••• Von Chris Radda und Georg Sander
Im März dieses Jahres kam es zu einer überraschenden Personalrochade im oberösterreichischen Handel: Franz Koll, ehemals Geschäftsführer bei bellaflora, wurde neuer CEO der Welser 3e Handels- und Dienstleistungs AG. Seitdem leitet Koll die Geschicke der Verbund-Organisation und Vereinigung von 146 Hartwaren-, Werkzeug-, Holz- und Bad & Co-Einzelhändlern und Gewerbeunternehmen mit einem Umsatz von 735 Mio. € im Jahr 2022 (+3,8% zu 2021).
Mit insgesamt sechs Vertriebskanälen werden von der 3e AG in Summe 59 – teils eigene, aber auch von Mitgliedsbetrieben geführte – Let’s Doit Werkzeug- und Garten Fachmärkte im In- und Ausland betrieben.
Der 56-Jährige bringt reichlich Managementerfahrung mit: Der diplomierte Betriebswirt war früher im Sportbereich tätig, etwa in der Camaro & Komperdell Gruppe als Export Manager Global. Nach diesen vier Jahren und bis ins Jahr 2000 fungierte Koll zwei Jahre lang als Brand Manager & Vertriebsleiter bei Boards & More, danach sieben Jahre als Managing Director bei adidas eyewear. Zwischen 2009 und 2016 war er als Geschäftsleiter Vertrieb, Marketing und Einkauf bei Intersport Austria tätig. Dann verließ er den Sport, wechselte zu bellaflora – und zuletzt zu 3e.
Im Interview mit medianet-Herausgeber Chris Radda spricht Franz Koll über die Ziele der Gruppe.
Drei Kernbereiche
„Die 3e AG ist sehr komplex, das gefällt mir”, meint Koll, „verschiedene Vertriebskanäle, zwölf Länder, unterschiedliche Beteiligungen und Kooperationen. Diese Breite macht mir Spaß, hier ist Potenzial vorhanden.” Aus seiner Sicht gibt es drei Hauptansätze für eine erfolgreiche Weiterentwicklung: Punkt eins seien die Eigenständigkeit und die Umsatzpotenziale der Mitglieder. „Eine Verbundgruppe ist so stark wie ihre Mitgliedsbetriebe. Die letzten Jahre waren volatil, mir ist wichtig, dass die Betriebe souverän und stark mit dabei sind.”
Zweitens gehe es um die strategische Weiterentwicklung der gesamten Gruppe inklusive aller Vertriebskanäle im In- und Ausland: „Es gibt ja den Spruch: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Das ist auch so. Selbst wenn man den Status quo beibehält, bleibt man nicht stehen, sondern fällt zurück.” Mit der sogenannten „Next Generation 2025” gibt es einen bestehenden Strategieprozess, der weitergeführt wird, aber gleichzeitig auch am Prüfstand stehe. Das dritte große Ziel ist es, Chancen zu erkennen, trotz aller Widrigkeiten: „Die wirtschaftlichen Gegebenheiten waren unplanbar”, sagt Koll. Die Energiekrise etwa habe sich sehr schnell aufgebaut. Eine Herausforderung, aber eben auch eine Chance: „Ich meine die Agilität. Früher hatte man noch die Zeit, sich einzustellen, ein Angebot zu schnüren und dann im nächsten oder übernächsten Jahr am Markt zu sein. Das spielt es heute nicht mehr.” Geschwindigkeit sei entscheidend.
Die Outlets
Eine tragende Säule der 3e AG ist der Fachmarkt Let’s Doit mit seinem Omnichannel-Konzept. „Die Marke hat sich gut etabliert, in der Vergangenheit wurde investiert: ein neues Storekonzept, Digitalisierung am POS beispielsweise”, so Koll. Manche Innovationen habe es zuvor in der gesamten Branche nicht gegeben, und man sei bestrebt, weiterhin Vorreiter zu sein. Aller Komplexität zum Trotz eint die 3e-Gruppe die Fachhandelsorientierung, führt er aus. Diese Ausprägung sei extrem wichtig. Es gehe um Qualität in den Bereichen Mitarbeiter, Sortiment, POS-Auftritt oder Dienstleistungen: „Es soll nach Fachhandel riechen und schmecken, und der Kunde soll das auch mitbekommen.”
