„Verstärkte Kooperation österreichischer Medien ist notwendiger denn je“
© medianet/Katharina Schiffl
Corinna Drumm
MARKETING & MEDIA Redaktion 07.03.2025

„Verstärkte Kooperation österreichischer Medien ist notwendiger denn je“

VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm über die geplante Anpassung der Digitalsteuer und mögliche Regulierungen der Big-Tech-Plattformen.

WIEN. Die neue Bundesregierung hat angekündigt, die Digitalsteuer anzupassen. Für Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verband Österreichischer Privatsender (VÖP), ist eine Zweckwidmung zugunsten heimischer Medienunternehmen dringend notwendig, um deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber internationalen Plattformen zu gewährleisten. Im medianet-Interview spricht sie außerdem über die Notwendigkeit einer Distributionsförderung für private Sender, nationale Regulierung von Big-Tech-Plattformen und die Verantwortung der öffentlichen Hand bei Werbebuchungen.

medianet: Frau Drumm, die neue Bundesregierung spricht in ihrem Programm von einer „Anpassung der Digitalsteuer“. Der VÖP fordert - und das schon länger - dass die Einnahmen aus diesem Posten zur Gänze zur Förderung des Medienstandortes eingesetzt werden. Wie groß ist Ihre Hoffnung dieses Mal, dass nicht wieder Einnahmen aus der Digitalsteuer ins Budget statt zu den heimischen Medien fließen?
Corinna Drumm: Die neue Bundesregierung hat richtigerweise erkannt, dass der Medienstandort Österreich angesichts der existenziellen Bedrohung durch Big-Tech-Plattformen mehr Unterstützung benötigt. Die Digitalsteuer wird von genau jenen Plattformen gezahlt, die die österreichischen Medien gefährden. Daher ist es nur konsequent, diese Mittel für die Förderung österreichischer Rundfunk- und Medienunternehmen zu nutzen – und es ist dringend geboten. Die im Regierungsprogramm angesprochene „Zweckwidmung“ der Digitalsteuereinnahmen ist aus unserer Sicht genauso zu interpretieren.

medianet: Der VÖP wünscht sich unter anderem eine Distributionsförderung für den privaten Rundfunk. Wie soll diese aussehen und von welchen Summen sprechen wir hier?
Drumm: Für eine Demokratie ist es wichtig, dass die Menschen möglichst leichten Zugang zu qualitätsvollen Medien haben. Durch die im Regierungsprogramm angekündigte Stärkung analoger Vertriebswege kann dies ermöglicht werden. Das betrifft nicht nur die Verbreitung und Zustellung von Zeitungen, sondern analog dazu auch die Verbreitung von privaten Rundfunkprogrammen. Über die Höhe dieser Mittel kann ich derzeit noch nichts sagen.

medianet: Eine alte Förderung des VÖP, nämlich die Einschränkung der Vermarktungsaktivitäten des ORF, richtet man auch an die neue Bundesregierung. Es ist bekannt, dass die Werbetreibende Wirtschaft, als Alternative zum Inventar der Digitalgiganten, einen massentauglichen heimischen Werbemarkt benötigt. Schwächt Ihre Forderung nicht in diesem Zusammenhang den ORF als wichtigen Partner in diesem österreichischen Pool?
Drumm: Verstärkte Kooperation österreichischer Medien ist notwendiger denn je. Nur gemeinsam kann sich der österreichische Medienmarkt gegen die großen Plattformen zur Wehr setzen. Dem ORF als größtem Marktteilnehmer eine Kooperationsverpflichtung zu geben, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Damit Kooperation wirklich gelingt, ist es allerdings notwendig, den scharfen Wettbewerb am Werbemarkt etwas zu entzerren, und so sind diese Forderungen einzuordnen. Am Ende müssen und werden alle Kooperationspartner gestärkt dastehen.

