spatt. Ebenfalls neu: der „Treffpunkt Liebe usw.”. Darin solle es um „Vergnügen, Freude und Spaß am Sex bis hin zu Aufklärung und die immer gleich bleibenden Fragen jeder Generation” gehen.
Viele der neuen Sendungsnamen sind noch Arbeitstitel, für Freitag und Samstag plant man etwas so Neues, dass Spatt noch gar nicht darüber reden will. Einige Moderatorennamen werden auch neue Plätze erhalten oder gar nicht mehr vorkommen. (APA/gs)