Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
IN DUBIO. Die Institution der freien und unbeeinflussten Presse gilt gemeinhin als konstituierend für die Demokratie. So weit, so gut. Die großen und kleinen Player auf und hinter der Medienbühne erfüllen die damit verbundenen Aufgaben jedoch mit zunehmender Lustlosigkeit. Wer sein Publikum langweilt statt es zumindest zu „infotainen”, braucht sich über hehre Ziele erst gar nicht den Kopf zu zerbrechen. Meinungsjournalismus, darüber mokieren sich deutsche Kollegen seit gefühlten Ewigkeiten, ist auch im gehobenen Segment eine gute alte Tradition hierzulande. So wie Trachtengwand und Steirerhut, paniertes Allerlei und Mozartkugeln.
Hatten sich eben die letzten „richtigen” Parteizeitungen vom Markt verabschiedet, musste man sich – „Ceterum censeo” – mit Monopolen in Bezug auf Verbreitung und Eigentümer den Kopf zerbrechen. Dann verlagerte sich das Spiel der Gatekeeper und Meinungsmacher ins Netz – und die „Demokratisierung” der Meinungsmache entwickelte sich schneller, als fast allen Beteiligten lieb sein konnte. Der moderne Medienkonsument braucht Schulung, Bildung, Zeit und Hartnäckigkeit, wenn er sich die eigene Meinung auf ordentlichem Fundament bilden will. Wenn er das denn täte.
Realiter schüttelt eine heftige Vertrauenskrise Politik und Medien durch. Verantwortungsvoller Journalismus macht keine Politik – sondern unterstützt seine Nutzer in ihrer Befähigung, politisch zu entscheiden. So die Maxime. Und darüber lässt es sich vorzüglich streiten.
Es ist und bleibt jedenfalls so, dass investigativer Journalismus ein unverzichtbarer Bestandteil eben dieser Ermächtigung ist – und bleiben muss. Die Publikation ordnungsgemäß überprüfter Fakten, Tatsachen und Dokumente hinsichtlich Zeitpunkt und möglicher Konsequenzen zu hinterfragen, hieße, diese Aufgabe der „freien und unbeeinflussten” Presse ad absurdum zu führen. Ganz davon abgesehen: Die Zeiten von Watergate sind vorbei; der Wähler tendiert dazu, ohnehin und immer und bei allen vom Schlimmsten auszugehen.