Wenn das Denken offline geht
MARKETING & MEDIA Redaktion 04.07.2025

Wenn das Denken offline geht

Während Wissen exponentiell wächst, bleibt die Auseinandersetzung damit auf der Strecke.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

 

UMBRÜCHE. „Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte erleben wir die Gefahr eines echten Bildungsrückschrittes bei gleichzeitig höchstem Wissensstand aller Zeiten”, wird Alois Gmeiner vom Verein Ethik pro Austria in einer Aussendung zitiert. Im Brennpunkt stehen Digitalisierung und künstliche Intelligenz. Gefordert werden „sofortige bildungspolitische Maßnahmen” wie „strenge Regeln für den Einsatz von KI im Schulkontext, Medienmündigkeit statt Digitalverblödung und philosophische Thinktanks zur Erforschung von KI-Auswirkungen auf Demokratie und Menschen”.

Nun, diese Forderungen sind so verständlich wie weitgehend undurchführbar. Der Einsatz von KI im schulischen Alltag lässt sich nur noch pro forma unterbinden, die derzeit an Schulen und Universitäten eingesetzten „KI-Checks” sind durch die Bank schwerst defizitär. Die Hinführung des Bürgers zur Medienmündigkeit stellt sich zunehmend als Sisyphos-Aufgabe dar – und die Foren zur Reflexion der Auswirkungen Künstlicher Intelligenz auf demokratische Strukturen und Gesellschaft existieren längst, als Nischenthema für Intellektuelle.
Je höher die Bildung ist, desto größer wird die Fähigkeit, Verständnis für Zusammenhänge zu entwickeln und daraus tatsächliche Erkenntnisse zu gewinnen. Fundament dafür sind nach allgemeinem Konsens die elementaren Kulturtechniken – wie Auswendiglernen, Lesen, Schreiben und Rechnen. Wie bröckelig dieses Fundament ist, belegen unzählige Studien. Wer allerdings schon in diesen essenziellen Bereichen weitgehend auf Sand baut, wird selten Sinnstiftendes zur kritischen Auseinandersetzung mit der technologischen Disruption beitragen.
Die Lösung: Ein Bildungs-Upgrade, das nicht nur technologische Kompetenzen, sondern auch die fast vergessenen Kulturtechniken reaktiviert – damit wir der künstlichen Intelligenz wenigstens mit natürlichem Verstand begegnen können. Leichter gesagt als getan.

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