••• Von Petra Stückler
Er ist einer der drei Managing Directors der Campaigning Bureau GmbH in Wien, die in jüngerer Vergangenheit mit erfolgreichen Wahlkämpfen – nicht nur für den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz – aufgefallen ist.
Lukas Holter stieß von der Parteiarbeit für die JVP direkt zu Philipp Maderthaner und verantwortet im Unternehmen, das mittlerweile 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, als Geschäftsführer den Politikbereich, ist aber auch Head des Kreativteams.
Im Agency Log #47, dem Fachtalk mit medianet-Herausgeber Chris Radda, spricht er über die Kraft der Mobilisierung nicht nur in der Politik, sondern auch im Corporate-Bereich. Außerdem erzählt er über seine jüngsten großen Erfolge in Deutschland.
Von der Politik kommend, war Holters erster Kunde, den er im Campaigning Bureau zu betreuen hatte, das Rote Kreuz. „Und da war es spannend für mich, frisch aus Wahlkämpfen kommend, zu überlegen, was sind jetzt die Mechanismen, die ich dort gelernt habe, die ich auch von Philipp gelernt habe, wie Kampagnen funktionieren und wie Kommunikation funktioniert, und wie kann ich das übertragen für diese ganz andere Herausforderung”, erzählt er.
So war für Holter schnell klar, dass er dies professionalisieren und weiterverfolgen wollte. Er glaube daran, dass unterschiedliche Branchen voneinander profitieren können. Er sehe großes Potenzial bei Corporates, wenn diese die Mechanismen der Politik, Menschen zu organisieren, in Bewegung zu setzen und zu mobilisieren, für ihre Sache einsetzen würden.
Beispielsweise bei Mitarbeitern und deren Recruitingprozessen. Aber auch bei klassischen Change-Prozessen im Unternehmen sei es heutzutage nicht getan mit einem Aushang am schwarzen Brett. „Sondern da muss man wirklich etwas tun mit den Leuten”, wie er erklärt. Und umgekehrt könne Politik sehr viel von Corporates lernen, wenn es darum ginge, eine konsistente Markenführung aufzubauen.
Für Holter gibt es klare Mechanismen, die Erfolg ausmachen: „Wie positioniert man einen Politiker? Was kann man sich voneinander abschauen, wie kann man eine Marke pflegen? Welche Elemente gibt es in der Kommunikation, die im Corporate-Bereich ganz selbstverständlich sind, die aber in der Politik noch gar nicht so etabliert sind beziehungsweise nicht so diszipliniert eingehalten werden.
Bei allen Unterschieden – das ist das, was mich nach wie vor fasziniert an der Politik und gleichzeitig an der methodischen Herangehensweise an die Kampagnen.”
Wahlkampf-Know-how
Zuletzt setzte Holter sein Wissen um Mobilisierung im Mai 2022 bei der Ministerpräsidentenwahl in Nordrhein Westfalen ein.
„Das ist das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands mit 18 Millionen Einwohnern – für den kleinen Österreicher tatsächlich beeindruckend, mit einer großen Herausforderung”, schildert Holter die damalige Situation.
Er beriet den Ministerpräsidenten Hendrik Wüst, der als Amtsnachfolger von Armin Laschet seine Wiederwahl anstrebte. Die CDU war zu dieser Zeit in einer sehr schlechten Verfassung, wie Holter erzählt und er schildert weiter, „es ist dann aber tatsächlich gelungen, mit einem deutlichen Vorsprung einen Überraschungserfolg zu feiern. Mit einem klar gezeichneten Profil des Ministerpräsidenten und Spitzenkandidaten sowie zielgruppenspezifischer Ansprache, neben dem Einsatz von ganz klassischen Elementen, wie Plakate, Veranstaltungen, TV und Hörfunk. Aber wir waren vor allem sehr stark darin, sehr zielgruppenspezifisch über Postwurf und Brief auf der einen Seite, aber vor allem im digitalen Raum die Leute zu erreichen, mit den Inhalten, die für sie relevant sind, und mit den Botschaften, die dort dann auch gut platziert waren.”
Dass das Campaigning Bureau dieses Jahr gleich sechs Reed Awards verliehen bekommen habe, freut Holter besonders. „Das ist ein Zeichen dafür, dass die Anstrengungen, die wir in den letzten Jahren hatten, im deutschen Markt Fuß zu fassen, sich jetzt wirklich anfangen, sich auszuzahlen.”
Von den sechs Awards gingen erstmals mehr an Kampagnen in Deutschland als in Österreich.
Zauberwort Campaigning
„Wir merken jetzt, dass Campaigning im Sinne von ‚Mobilisierung' etwas ist, das immer wichtiger wird – was vielen da draußen in der Corporate-Welt jetzt auch bewusst wird.
In den letzten Jahren sind die Anfragen gestiegen, insbesondere dort, wo es wirklich darum ging, zu rekrutieren, also Mitarbeiterrecruiting als ganz klare Mobilisierungsaufgabe”, erzählt Holter. Beispielsweise habe das Campaigning Bureau einen der sechs gewonnenen Reed Awards für das Hilfswerk bekommen. Hier ging es um Pflegeberufe; Pflege sei ein Thema, das viele da draußen beschäftige, vor allem wegen des Mangels an Pflegekräften.
„Normale Werbung” reiche für diese Herausforderung nicht aus, und deshalb habe man sich an das Campaigning Bureau gewandt. Ob Recruiting, Change-Prozesse oder der klassische politische Wahlkampf, das Campaigning Bureau kann sich über einen großen Kundenpool freuen.
So habe man gelernt, diese Mobilisierungseffekte, diese Campaigningeffekte nicht nur in der Politik anzuwenden, sondern auch für NGOs, verschiedene Organisationen, im B2B-Kundengeschäft und im Corporate-Geschäft.
Digitale Welt wächst
„Wir haben in den letzten zehn Jahren eine rasante Entwicklung erlebt. Digitales hat an Stellenwert zugenommen. Dass wir einen Präsidentschaftskandidaten haben, der seine Kandidatur auf TikTok verkündet, kann man nicht negieren, da hat sich etwas getan, ganz klar.
Eine Kampagne, die innovativ sein will, die muss signifikant mehr als noch vor ein paar Jahren in Digital stecken. Wir reden da von 40 Prozent aufwärts. Also unter 40 Prozent vom Mediabudget in Digital zu investieren, ist outdated.”
Den gesamten Agency Log #47 sehen Sie hier:
https://tv.medianet.at/video/agency-log-mobilisieren-und-inspirieren
Redaktion TV: Andy Marada