MIPTV 2017: Made in Austria höchst gefragt
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MARKETING & MEDIA Petra Steinke/Cannes 14.04.2017

MIPTV 2017: Made in Austria höchst gefragt

Die Fernsehmesse an der Côte d’Azur war für den ORF ein voller Erfolg. Mittlerweile werden dort ORF-Produktionen gezielt nachgefragt.

••• Von Petra Steinke/Cannes

Die Fernsehmesse ­MIPTV ging vergangene Woche in Cannes zu Ende. Das kurze Resümee scheint auf den ersten Blick ernüchternd: Viele der neuen Formate, Shows und Serien sind entbehrlich für jeden, der seinen Kopf nicht nur zum Haare schneiden verwendet.

Wer sich aber dann genauer mit den Inhalten auf der ­MIPTV intensiv beschäftigte, der wurde wahrlich von den neuen Technologien überrascht: Allem voran mischt die virtuelle Realität zukünftig den TV-Markt auf. Die Werbewirtschaft wird es freuen, prophezeit Alex South, Senior Producer bei Laduma, einer VR-Film-Agentur mit Sitz in Liverpool: „Wir bieten Brands ganz neue Möglichkeiten an, durch VR lebendiger zu werden.” ­Simon Benson von Sony PlayStation/VR über seine Arbeit: „Wenn Sie Inhalte für die virtuelle Realität schaffen, gleicht das eher dem Theater als dem Kino.”

Interesse an „Universum”

Österreichische Produzenten und Verkäufer setzten in Cannes vor allem mal wieder auf eines: Qualität. Und damit lagen sie genau richtig, wie Marion ­Camus-Oberdorfer, Leiterin Content Sales International, bestätigte: „Unsere Kunden fragten hier gezielt nach der qualitativen ORF-Reihe ‚Universum'. Das internationale Interesse daran ist ungebrochen sehr groß.”

ORF-Enterprise verkaufte Serien in allen Genres, u.a. akquirierte der schwedische Broadcaster SVT „The Canary Islands” (Die Kanarischen Inseln); auch Arte, SRF, RTL Niederlande, TV AD Vietnam und NHK Japan werden den Zweiteiler ausstrahlen.
Al Jazeera (Qatar) und AB (Frankreich) kauften „Smart Cities” und „Techno Sapiens”, welche in „Newton” – der wöchentlichen ORF-Wirtschaftssendung – ausgestrahlt werden. Der WDR Deutschland akquirierte die schwarz-humorige TV-Serie ­„Boesterreich” sowie die Familien-Saga „Old Money”.
Die Filmreihen der Terra Mater Factual Studios zu den Themen Natur, Wissenschaft und Geschichte punkteten in der Vergangenheit immer wieder mit hohem inhaltlichen Content und ausdrucksstarker Bildqualität.
Doch spätestens seit der ­Oscar-Shortlist-Nominierung 2016 des Doku-Thrillers „The Ivory Game” über den illegalen Elfenbeinhandel haben sich die Terra Mater Factual Studios zu einem fixen Star am internationalen Dokumentationsmarkt entwickelt.
CEO Walter Köhler empfing mit seinem Team am Sonntagabend rund 80 internationale Gäste zu einem gepflegten Abendessen mit Stil in Mougins hoch über Cannes. Die Produktions-Höhepunkte des Abends versprachen hohen Anspruch: „Danger from below– Europe’s Superquakes” beleuchtet Europas tumultartige Vergangenheit und Gegenwart. „All about the moon” erforscht die jüngsten und sensationellen wissenschaftlichen Durchbrüche, die Licht auf die am meisten fortdauernden Mysterien des Mondes werfen. „Supersapiens” liefert nicht nur einen exklusiven Einblick in die faszinierende Welt der künstlichen Intelligenz und des Bewusstsein-Hackens, sondern zeigt aus erster Hand, wie eine erwachende Technologie bereits ihren Zugang zu unseren Körpern fordert.

Face-to-Face-Meeting

Köhler umreißt den Erfolg auf der Fernseh-Messe: „Feature ­Documentaries, Dokumentationen in Spielfilmlänge, wie ­‚Supersapiens’ gehören zu den aktuellen Akquisitionstrends bei den Käufern. Neben Österreich verzeichnen wir auch in den USA, Asien und Frankreich hohe Verkaufserfolge. Es dauert mindestens ein Jahr, bis ein qualitativer Tierfilm zustande­kommt. Die Entstehung des Dreiteilers ‚The Lions Rule' über das Löwenverhalten hat zehn Jahre gedauert.”

