„Unnötige Emotionen”
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Meister der Satire Vizekanzler Heinz-Christian Strache bastelt ein neues ORF-Sujet und ändert den Claim des Senders ab – der abgebildete Armin Wolf will klagen.
MARKETING & MEDIA Redaktion 16.02.2018

„Unnötige Emotionen”

Die FPÖ intensiviert ihre Kampagne gegen den ORF, Armin Wolf klagt, Kurz ruft zur Zurückhaltung auf.

WIEN. Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) lief in diesen Wochen zu Hochtouren auf. Angefangen hatte alles mit einem Beitrag in der ORF-Sendung „Tirol heute” vom Freitagabend (9. Februar). In diesem ist der FPÖ-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Tirol, Markus Abwerzger, zu sehen. Der kritisierte TV-Beitrag zeigte diesen bei einem Wahlkampftermin, die Aufnahmen bei einem Gespräch mit einem Bürger suggerierten, der Spitzenkandidat hätte widerspruchslos antisemitisches Gedankengut eines Mannes zur Kenntnis genommen. Abwerzger bestritt dies, und eine vom ORF nachgereichte, modifizierte Version bestätigte zudem, dass Abwerzger dem Mann sehr wohl widersprach.

Beschwerde bei KommAustria

Die FPÖ legte also Beschwerde bei der KommAustria ein. Generalsekretär Harald Vilimsky erklärte in einem Statement gegenüber der APA zu der eingebrachten Beschwerde, seine Partei werde es sich „auch künftig nicht gefallen lassen, wie der ORF gegen die FPÖ agitiert. Dieser aktuelle Fall ist nur die Spitze des Eisbergs. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass das ORF-Gesetz verletzt wird; so wird das Attribut der Objektivität im öffentlich-rechtlichen Rundfunk permanent ad absurdum geführt.”

Zwar entschuldigte sich der Tiroler ORF-Landesdirektor Helmut Krieghofer bei Abwerzger, allerdings pochte der Spitzenkandidat auf eine öffentliche Entschuldigung.
Abwerzger ging den Weg der direkten Konfrontation weiter und erklärte das „Schweigen” des Tiroler Landeshauptmann Günter Platter (ÖVP) in der „Causa ORF Tirol” sei „unerträglich”. Für eine weitere Eskalation sorgte dann Heinz-Christian Strache: In der Nacht auf Dienstag postete er ein Foto von ORF-Moderator Armin Wolf, in dem er diesem und dem ORF „Lügen” vorwarf – dies servierte er mit einem Smiley als „Satire”.

Es gibt einen Ort …

Das sogenannte Meme zeigt Wolf im Nachrichtenstudio, der dem ORF-Design und seinem Claim nachempfundene Text lautet: „Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden. Das ist der ORF.” Im Kleingedruckten steht noch zu lesen: „Das Beste aus Fake News, Lügen und Propaganda, Pseudokultur und Zwangsgebühr. Regional und international. Im Fernsehen, im Radio und auf dem Facebook- Profil von Armin Wolf.”

Wolf zeigte sich „fassungslos” angesichts des Facebook-Postings und erklärte gegenüber der APA: „Selbstverständlich werde ich das klagen.” Strache verwies auf „Satire” und erklärte, nach den Vorfällen beim ORF Tirol sei Satire auch „besonders notwendig”.

Rote Linie überschritten

Die Redakteure des ORF sehen eine rote Linie überschritten, das Posting von Strache sei eine „massive Grenzüberschreitung durch ein führendes Mitglied der österreichischen Bundesregierung”.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier, Wolfgang Katzian, kritisierte das Posting als einen „inakzeptablen Angriff auf die Pressefreiheit und auf den ORF”. Der Mediensprecher der FPÖ, Hans-Jörg Jenewein, erklärte hingegen, die „Damen und Herren” des ORF sollten „ein wenig in sich gehen und die offensichtlichen und objektivierbaren handwerklichen Fehler ihrer Tätigkeit eingestehen”. Strache erklärte am Dienstag, sein „Lüge”-Vorwurf sei „nicht personenbezogen” gewesen, und berief sich auf seine Satire-Bezeichnung. In einem Interview mit der APA sagte Strache, man würde keine Kampagne gegen den ORF fahren – im Gegensatz zu FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky fordert Strache auch nicht den Rücktritt von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz.
Am Mittwoch dann rief Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zur Zurückhaltung auf und wünschte sich, man würde „etwas Emotion herausnehmen”. Grundsätzlich müsse die Debatte über den ORF aber „auf sachliche Art und Weise, ohne unnötige Emotionen” geführt werden, sagte Kurz und verwies auf die dafür geplante „Medienenquete”.
Strache sieht sein Posting nach wie vor als Satire und erklärte: „Wenn Sie so wollen, war das mein Beitrag zum Faschingsdienstag.” (gs/APA)

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