Politischer Salto mortale rückwärts
MARKETING & MEDIA 15.01.2016

Politischer Salto mortale rückwärts

Mit seinem aktuellen Mediengesetz würde Polen nicht in die EU ­aufgenommen. Viel nützt den Kollegen dieses Faktum heute nicht.

Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli


SÄUBERUNGSWELLE. Wer politisch motivierte Säuberungswellen quasi im Live-Ticker, beobachten möchte - und als nichts anderes kann man das dortige politische Geschehen bezeichnen- braucht nur einen Blick nach Polen zu werfen.

Ohne viel Federlesen macht sich die neue rechte polnische Regierung daran, ihren Plan umzusetzen, das Land – dank der entsprechend verfügbaren parlamentarischen Mehrheiten – nach ihren politischen Vorstellungen umzu­gestalten.
Und dabei geht sie sehr gründlich vor. Schon lang geht es nicht mehr darum, politische und ideologische Weggefährten „nur” mit finanziell lukrativen Jobs zu versorgen. Es geht darum, die eigenen Leute auf die richtigen Schaltstellen zu hieven.
Dabei scheut man nicht mal vor so sensiblen Bereichen wie dem Verfassungsgerichtshof – den man durch einen legistischen Kunstgriff de facto lahmgelegt hat – oder den Medien zurück.
All diese ungeheuerlichen Vorgänge erklären vielleicht auch die zwischenzeitlich eingetretene Schockstarre der polnischen Zivilgesellschaft und der betroffenen Medien, denn nur langsam regt sich öffentlicher Widerstand gegen dieses undemokratische, aber dafür um so ideologisch motivierte Köpferollen.

Social Media als Retter in der Not?

Und so verteufelt die neuen Sozialen Medien von manchen auch werden – siehe absichtlich verbreitete Falschmeldungen, die trotzdem auf fruchtbaren Boden fallen –, so wichtig sind sie gerade in Zeiten politisch gleichgeschalteter Medien, da sie eine wichtige Alternative bieten und neue Kanäle für die Kommunikation eröffnen, die es in dieser Form nicht gegeben hätte, aber gerade in Situationen, wie sie derzeit im Bezug auf die polnischen Medien herrschen, um so wichtiger sind.

Ein Themenwechsel und dann doch wieder nicht: Nach den ungeheuerlichen und schockierenden ­Vorgängen rund um die Silvesternacht in Köln könnte man, wäre das Thema nicht so ernst und dramatisch – wirklich ins Schmunzeln geraten.
Seit Jahren und Jahrzehnten weisen nicht nur die Betroffenen darauf hin, dass es in unserer Gesellschaft tagtäglich massive sexuelle Übergriffe gegenüber Frauen gibt.
So bedurfte es etwa eines jahrelangen Kampfs, damit solche Übergriffe auch juristisch verfolgt werden können. Es ist zum Beispiel gar nicht so lange her, dass es Frauen nicht möglich war, sich sogar gegen eine Vergewaltigung in der Ehe strafrechtlich zu wehren.
Sexuelle Angriffe auf Frauen wurden und werden verharmlost, abgetan, heruntergeredet und ins Lächerliche gezogen – und zwar von genau jenen, die nun lautstark nach mehr Schutz für diese schreien.
In Wirklichkeit geht es um etwas ganz anderes. Waren Täter und Opfer Inländer, waren die betroffenen Frauen den nun hinter allen Ecken hervorkommenden Feministen egal. So aber haben sie nun die Möglichkeit, ihren dumpfen Rassismus offen auszuleben, unter dem Deckmantel des Kampfs für besseren Schutz für Frauen.
Wie gesagt: Wäre die ganze Sache nicht so tragisch, wäre sie zum Lachen komisch.