„Radio war schon immer ein nachhaltiges Medium”
© Martina Berger
Joachim Feher
MARKETING & MEDIA Redaktion 15.12.2023

„Radio war schon immer ein nachhaltiges Medium”

RMS Austria-Geschäftsführer Joachim Feher im Talk über verantwortungsvolles Handeln und die Radio-Branche.

••• Von Dinko Fejzuli

Beim österreichischen Werbezeiten-Vermarkter heimischer Privatradiosender, der RMS Austria, setzt man verstärkt auf nachhaltiges Handeln. Im Gespräch mit medianet erläutert Joachim Feher die diversen Anstrengungen, deren positive Wirkung nach außen, aber auch nach innen, etwa als Arbeitgeber. Zudem geht er auf die aktuellen Entwicklungen am heimischen Radiomarkt insgesamt ein.

Die Vorteile des nachhaltigen Handelns der RMS erläutert Feher wie folgt: „Durch diese Maßnahmen positioniert sich die RMS als verantwortungsbewusstes Unternehmen. Dies stärkt das Image und die Markenwahrnehmung der RMS. Gleichzeitig können Kosteneinsparungen durch den effizienteren Einsatz von Ressourcen erzielt werden. Nachhaltigkeit wird somit nicht nur als gesellschaftliche Verpflichtung, sondern auch als ökonomischer Erfolgsfaktor betrachtet.”
Positiver „Nebeneffekt”: Die Bemühungen um Nachhaltigkeit haben auch Auswirkungen auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Feher erklärt: „Es gab Initiativen wie ‚Wir kochen gemeinsam' und ‚Wir gehen gemeinsam einkaufen', um etwa die Sensibilität für Verpackungsmaterial zu erhöhen.” Mitarbeiter haben begonnen, ihre eigenen Einstellungen bezüglich Umweltschutz zu überdenken und sogar ins Private zu tragen. Dies zeigt sich in konkreten Verhaltensänderungen, wie dem bewussteren Umgang mit Papier im Büro etwa und der Vermeidung verpackter Lebensmittel im Privatleben.

„Radio braucht kein Papier”

Dazu kommt die grundsätzliche Umweltfreundlichkeit von Radio als Medium an sich, so Feher: „Radio wird als ein sehr grünes Produkt betrachtet.” Die Vermarktungsstrategie der RMS hebt hervor, dass Radio im Vergleich zu anderen Werbemedien, was die CO2-Bilanz betrifft, besonders positiv abschneidet. Feher merkt an: „Radio verbraucht kein Papier, benötigt keine Lastwagen oder aufwendige Studioausrüstung wie beim Fernsehen.”

In Bezug auf die Buchungsentscheidung von Kunden für Werbezeiten erläutert Feher: „Derzeit liegt der Fokus der Kunden noch auf traditionellen KPIs, aber es gibt eine steigende Sensibilität und Diskussion über den CO2-Fußabdruck in der Mediaplanung.” Radio bleibe hier im Vergleich ein kostengünstiges Medium mit hoher Reichweite, und der „grüne” Gedanke stelle einen zusätzlichen Vorteil dar, so Feher.
Blickt man in die Zukunft, ist Feher überzeugt, dass Nachhaltigkeit einen entscheidenden Einfluss auf die Mediaplanung und die Entscheidungen der Auftraggeber haben werde: „Es gibt bereits Anfragen und Fragebögen von globalen Netzwerken, die Daten zur Klimabilanz erheben. Und auch die EU-Richtlinie zur Berichterstattung erfordert ab 2025 rückwirkend für 2024 eine ESG-Berichterstattung von vielen Unternehmen, was zu mehr Transparenz über die Nachhaltigkeit von Produkten führen wird.”

Positive „Nebenwirkungen”

Den Einwurf von Kritikern, dass nachhaltiges Handeln Geld koste, beantwortet Feher folgendermaßen: „So betrachtet, ist der Blickwinkel falsch. Wenn wir diesen Planeten für kommende Generationen bewohnbar halten wollen, haben wir keine andere Wahl.” Und vergleiche man die Kosten generell, sei Radio eben nicht nur kostengünstiger, sondern von Haus aus bereits umweltfreundlicher.

Gefragt nach konkreten Maßnahmen der RMS Austria für mehr Nachhaltigkeit, führt Feher aus: „Jeder Mitarbeiter hat ein Jobticket für öffentliche Verkehrsmittel, und unser neuer Standort ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.” Auch die Sensibilität für nachhaltige Mobilität habe zugenommen; hier habe man einen RMS-eigenen eScooter. Auch überlege man jetzt, ob ein persönlicher Termin notwendig sei oder ob er doch nicht als Videocall erledigt werden könne. Deutlich bemerkbar mache sich das neue Verhalten nicht nur beim geringeren Stromverbrauch, sondern auch bei der Reduktion des Papierverbrauchs um satte 80%.
Und: Nachhaltiges Verhalten zahle auch in die Attraktivität als Arbeitgeber ein, „insbesondere für junge Talente”, wie Feher erklärt: „Besonders für die nächste Generation ist es entscheidend, dass der Arbeitsplatz nachhaltig ausgerichtet ist.” So werde in Recruitinggesprächen vermehrt und gezielt nach den Nachhaltigkeitsbemühungen und -maßnahmen gefragt.
Und was sollten aus der Sicht des RMS-Geschäftsführers diese neuen Mitarbeiter selbst mitbringen? Feher beschreibt die notwendigen Fähigkeiten potenzieller Mitarbeiter so: „Die Automatisierung von Routinetätigkeiten ermöglicht es, mehr Zeit für innovative und kreative Themen zu schaffen. In der Kommunikationsbranche sind Neugier, Freude an Neuem und die Bereitschaft, Gewohntes zu verändern, entscheidend”, denn trotz fortschreitender Automatisierung bleibe Kommunikation ein „People’s Business”, „in dem persönliche Kontakte und Kundeninteraktionen wichtig sind”, so Feher.

Der heimische Radiomarkt

Zur aktuellen Lage der heimischen Radiolandschaft selbst erklärt Feher: „Der Radiomarkt befindet sich in einem dynamischen Wandel.” Die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle, und die Entwicklung von DAB+ gewinnt an Bedeutung. Die steigende Nutzung von Streamingdiensten beeinflusse ebenfalls das Hörverhalten der Menschen und fordere Anpassungen von Radiosendern.

Die Rolle von DAB+ im Radiomarkt betont Feher besonders: „DAB+ nimmt eine Schlüsselrolle ein, da es eine qualitativ hochwertige Übertragung und eine größere Programmvielfalt ermöglicht. Die technologischen Vorteile tragen dazu bei, die Radiolandschaft zukunftsfähig zu gestalten und den Hörern ein verbessertes Erlebnis zu bieten.”
Die weiteren Entwicklungen im Radiomarkt sieht er folgendermaßen: „Neben DAB+ beeinflussen auch Podcasts und On-Demand-Inhalte das Radiogeschäft.” Die Flexibilität, Inhalte jederzeit abzurufen, gewinne an Bedeutung. Radiosender müssten sich anpassen und innovative Wege finden, um die sich wandelnden Bedürfnisse der Hörer zu erfüllen und relevante Inhalte anzubieten.

Gutes Jahr für die RMS

Zum Jahresverlauf der RMS gefragt, fällt sein Rückblick positiv aus: „Das Jahr war gut, und die RMS kann ihren Vorsprung am Hörerinnenmarkt am Werbemarkt zunehmend nutzen.” Bei der positiven Entwicklung hebt Feher vor allem den neuen, digitalen Übertragungsstandard DAB+ hervor: „DAB+ ist mitverantwortlich dafür, dass die RMS die Marktführerschaft erlangt hat.” Seit 2021 müsse jedes neu zugelassene Auto DAB+ fähig sein, was zu einem Anstieg der Reichweiten führe. „DAB+ ist ein erfolgreiches Beispiel für eine innovative Technologie, die den Radiomarkt positiv beeinflusst”, so Feher.

Wesentlich zum Erfolg der RMS trage aber natürlich auch der Erfolg von Österreichs größtem nationalen Privatradiosender Kronehit und auch der vielen anderen etablierten Privatsender bei. Das Engagement des langjährigen Ö3-Chefs Georg Spatt bei Kronehit kommentiert Feher so: „Der Wechsel ist extrem spannend, und es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Wechsel auf die Entwicklung von Kronehit auswirken wird.”

KI im Radio

Die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) im Radiobereich wird auch von Feher sehr genau beobachtet: „KI im Radiobereich ist ein bedeutendes Thema.” Es gibt Überlegungen, wie KI eingesetzt werden könne, jedoch nicht unbedingt, um Moderatoren zu ersetzen. Die Entwicklung von KI-Anwendungen könnte eher neue Möglichkeiten und Innovationen für Radiosender schaffen. „KI bietet viele Chancen für den Radiobereich, insbesondere wenn es um synthetische Stimmen geht für Programmelemente, wo die Moderatoren als Marke eine geringere Rolle spielen.”

Programmelemente wie Wetter- und Verkehrshinweise könnten durch KI generiert werden. Besonders nachts könnte es auch wirtschaftlich interessant sein, um ohne echte Moderatoren das Radioerlebnis aufrechtzuerhalten. „Es gibt Projekte, die darauf abzielen, synthetischen Stimmen das österreichische Idiom beizubringen”, so Feher.
Aber: „Auch wenn synthetische Stimmen verwendet werden können, wird der einzigartige Charakter eines Senders weiterhin durch echte Menschen und den Inhalt bestimmt.” Jeder Sender habe seine eigene Art, eine Morning Show zu gestalten, sei es durch Sprachmelodie, Inhalte oder Sprachgebrauch.
KI könnte jedoch dazu beitragen, diese Unterschiede zu verstärken und Sender individueller zu gestalten.

Der liebe Mitbewerb

Nicht nur die Private, sondern auch der ORF bereitet sich auf neue Zeiten vor. Diese neue Radiostrategie des ORF, insbesondere die verstärkte Abstimmung zwischen verschiedenen Sendern, verfolgt Feher mit großem Augenmerk: „Die RMS beobachtet die Entwicklungen in der Branche genau. Aber die Vielfalt der Sender und ihre regionale Nähe zu den Hörern sind charakteristisch für unsere Sender, und ich bin optimistisch, dass wir trotz der guten finanziellen Ausstattung des ORF jetzt mit der neuen Haushaltsabgabe unseren Erfolg weiter ausbauen werden können.”

Große Dynamik in 2024

Gebeten um einen Ausblick auf 2024, sagt Feher: „Die Entwicklung der Privatsender wird sich mit großer Dynamik fortsetzen. Die Vielfalt wird durch kostengünstige Produktionsmöglichkeiten, Verbreitungskanäle und innovative Technologien wie KI weiter zunehmen.

Die starke Bindung, die Menschen zu den Sendern aus ihrer Kindheit haben, werde auch weiterhin eine bedeutende Rolle spielen, und die Hörer von morgen wachsen eben heute auch mit Privatsendern auf, die sie dann in Zukunft weiter hören werden.
„Das ist ein großer Unterschied zu den älteren Generationen von Hörerinnen und Hörern, die nur mit ORF-Programmen aufgewachsen sind. Jetzt sind wir in einer neuen, vielfältigen Phase mit viel mehr Angeboten, und die Hörerinnen und Hörer von heute sind es gewohnt, dass es neben dem ORF auch eine bunte Vielfalt an heimischen Privatradios gibt.”

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