Michael Mrazek ist frisch gebackener Obmann des Wirtschaftskammer-Fachverbandes für Werbung und Marktkommunikation und wird gemeinsam mit seinen wiedergewählten Stellvertretern Michael Himmer und Andrea Pavlovec-Meixner in den kommenden fünf Jahren die Interessen der mehr als 32.000 Mitgliedsunternehmen der österreichischen Werbe- und Kommunikationsbranche vertreten.
Neben der Ankurbelung der Konjunktur und Schwerpunkten wie Digitalisierung, Nachwuchsförderung, nachhaltige Geschäftsmodelle und faire Wettbewerbsbedingungen in der Kreativbranche hat sich Mrazeks Team für seine Amtsperiode auch dem Thema Werbeselbstregulierung und der Schaffung fairer Rahmenbedingungen bei der Umsetzung der EU-Audiovisuellen Mediendienste-Richtlinie verschrieben – Themen, die die Werbebranche durch das drohende Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel über die letzten zwei Wochen hinweg intensiv beschäftigt haben.
medianet: Herr Mrazek, mit Bekanntgabe Ihrer Wahl zum neuen Obmann des Fachverbands Werbung und Marktkommunikation haben Sie angekündigt, sich unter anderem für faire Rahmenbedingungen bei der Umsetzung der EU-AVMD-RL einzusetzen und sich außerdem intensiv mit dem Thema Werbeselbstregulierung zu beschäftigen. Ist das ein Resultat der Aufregungen rund um das drohende Werbeverbot während der letzten zwei Wochen?
Michael Mrazek: Der Einsatz für ausgewogene und faire Rahmenbedingungen bei der Umsetzung der EU-Audiovisuellen Mediendienste-Richtlinie ist für uns ein Kernpunkt. Wir brauchen ein Werbeumfeld, das den Kreativ- und Medienstandort Österreich festigt. Eine besondere Herausforderung stellt für uns die Einbeziehung der Online-Plattformen in unser duales System von regulatorischen und selbstregulatorischen Maßnahmen dar. Wir haben uns schon bei der Gesetzwerdung der AVMD-RL auf europäischer Ebene massiv eingebracht. Dieses Paket wurde ja im Jahr 2018 unter österreichischer Ratspräsidentschaft beschlossen. Jetzt geht es um die nationale Umsetzung.
Wir haben uns im Begutachtungsverfahren ganz klar positioniert. Wir erteilen zusätzlichen gesetzlichen Werbeverboten und einer Ausweitung bestehender Werbebeschränkungen eine klare Absage. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung unsere Argumente aufgreifen wird und der österreichische Nationalrat ein ausgewogenes Paket von Mediengesetzen beschließen wird, die sich sehr stark am bestehenden Richtlinientext orientieren werden.
medianet: Welche Folgen hätte ein Werbeverbot, wie es die letzten Tage im Raum gestanden ist, für die österreichische Werbewirtschaft?
Mrazek: Der Gesetzesentwurf zur Mediendienste-Richtlinie und die Vorschläge des Gesundheitsministeriums – als Konsequenz eines im nationalen Alleingang verhängten Nährwertprofils –, ein umfangreiches Werbeverbot für Lebensmittel für alle Medien einzuführen, hat für totale Irritationen gesorgt. Einige Formulierungen in der Gesetzesnovelle ließen sofort die Alarmglocken läuten, denn eine derartige Beschränkung von Werbung für Lebensmittel würde die Agenturlandschaft in Österreich empfindlich treffen.
medianet: Von den kurz im Raum gestandenen ‚Nährwertprofilen' des Gesundheitsministeriums und einem damit einhergehenden Werbeverbot ist man nun wieder abgekommen, dennoch soll die audiovisuelle Bewerbung ungesunder Lebensmittel für Minderjährige reduziert werden. Ist dieses Ziel im Sinne des Fachverbandes?
Mrazek: Dass man von derart drastischen Einschränkungen wieder abgekommen ist, begrüße ich. Ich sehe keine Notwendigkeit für solche Verbote, denn das System Werberat ist effizient und effektiv. Wir halten an unserer Ansicht fest, dass Verbote hier nicht sinnvoll sind. Die Änderungen am Begutachtungsentwurf sind also jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung; zufrieden sind wir aber noch lange nicht, wir werden uns weiter dafür einsetzen, stabile und geeignete rechtliche und wirtschaftsorientierte Rahmenbedingungen zu finden. Jetzt gilt es aber einmal abzuwarten, was schlussendlich beschlossen wird.
Positiv zu erwähnen ist, dass das Feedback zu diesem Thema aus der gesamten Branche einheitlich ist. Es sind nicht nur die Werbeagenturen, die sich gegen ein solches Verbot ausgesprochen haben, sondern auch Auftraggeber und Medien. Es ist schön, zu sehen, dass die gesamte Branche hier an einem Strang zieht.
medianet: Welche Ambitionen verfolgen Sie hinsichtlich der Werbeselbstregulierung in den kommenden fünf Jahren? Was muss in diesem Bereich getan oder geändert werden?
Mrazek: Ich stehe zu 100 Prozent hinter dem Österreichischen Werberat und wir werden die Kooperation mit Präsident Michael Straberger und seinem Team fortsetzen und nachhaltig gestalten. Der Fachverband Werbung ist Gründungsmitglied dieser zentralen österreichischen Institution. Alle Fachgruppen Werbung in den Bundesländern sind hier auch mit an Bord. Das zeigt das starke Bekenntnis zur Durchsetzung ethischer und moralischer Standards in Werbung und Medien. Und wir werden dieses System nachhaltig weiterentwickeln.
Ich sehe drei große Herausforderungen für die nächsten fünf Jahre: Erstens werden wir den Ethik-Kodex des Österreichischen Werberats bei den Themen Lebensmittelwerbung und Alkoholwerbung im Zusammenhang mit Kinder- und Jugendschutz nachschärfen. Zweitens werden wir Anstrengungen unternehmen, die digitalen Player an Bord zu holen. Wir müssen diesbezüglich eine für uns als österreichische Interessenvertretung ausgewogene Balance zwischen unseren heimischen Mitgliedsunternehmen und den global agierenden Tech-Konzernen finden. Und drittens werde ich mich dafür einsetzen, dass der Fachverband gerade in diesen Corona-bedingt schwierigen Zeiten seine Kerntätigkeiten und strukturellen Unterstützungsmöglichkeiten für das österreichische Selbstregulierungssystem uneingeschränkt leisten kann. (ls)