medianet: Interessant ist, dass, so wie der VÖZ auch, der VÖP Verständnis dafür äußert, dass die öffentliche Hand bei ihren Werbeausgaben sparen muss. Diese verwundert etwas, den ging es bei der Kritik an den Werbeausgaben des Bundes und insbesondere der Stadt Wien nicht eher darum, dass ein beträchtlicher Teil dieser Ausgaben bei Printwerbung vor allem an drei Medien ging und man hier eine Umverteilung nach objektiven Kriterien verlangt hat?
Drumm: Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die öffentliche Hand – ebenso wie werbetreibende Unternehmen – Kommunikationsbedürfnisse hat, die österreichische Medien hervorragend erfüllen können, denn im Gegensatz zu Social Media Plattformen bieten wir werbliche Qualitätsumfelder. Die geplanten Einsparungen sollten daher vor allem bei den Buchungen auf diesen Plattformen umgesetzt werden. Es ist klar, dass Buchungen generell nach objektiven und verhältnismäßigen Kriterien getätigt werden sollten. Das gibt nicht zuletzt auch der „European Media Freedom Act“ vor, der heuer umzusetzen ist.

medianet: Bleiben wir gleich bei den Werbebuchungen des Bundes: Wie sieht hier der VÖP diese Ausgaben auf Plattformen wie vor allem TikTok, X und anderen, die nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten angekündigt haben, ihre Faktencheck-Programme zurückzufahren. Sollen hier überhaupt öffentliche Gelder für Kommunikationsmaßnahmen des Bundes verwendet werden?
Drumm: Diese Plattformen bieten keine gesicherten Qualitätsumfelder für Werbebotschaften und sind schon von daher nicht geeignet für die Kommunikation der öffentlichen Hand. Dazu kommt, dass diese Plattformen mit jeder einzelnen Buchung gestärkt werden – und damit auch die Verbreitung von Desinformation, die unseren gesellschaftlichen Zusammenhang gefährdet. Dass dafür öffentliche Gelder eingesetzt werden, ist abzulehnen.

medianet: Ein Appel des VÖP an die neue Regierung betrifft auch die Regulierung der großen Plattformen, um dem heimischen Werbemarkt mehr Luft zu verschaffen. Viele der Regulierungsmöglichkeiten müssten über die EU-Ebene passieren. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht auf nationaler Ebene bereits jetzt möglich und sollten von der neuen Regierung in Angriff genommen werden?
Drumm: Absolut erfolgskritisch ist die leichte Auffindbarkeit österreichischer Medien auf allen relevanten Benutzeroberflächen, wie zum Beispiel Smart TV, Smart Speaker oder Car Dashboards. Auf nationaler Ebene müssen möglichst rasch entsprechende „must-be-found“ Vorgaben umgesetzt werden, so wie das die neue Bundesregierung ja auch vorhat.

medianet: Noch eine Frage zum ORF: Dessen Gremien müssen nach einem höchstrichterlichen Urteil neu bestellt werden. Hier hat die Bundesregierung folgende Regelung angekündigt: Das Vorschlagsrecht für drei Mitglieder des Stiftungsrates liegt beim Bundeskanzler, für zwei Mitglieder beim Vizekanzler und für ein Mitglied beim ranghöchsten Regierungsmitglied der NEOS. Das klingt für manche nicht wirklich nach einer Entpolitisierung des ORF-Aufsichtsorgans. Sehen Sie das ähnlich?
Drumm: Größtmögliche Unabhängigkeit des ORF ist nicht nur aus Sicht der Gesellschaft, sondern auch aus Marktsicht zu befürworten. Dies ist eine der Aufgaben der Politik. Zur Besetzung der Gremien im Detail äußern wir uns jedoch nicht.

medianet: Frage zum Schluss. Der VÖP vertritt die Interessen aller Privatsender, also auch jene der Radiosender. Welche Wünsche habt der VÖP hier in Richtung neue Regierung, vor allem für die heimische Privat-Radioszene?
Drumm: Für Privatradio und Privat-TV gilt gleichermaßen: Wir brauchen Rahmenbedingungen, die es uns ermöglichen, unser vielfältiges und qualitatives Angebot aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln. Dazu gehören faire Wettbewerbsbedingungen im internationalen und im nationalen Wettbewerb und ein Ausbau der Förderungen für Privatsender.

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