Gastkommentar ••• Von Marcus Hornek
Laut dem letzten OeNB-Konjunkturindikator steckt Österreich nunmehr durchgängig seit zwei Jahren in einer Rezession, was mit dem Ende des zweiten Quartals 2024 ein Schrumpfen unserer Wirtschaft um minus 2,1 Prozent zur Folge hatte. Studien aus vergangenen Rezessionen zeigen aber auch Chancen während einer Krise auf. Wenngleich jede Rezession etwas anders gelagert ist, sind viele Learnings über Werbung aus früheren Krisen immer noch relevant.
Fokus auf Long Term
Erstens, den Fokus auf Long Term setzen! Die aktuelle Rezession verunsichert viele Unternehmen und der erste Reflex ist oft, ihre Markenwerbung zu kürzen und kurzfristige Verkaufs-aktivierung zu priorisieren.
Aber die Geschichte, insbesondere die Wirtschaftskrise 2008, lehrt uns, dass das nicht unbedingt der beste Weg ist.
Daten der IPA (The Institute of Practitioners in Advertising) aus 2008 zeigen: Langfristiger Markenaufbau ist entscheidend für eine rasche Erholung nach der Krise. Erinnern Sie sich: Eine gesunde Balance von 60 Prozent Markenaufbau und 40 Prozent Aktivierung maximiert die Marketingeffektivität. Viele Unternehmen liegen schon jetzt unter diesem Wert, eine weitere Reduktion ist daher möglicherweise wenig sinnvoll.
Das heißt, Unternehmen sollten auch jetzt nicht am Markenaufbau sparen. Viele Unternehmen investieren bereits jetzt weniger als empfohlen in den Markenaufbau; weitere Kürzungen könnten dann langfristig schaden.
Share of Voice …
Zweitens, verteidigen Sie Ihren SOV (Share of Voice)! Wer in der Krise seinen SOV reduziert, riskiert Marktanteilsverluste, die später nur schwer und teuer zurückzugewinnen sind. Wenn es das Budget zulässt, ist es in unsicheren Zeiten besser, den SOV aufrechtzuerhalten. Werbetreibende, die ihre Marken und Marktanteile verteidigen, profitieren eventuell aus sinkenden Kosten aufgrund des Gesamtrückgangs der Kategorie-Werbeausgaben. IPA-Daten zeigen auch hier, dass Marken, die die gegebenenfalls niedrigeren SOV-Kosten nutzten, um ihren SOV stabil zu halten, stärker aus der Krise kommen.
… und Excess Share of Voice
Drittens, ESOV (Excess Share of Voice) als Erfolgsfaktor nutzen! Die IPA-Daten aus 2008 zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen ESOV und Geschäftserfolg nach der Rezession: Marken, die ihr ESOV auf null oder weniger hielten, blieben stabil. Bessere Ergebnisse erzielten Unternehmen mit moderatem Wachstum (null bis acht Prozent).
Die größten Gewinner waren Marken mit einem ESOV über acht Prozent. Sie verzeichneten fünfmal größere Geschäftseffekte. Fazit: Investitionen in ESOV bieten in Krisenzeiten große Chancen. Und gerade hier spielt Mut in der Kreation eine entscheidende Rolle.
Mut in der Kreation
Wenn das Budget begrenzt ist, sollte die Werbung umso auffälliger und mutiger sein, um wahrgenommen zu werden und im Gedächtnis zu bleiben – mit dem Ziel, „Brand Fame” zu generieren, also Markenbekanntheit und ein positives Image aufzubauen.
Brand Fame ist für den Geschäftserfolg immer essenziell, gewinnt aber in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen Kaufentscheidungen bewusster getroffen werden, noch mehr an Bedeutung.
Brand Fame korreliert direkt mit der mentalen Verfügbarkeit, die wiederum kaufentscheidend ist. Um Brand Frame und damit die mentale Verfügbarkeit zu steigern, sind vier Schlüsselfaktoren entscheidend: die Anziehungskraft der Marke (Intrinsic Stickiness), eine hohe Reichweite (Visible Mass Reach), einzigartige Merkmale (Distinctive Identifiers) und die Verbreitung von Informationen über die Marke (Social Diffusion).
Innovativ und interaktiv
Denken Sie an den Hofer-Rap – provokant, humorvoll und absolut einprägsam. Oder die Ströck Krapfen AI Challenge – innovativ und interaktiv; wofür wir in den Kategorien Activation, Brand Experience und Retail mit dem Effie 2024 ausgezeichnet wurden. Beide Kampagnen wurden von uns entwickelt und zeigen, wie mit kreativen Ideen Aufmerksamkeit generiert und Brand Fame aufgebaut werden kann.
Mut in der Kreation ist der Schlüssel zum Aufbau von Brand Fame, besonders bei knappen Budgets. Es braucht Mut, ungewöhnliche Wege zu gehen, um aufzufallen und im Gedächtnis zu bleiben. Provokation, Humor und Innovation sind dabei wichtige Instrumente.
Im digitalen Raum, wo Kaufprozesse oft schnell und ohne physische Interaktion ablaufen, bleibt die Bedeutung von Brand Fame bestehen. Markenerinnerungen müssen gezielt geschaffen werden. Studien von WARC (World Advertising Research Center) zeigen, dass die Marke auch beim Online-Kauf eine Rolle spielt und Brand Fame einer von vier Schlüsselfaktoren für den Markenvorteil online ist.
Was kann man Unternehmen raten, die mit knappen Budgets Brand Fame aufbauen wollen? Finden Sie die richtige Balance zwischen kreativem Mut, sozialer Relevanz und emotionaler Resonanz, um die Bekanntheit und den Einfluss einer Marke zu steigern. Seien Sie mutig, gehen Sie ungewöhnliche Wege und stechen Sie aus der Masse heraus. Gerade mit begrenzten Ressourcen ist kreativer Mut der Schlüssel zum Erfolg.
Don’t panic!
Eine allgemeingültige Lösung gibt es nicht. Jedes Unternehmen muss seine individuelle Situation analysieren, Optionen und Budget prüfen und Strategien anpassen. Wichtig dabei ist: Ruhe bewahren, nicht in Panik verfallen und die Chancen erkennen, die eine Krise bietet. Mut zur Kreativität zeigen, Brand Fame aufbauen und immer ein Handtuch dabeihaben! Warum ausgerechnet ein Handtuch? Das ist ein kleiner Insider für Fans des „Hitchhiker’s Guide to the Galaxy”. Es unterstreicht die Botschaft: „Don’t panic!” Auch in schwierigen Zeiten hilft ein bisschen Humor und die Zuversicht, die Herausforderungen meistern zu können.
Marcus Hornek ist Geschäftsführer der Ogilvy & Mather GmbH.