Einer der Höhepunkte für Produzenten war das Matchmaking auf der MIPformat und der MIPdoc: ein Face-to-Face-Meeting, bei dem der Produzent sein Projekt dem Programmeinkäufer in wenigen Minuten vorstellen kann.
Beate Thalberg, Commissioning Editor bei ORF/3sat, war von den Ergebnissen beim MIPdoc-Matchmaking positiv überrascht: „Die Konzepte waren schon sehr konkret und durchdacht. Viele Produzenten konnten mich auf Anhieb mit ihren originellen Formaten und Ideen überzeugen – z.B. eine ­Dokumentation über Kunst an den abgelegensten Orten dieser Welt, wo kein Zuschauer Kunst erwarten würde.”

Auszeichnungen & Premieren

Bei den Auszeichnungen der MIPdrama-Screenings konnte sich u.a. auch die deutsche Delegation für die Serie „Babylon Berlin” freuen. Von ARD und Sky in Auftrag gegeben und von Beta vertrieben, hat die Serie einige Monate vor ihrer TV-Premiere den Preis der Grand Jury in der Kategorie „Works in Progress” gewonnen. Produziert wurde „Babylon Berlin” u.a. von Beta Film; Beta Film ist auch tatsächlich eine der Distributionsfirmen mit einem guten Riecher für Content, der ein globales ­Publikum bedient.

Dorothee Stoewahse, Kommunikationsleiterin bei Beta Film, erklärt sich den Erfolg mit globalen Inhalten, die leicht adaptierbar seien. Es müsse ein solides Mittelfeld mit einem Querschnitt aus Comedy und Crime zur Primetime bedient werden. Beta Film produzierte auch gemeinsam mit Moovie, Constantin Film und MR Film den erfolgreichen Zweiteiler „Hotel Sacher” (4 Stunden).

Sky ebenfalls erfreut

Sky feierte mit seiner dramatischen Hochglanz-Serie „Riviera” große Weltpremiere in Cannes. Der zehnteilige Thriller ist noch dieses Jahr exklusiv auf Sky in Deutschland, Österreich, Großbritannien, Irland und Italien für alle 21 Mio. Sky-Kunden zu sehen.

Die Arbeit an „Riviera” war auch eine Herzensangelegenheit des Produzenten Paul McGuinness: „Ich habe Neil Jordan zu dem Stoff inspiriert, da ich seit 20 Jahren mein Feriendomizil in Eze-sur-mer besitze und die Region gut kenne. 30 Prozent des Films haben wir sogar in einem Schloss bei Grasse gefilmt. Die Unterstützung seitens der Behörden war immens hoch.”
Christine Scheil, Geschäftsführerin von Sky Österreich, zeigt sich erfreut über die anstehenden Sky-Produktionspläne: „Eigenproduktionen stehen bei Sky sowohl auf europäischer Ebene, wie mit der Produktion ‚Riviera', die gerade in Cannes Premiere feierte, als auch lokal in Deutschland und Österreich immer mehr im Fokus. Wobei wir uns neben ‚Babylon Berlin', eine Ko-Produktion mit ARD, X-Filme und Beta Film, besonders auf die Sky-Produktionen ‚Acht Tage' und ‚Das Boot' freuen, die mit Stefan Ruzowitzky und Andreas Prochaska hochkarätige österreichische Regisseure haben.”

MIP-Serienableger kommt

Am Rande des Fernsehbranchentreffs kommunizierte die Stadt Cannes ihre neuen Pläne für einen Ableger ihres berühmten Filmfestivals – für TV-Serien.

Ab 2018 soll zeitgleich zur ­MIPTV ein einwöchiges Fernsehserienfestival stattfinden; eine international besetzte Jury werde aus zehn neuen Serien die beste küren, und wie beim Festival winkt dem Sieger die _Goldene Palme'.

Hilfe für Tourismus

Darüber hinaus soll es mehr als 200 Veranstaltungen für die Öffentlichkeit geben. Dieses Vorhaben wird auf jeden Fall den Tourismus der Stadt Cannes insgesamt ankurbeln, der in den vergangenen Jahren schon sichtbar zurückgegangen war.

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