Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
VERSTÖRUNGEN. Hatte man bis vor Kurzem noch den Sci-Fi-Film „I, Robot” im Kopf, wenn es darum ging, ob und wie Künstliche Intelligenzen die Weltherrschaft anstreben, wird die Bebilderung dieses Contents jetzt schwieriger. Die aktuelle Coverstory ist dem Wunderding ChatGPT gewidmet: „Ich kann die KI bitten, mir zehn Ideen für Produktslogans geben oder auch um eine Instagram-Kampagne”, sagt Andreas Wenth, CEO der Digitalagentur clicksgefühle. Das ist verstörend, jedenfalls für jene, die in der Kreativbranche arbeiten – und gleichzeitig eine smarte Idee im Themenkreis der „Arbeitsverdichtung”.
ChatGPT verfasst Prosa zu beliebigen Themen, die, so das Fazit einiger Testläufe, zwischen beachtlich solide und völlig bizarr fluktuiert. Dann und wann lügt es wie gedruckt. Je nach Vorgabe und Kuratierung. Es gibt so gut wie keine Textgattung, die man nicht auf die Schnelle damit erzeugen kann. Als „good enough at some things to create a misleading impression of greatness”, beschreibt es Sam Altman, CEO der CHatGPT-Mutter OpenAI.
Wie akzeptabel das Ergebnis ist, ist eine Geschmacksfrage – und jene der angepeilten Target-Group. Internetsuche, SEO und Social Media Marketing werden sich allenfalls verändern. Die Schwester des Chatbots, Dall-E, generiert Bilder und Illustrationen im Stil der alten Meister, Banksys oder auch einer Werbekampagne der 1950er-Jahre … Kreative aller Länder, macht euch auf etwas gefasst!
Google arbeitet hektisch an der Integration neuer KI-Optionen für seine Suchmaschine; sogar die Gründer Sergey Brin und Larry Page wurden dafür reaktiviert. Nächstes Jahr soll die KI-Chatbot-integrierte Suche Premiere feiern. Auch Medienunternehmen wittern Morgenluft: BuzzFeed-CEO Jonah Peretti will damit interaktiven, personalisierten Content erzeugen.
Einen Dämpfer könnten diese Technologien erfahren, wenn die kommenden Premiumversionen sündteuer werden – und der Datenschutz und das Urheberrecht zurückschlagen. Bis dahin harren wir der Dinge.