••• Von Helga Krémer
WIEN. Ein paar von uns kennen ihn noch gemeinsam mit seiner Familie singend. Die meisten aber als wilden Hund, der im Ausdauersport permanent seine Grenzen auslotet und dem kein Wettkampf zu blöd – siehe Wok-MW – oder zu anstrengend ist – siehe Badwater Run im amerikanischen Death Valley. Die wenigsten kämen wahrscheinlich auf die Idee, 217 km bei bis zu 50 Grad zu laufen, die wenigsten kämen auch auf die Idee, Unternehmertum mit Ausdauersport gleichzusetzen.
Das Produkt seiner Firma ist die Person „Joey Kelly” als Partner verschiedener Unternehmen, wie zum Beispiel der Deutschen Post. Zehn Jahre vertrat Kelly als Geschäftsführer die unternehmerischen Interessen der Band „Kelly Family”. Joey Kelly sprach mit medianet über die Anfänge, Motivation und Leidenschaft.
medianet: Genau genommen haben wir ‚nur' aufgrund einer Wette das Vergnügen…
Joey Kelly: Ja, 1996 hab ich mit meiner Schwester Patricia gewettet, dass ich einen Volkstriathlon schaffe.
medianet: Wie kam Ihre Schwester auf die Idee, dagegen zu wetten?
Kelly: Ich war 24 Jahre jung, hatte keine Ausdauersporterfahrung, war aber nicht unsportlich. Und meine Schwester hat zu der Zeit immer von Marathon- oder Ironmanläufern gesprochen, das hatte sie damals sehr fasziniert. Ich hatte mich damit überhaupt nicht beschäftigt. Patricia erzählte, sie wolle einen Volkstriathlon machen. Ich hab sie dann angeschaut und gesagt, ‚Patricia, wenn du das machst, dann mach ich da auch mit und bin vor dir.' Drei Monate später, ohne Training, hab ich dann meinen ersten Jedermann-Triathlon gemacht, auch geschafft und sie war angeblich krank. Das war auch mein Einstieg in den Ausdauersport …
medianet: Was war bis jetzt Ihr härtestes Rennen?
Kelly: Es gibt eine ganze Reihe von Wettkämpfen, die ich den letzten 20 Jahren gemacht habe, die hart waren. Aber es gibt jetzt kein bestimmtes. Es gibt sehr wohl welche im Randbereich, das Radrennen Race Across America (im Teambewerb, Anm.), den Wüstenlauf Tal des Todes durch’s Death Valley Ende Juli, 217 km nonstop, bei 48 bis 52 Grad…
medianet: Wie kommt man auf die Idee, dass man so etwas machen will?
Kelly: Man fängt klein an, so wie ich mit dem erwähnten Jedermann-Triathlon, dann findet man die Leidenschaft für diesen Sport, läuft den ersten Marathon, den ersten Ironman, läuft den ersten Wüstenlauf und dann, dann gibt’s zwei Möglichkeiten: Entweder man denkt sich ‚okay, jetzt hab ich meinen Ironman gefinisht, ich hab mein Ziel erreicht, passt für mich, fertig' oder es macht einfach Spaß – dann hat man auch die Leidenschaft dafür und macht das weiter. Ich mache das weiter, mir macht das einfach unwahrscheinlich viel Spaß.
medianet: Kann man daraus den Schluss ziehen, dass ich, wenn mir etwas keinen Spaß macht, mit Motivationstrainern erst gar nicht anfangen brauche, weil’s sowieso nichts hilft? Anders gefragt, wenn mir eine Aufgabe keinen Spaß macht, werde ich darin auch nicht erfolgreich werden?
Kelly: Wenn eine Aufgabe Spaß macht, Berufung oder Leidenschaft vorhanden ist, dann ist man in der Regel auch erfolgreich. Weil man darin aufgeht, weil die Menschen spüren ‚das kommt von Herzen', weil man dafür brennt. Wenn ich irgendwas mache, das mir keinen Spaß macht, zum Beispiel im Beruf, dann ist das eine Qual. Wenn man einen Beruf hat, der keinen Spaß macht, wo man in der Früh nicht aufstehen kann, jeder Tag ein Kampf überhaupt ist, dass man sich motivieren muss, um überhaupt etwas zu Ende zu bringen, kann ich nur empfehlen zu kündigen.
medianet: Und dann? Was tun?
Kelly: Finde deine Berufung, wofür du brennst, die dir Spaß und dich glücklich macht. Weil man verbringt ja im Berufsleben mehr als die Hälfte seines Lebens und verschenkt dann so viel wertvolle Zeit für eine Sache, für die man nicht brennt. Ich glaube, dass das dann noch weitere Folgen hat. Man spricht viel über Burn-out. Meiner Ansicht nach hat das einfach viel damit zu tun: Unzufriedenheit, nicht genug Gesundheit, keine Passion für das, was man macht.
medianet: Gibt es Ähnlichkeiten zwischen Unternehmertum und Ausdauersport? Sie sind ja in beidem gut...
Kelly: Ja klar sind da Parallelen. Ein Marathonläufer braucht, um den Marathon zu beenden, Ausdauer, ein klares Ziel, Motivation, Willen, Disziplin – das ist auch zum Großteil das Fundament zum Erfolg; er braucht Mut und Leidenschaft. Im Grunde brauche ich, um einen Marathon zu beenden, genau das, was ich beruflich brauche. Das ganze Leben ist ein Marathon. Jeder läuft seinen eigenen Marathon – jeder auf seine Weise, jeder hat seinen eigenen Ausgangspunkt, jeder hat seinen eigenen Weg, aber Sie sehen, der Vergleich passt zu 100 Prozent.
medianet: Was halten Sie persönlich von Motivationsratgebern à la ‚In zehn Schritten vom Couch-potatoe zum Dauerläufer' oder ‚Vom faulen Hund zum perfekten was-auch-immer'?
Kelly: Es gibt einige, die gut sind, und die meisten sind schlecht. Ich persönlich brauche keinen Motivationstrainer. Ich muss mich selbst motivieren, mir selbst ein Ziel setzen. Motivationstrainer sollten Menschen Mut geben, ihren eigenen Weg zu gehen.
medianet: Sie sind Mitte April in Österreich, genauer bei der Fachtagung ‚For Sale' in Graz. Was dürfen wir uns von Ihrem Vortrag erwarten?
Kelly: Ich mache einen visuellen Vortrag, im Hintergrund eine bunte Mischung aus Wettkämpfen, die ich in den letzten bald 20 Jahren gemacht habe. Es geht um Höhen, Niederlagen, Siege, alles bunt gemischt. Ich will die Menschen nicht motivieren, sich zu ändern, sondern einfach zeigen, dass das Kämpfen sich auszahlt.
medianet: Wie gehen Sie persönlich mit Niederlagen um?
Kelly: Ich steh’ wieder auf. Man lernt auch von Niederlagen, die gehören einfach zum Leben. Es werden immer wieder Steine im Weg liegen, es wird schwierig sein, es wird manchmal viel härter sein, als man denkt. Wichtig ist, dass man wieder aufsteht und weiterkämpft.