Schriller Anpfiff zur Wüsten-WM
MARKETING & MEDIA Redaktion 18.11.2022

Schriller Anpfiff zur Wüsten-WM

Am Sonntag startet die Endrunde der Fußball-WM 2022. Sie bricht schon jetzt einige Rekorde.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

 

SPORTSGEIST. Unglaubliche 200 Mrd. Euro lässt Katar sich die am Sonntag offiziell startende Fußball-Weltmeisterschaft kosten. Zum Vergleich: Auf rund 450 Mrd. Euro beläuft sich laut aktueller Prognose das österreichische Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2022.

Platz eins sichert sich der Golfstaat auch im Ranking der meistkritisierten Austragungsländer. Die Ausbeutung der Arbeiter beim Stadionbau, die Missachtung von Menschenrechten und Pressefreiheit, die Haltung gegenüber Homosexuellen, die fehlende Fußballtradition, die Verschiebung des Turnierzeitpunkts von Sommer auf Winter, die klimatisierten Stadien mitten in der Wüste, das „intransparente” Abstimmungsverhalten der Fifa-Exekutivausschussmitglieder … seit zehn Jahren wird beanstandet und gefordert. Sogar seitens der Fifa selbst. Kaum jemand verurteilte die WM in Katar jedoch mit so deutlichen Worten wie Abdel Rahman al-Barrak: Fußball sei ein Spiel von frivolem Charakter, eine Verschwendung von Energie, Zeit und Geld, verantwortlich für abscheuliche und korrupte Aktionen. Als „Mutter aller Verbrechen” rufe das runde Leder „ungerechtfertigte Freude” hervor. Der radikalreligiöse saudi-arabische Geistliche bezog sich damit allerdings weniger auf die Zustände im Nachbarland als auf eine vermutete jüdisch-christliche Verschwörung zur Unter­minierung der islamischen Kultur.
Dennoch darf man darüber diskutieren, ob der Versuch einer Fußball-Fatwa tatsächlich eine so viel dümmere Idee war als jene von Fifa-Präsident Gianni Infantino. Dieser schlug am Dienstag eine Feuerpause im Krieg zwischen Russland und der Ukraine vor. Man möge doch für die Zeit der Fußball-WM die Waffen schweigen lassen – als „positive Geste”. Sollte es ihm gelingen, einen Waffenstillstand zu organisieren, damit wir uns in Ruhe die WM im Fernsehen anschauen können, dann leben wir vielleicht doch in einer Simulation.


Wie gehen Sponsoren mit dem umstrittenen Event um? Lesen Sie dazu den Bericht auf S. 22.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL