••• Von Gianna Schöneich
WIEN. Hannah Neunteufel ist geschäftsführende Gesellschafterin von Vienna Bold und laut eigenen Angaben seit einem Jahr ungewollt Teil der örtlichen Bauaufsichtsbehörde. Unter ihrer Aufsicht entstand und entsteht ein Future Office, das heute noch ein kleiner Hauch von Baustelle umgibt. Auf der Ebene Minus Drei sind noch Handwerker unterwegs; hier entsteht ein Studio für Foto- und Filmproduktionen. Auf der Ebene Minus Eins sitzen zurechtgemachte Models, während der Grafik- und Videoraum noch auf eine Fertigstellung wartet. Im Erdgeschoss hat sich Neunteufels Vision bereits verwirklicht.
Die Schwarmintelligenz
Es ist hell, gemütliche Sofas, Sitzecken, Arbeitsplätze, Stehtische, Big Pads im CSI-Stil, das Silencium, wo absolute Ruhe herrscht – kein Telefonieren, keine Gespräche. Besprechungsbereiche, die kurzerhand zu Produktionsbereichen werden, und wo man beispielsweise Goodiebags befüllt. Hohe Decken, Ledersofas, eine Gemeinschaftsküche und das Highlight: das Vienna Ballhaus mit Gartenbereich. Wobei auch dieser noch auf seine Fertigstellung wartet. Büroräume. Gemütlich, einladend und repräsentativ.
Wer hier arbeitet? Eine kreative Schwarmintelligenz, erklärt Neunteufel.
„Die Divisons – das können kreative Einzelpersonen oder Einheiten von bis zu fünf Personen sein – arbeiten hier für sich allein. Jeder tut für sich seine Dinge, allerdings ist man schlagkräftig und kann auf die Kompetenzen der anderen Einheiten zugreifen. Und: Alle Einheiten ergeben das große Ganze einer Kreativagentur.”
Eventplanung, PR, Styling, Foto- und Videoproduktion, Print, Grafik. All diese Kompetenzen vereinen sich unter dem Dach von Vienna Bold.
Braucht die Eventplanung einen Pressetext, geht sie zwei Schritte weiter und steht vor dem PR-Experten.
„Es muss stimmig sein”
„Alle Exzellenzen befruchten sich hier gegenseitig. Wir haben beispielsweise keine vier PR-Agenturen hier. Wir suchen uns aus, wer hier her passt. Es muss stimmig sein. Alle Firmen hier stehen für langjährige Erfahrung und höchste Qualität. Das ist die Basis von Vienna Bold. Wir wollen aber auch frisches Blut hier haben. Es soll sich alles immer wieder neu erfinden”, erklärt Neunteufel.
Wer sich hier einmietet, arbeitet auf 800 m2, profitiert von in der Miete inkludiertem Kaffee, einem Office-Manager, einem ausgeklügelten Telefonsystem, einer ansprechenden Einrichtung und repräsentativen Räumen. Fixe Arbeitsplätze gibt es nicht, dafür Trolleys für persönliche Dinge, die man an die Arbeitsplätze, die man benötigt, mitnehmen kann.
Aufstellung für die Zukunft
Hannah Neunteufel ist auch die Geschäftsführerin der Eventagentur Hannahs Plan. „Das Segment ist wahnsinnig breit geworden. Wir hatten immer wieder mit anderen Menschen zu tun, wie Stylisten oder Druckern. Unsere Überlegung war, warum rotten wir uns nicht zusammen und stellen uns für die Zukunft optimiert auf?”
Man setzte sich mit Future Office Developern zusammen. Fazit: Die Arbeitsräume, wie wir sie kennen, sind für die heutige und kommende Arbeitswelt völlig unbrauchbar.
„Die Grundidee, dass jeder sein eigenes Büro hat, haben wir komplett verworfen. Wir haben in der Vorbereitung gemerkt, wenn wir uns für die nächsten 15 Jahre aufstellen wollen, müssen wir umdenken. Es handelt sich um Umstellungen, die an die Wurzeln unseres Arbeitens gehen, an das, was wir gelernt haben. Schon in der Schule saßen wir immer am selben Platz. Wir sprechen hier von Tiefeninformationen, die wir umdenken müssen.” Vor vielen Jahren begibt man sich auf die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten. In der Berggasse im neunten Bezirk wird man fündig. Ein Veranstaltungsraum, das Vienna Ballhaus, sei ein Muss gewesen.
One-Stop-Shop
„Man muss am Puls der Zeit sein. Will man das, muss man einen Präsentationsraum haben, wo Feste veranstaltet werden oder Produkte gelauncht werden können.” Die Vermietung des Ballhauses sei eher Nebensache, zwei bis drei Mal die Woche kommen Unternehmen von außen. Ansonsten kann die Räumlichkeit ebenfalls zum Arbeiten genutzt werden.
Die Bauarbeiten sind bald abgeschlossen, und Neunteufel wird ihre ungewollte Funktion als Bauaufsicht aufgeben können. Ziel von Vienna Bold ist es, ein One-Stop-Shop zu werden. „Ein Kunde, der beispielsweise eine Kampagne initiieren möchte, kommt zu uns. Die einzelnen hier vorhandenen Units werden zusammengetragen; sie präsentieren zusammen den möglichen Job und wickeln ihn gemeinsam ab.” In Zukunft soll Vienna Bold auch das Marketing für alle übernehmen.
Gemeinsam kommt man voran
„Mit dem Marketing ist es dasselbe wie mit den Räumlichkeiten: Wir Kreativen arbeiten viel und gern. Wir haben einen optischen Anspruch und möchten uns in unseren Arbeitsräumen wohlfühlen. Gleichzeitig braucht es heutzutage ein repräsentatives Büro und ein gutes Marketing. Was allein schwer zu tragen ist, können wir hier gemeinsam schaffen. Gemeinsam kommen wir voran. Das ist unsere Vision, unser Ziel.”
Man ist noch auf der Suche
Insgesamt hat Vienna Bold 30 Arbeitsplätze zu besetzen, und Neunteufel ist noch auf der Suche. Einen Texter und eine zweite Grafikeinheit würde sie noch gern unter dem Dach von Vienna Bold sehen. Und auch der Bereich Social Media soll abgedeckt werden.
Einmal im Jahr vergibt die Kreativagentur zudem ein Stipendium; mittels Pitch sucht man nach einem Rookie, der für ein Jahr Teil von Vienna Bold wird.
Wer hier arbeiten möchte, wird keine weiteren offen Wünsche haben, wird aber auch umdenken müssen. Fixe Arbeitsplätze? Fehlanzeige. Vienna Bold ein Shared Office? Von wegen.