••• Von Alexander Haide
WIEN. Die Nachricht kam, für Außenstehende, aus heiterem Himmel. Die Band Russkaja, seit Jahren Fixpunkt der Sendung „Willkommen Österreich” und bekannt durch fulminante Live-Auftritte, wirft hin. Die Band um Frontman Georgij Makazaria sah sich nicht imstande – Hintergrund ist der Krieg in der Ukraine – ihren musikalischen Sowjet-Sarkasmus weiterhin auf die Bühne zu bringen. Shit-Storms und Hass-Postings nahmen zu. Das Ende der Formation verkündete man auf Facebook. Hier die wichtigsten Auszüge: „Dies ist der traurigste Tag der Bandgeschichte, aber der wütende Krieg in der Ukraine, den Russland am 24. Februar 2022 begonnen hat, macht es uns unmöglich mit einem Image und Style weiterzumachen, die sich auf satirische Art und Weise der Sowjet-Thematik und Sprache bedienen.”
Was vor dem 24. Februar 2022 noch lustige Satire in der Musik war, sei „jetzt nur noch tragisch mit einem sehr bitteren Beigeschmack und die Bandmitglieder können nicht mehr auf die Bühne gehen ohne diese Tragik in jeder Note und jedem Wort zu spüren”. Jede Textzeile habe mittlerweile eine völlig andere Bedeutung bekommen „und niemand in dieser Band will etwas repräsentieren, das in Zeiten wie diesen ausschließlich mit Krieg, Tod, Verbrechen und Blutvergießen assoziiert wird”.
Zielscheibe im Netz
Russkaja haben Anti-Kriegs- und Peace-Statements abgegeben, sich öffentlich für Frieden und Zusammenhalt positioniert. Dennoch sei die Band ein Ziel im Internet geworden – mit einer Flut von Hasskommentaren. Textzeilen seien falsch interpretiert und als pro-russisch dargestellt worden: „Die Band wird als russische Terroristen hingestellt, obwohl wir das genaue Gegenteil davon sind und mit unserer multikulturellen Herkunft mit Mitgliedern aus Ukraine, Italien, Deutschland und Österreich maximal für Frieden, Diversität und Zusammenhalt stehen.” Mit der Musik soll es laut Makazaria weitergehen, auch als Showband bei „Willkommen Österreich” machen die Musiker weiter, allerdings mit neuem Konzept.
Falscher Zeitpunkt?
Für den Musikmanager und langjährigen Szene-Kenner Mario Rossori kommt der Schritt zur Unzeit. „Die Tournee ist bereits im November vergangenen Jahres gestanden, das neue Album erscheint auch als Vinyl-Schallplatte und musste daher bereits im Sommer 2022 fertig gewesen sein. Damals war aber der Krieg längst im Gange”, analysiert Rossori, „für mich ist der Zeitpunkt, die Band jetzt aufzulösen, nicht nachvollziehbar.” Vermutlich gab es aber Vorkommnisse hinter den Kulissen, die Russkaja zu diesem Schritt veranlassten. Rossori hätte versucht, einen anderen Weg zu beschreiten: „Man hätte sofort nach dem Einmarsch der russischen Streitkräfte die Reißleine ziehen müssen. Die Band hätte sich umbenennen und Songs umtexten können, wo es nötig gewesen wäre. Dafür hätten die Menschen Verständnis gehabt, noch dazu, wenn es einen Titel zur Unterstützung der Ukraine auf der Platte gibt.”
Anfang Februar ist das neue Russkaja-Album „Turbo Polka Party” erschienen. Ob und wann die Band abseits von „Willkommen Österreich” gemeinsam Musik veröffentlichen und Konzerte geben wird, ist noch offen.
