Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
SPIRIT. Das IMAS-Institut hat die Österreicher zu deren Einstellung gegenüber Außerirdischen befragt. Das ist nicht unspannend – allerdings hatten wir dieses Thema schon vergangene Woche an dieser Stelle („Wien ist zum Sterben schön”) – anlässlich „Space in the City” – genügend breit abgehandelt. Deshalb zu einem weiteren Aspekt dieser Studie zu „Außerirdischem”, nämlich Esoterik und Religiosität. Die Ergebnisse dazu: Generell an eine höhere Macht glauben 67% der Befragten hierzulande, 32% tun dies nicht (Rest-Prozent: „keine Ahnung”?). 42% glauben an Gott (an welchen, das blieb unbeantwortet, ist aber nicht vollkommen irrelevant), drei Prozent ehren mehrere Götter (Hinduismus? Shintoismus? Altägyptisch, griechisch, römisch, altmesoamerikanisch?) – und 22% an eine nicht religiöse spirituelle Energie oder universelle Kraft.
Im Detail zeigt sich: Unter denjenigen, die an einen Gott glauben, befinden sich deutlich häufiger Vertreter der Generation 60+, Frauen und Personen mit höherer formaler Bildung, hieß es. Und das ist interessant, besagen doch etliche ältere Studien, insbesondere aus den USA, dass geringe Bildung mit hoher Religiosität korreliert. Modernere Analysen, in westlichen Kulturkreisen, heben diesen populären Mythos allerdings inzwischen aus den Angeln. Wunder ist das keins.
Wer dachte, Bildung schützt vor Religion, unterschätzt die Folgen der Krisen unserer Zeit. Bildung schützt nicht vor Sinnsuche – sie verändert nur ihre Form. Zwischen Ethik, Spiritualität und Apokalypse verschwimmen die Grenzen. Wenn der Planet brennt und die Demokratien wackeln, greifen selbst Akademiker wieder zur Bibel – nicht aus tiefem Glauben, sondern mangels alternativer Sinnstiftung. Wer braucht noch Vernunft und Aufklärung, wenn Klimakrise, Kriege und KI-Ängste einen göttlichen, wenn auch alttestamentarisch boshaften, Plan vermuten lassen? Akademiker entdecken zurecht den Himmel wieder – wenn auch nur aus Verzweiflung.