Schließlich kaufen nicht nur Endverbraucher ein, sondern auch Gewerbebetriebe, die Profis, beziehen ihre Waren in den Märkten. Und diese haben unterschiedliche Anforderungen, weiß er. Die Fachhandel-Expertise für die Profis komme letztlich auch den Endkunden zugute; und auch in diesem Bereich will man vorangehen: „Unser Anspruch ist, das, was wir machen, hochprofessionell zu tun. Wir haben den Preiseinstieg und wir haben die Topmarken, es gibt aber – wie auch bei den Dienstleistungen – Standards, unter die wir nicht gehen.” Das unterscheide die Märkte auch vom Mitbewerb. 3e beschränke sich auch nicht auf die bestehenden Stores. Eine weitere Expansion werde stattfinden, etwa durch bestehende Mitglieder, die noch nicht unter der Marke Let’s Doit auftreten. Man arbeitet gemeinsam weiter am Store 4.0, bezieht lokale Eigenheiten in die Betrachtungen mit ein – und begleitet auch jene, die am Ende nicht unter Let’s Doit agieren.
Laufende Adaptierung
Die Entwicklung bei 3e wird ständig vorangetrieben, es gibt eine steile Lernkurve, „denn wir drehen an allen Rädern”, sagt Koll. Entscheidend sind die individuellen Bedürfnisse: Es sollen jene Services angeboten werden, die den Mitgliedern tatsächlich und in ihrer jeweiligen Situation dabei helfen, besser zu werden – egal, ob es sich dabei um Dienstleistungen und Services, um B2B oder B2C handelt.
Die Gruppe ist so breit aufgestellt, dass es auch Nebenvertriebsschienen gibt, etwa Holzprofi, Bad & Co. Diese hätten unterschiedliche Voraussetzungen, manche Elemente aus dem Fachmarkthandel können übernommen werden. „Am Ball bleiben”, das sei wichtig, schließlich sind die Voraussetzungen nun anders als in der Corona-Zeit mit deren Heimwerkerboom.
Die aktuellen Entwicklungen
In der Zeit der Lockdowns und Beschränkungen profitierte der Heimwerkermarkt unverhofft. Aber wie sieht es nun aus? „Corona hat für einen Push gesorgt, aber jetzt sehen wir bei den Verbandszahlen im ersten Quartal 2023: Deutschland hat ein Minus von 8,6 Prozent, die Schweiz 7,5, Österreich noch ein leichtes Plus von 0,4 Prozent. Unsere Entwicklung in Q1/23 ist jedoch deutlich besser”, gibt er einen Einblick. „Man merkt schon, dass es sich einebnet, wir sind momentan aber besser als der Markt.”
Welche Trends gibt es? Im Werkzeug- sowie im Gartenbereich werden Akku-betriebene Systeme stärker nachgefragt, auch der Einsatz desselben Akkus für mehrere Maschinen. Das Unternehmen habe für Profis wie auch für die Heimwerker das passende Angebot, um dieser Entwicklung gerecht zu werden.
Im Profibereich werden hinsichtlich Qualität keine Abstriche gemacht, sowohl bei Gewerbetreibenden als auch bei den Heavy Usern. Daneben gibt es auch ein Segment, das stärker auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achtet: „Da kommen unsere Eigenmarken ins Spiel. Diese sind preislich günstiger, aber von der Qualität her ebenfalls gut.”
Das Auslandsgeschäft
All das gilt auch auch über die heimischen Grenzen hinaus. Derzeit ist man in elf Auslandsmärkten vertreten, vor allem im Süden und Osten Europas, von Slowenien bis Nordmazedonien. Jüngst wurde der polnische Markt erschlossen, Bulgarien soll als 13. Land folgen. Die Herausforderungen sind groß: „Energiekosten und Inflation von über 20 Prozent dämpfen die Kauflaune. In den Balkanländern ist es etwas besser.” Koll freut in diesem Kontext auch, dass man „eigentlich nicht merkt, ob man in Kroatien oder Österreich im Store steht”.
Die Prognosen
Die Energiekosten fallen derzeit wieder – das wird sich vermutlich positiv auf die Kaufkraft auswirken. Koll blickt jedenfalls vorsichtig optimistisch in die Zukunft. 2023 sei ein Jahr der Konsolidierung, es gelte, die Zugewinne der letzten Jahre gut zu managen. Diese kamen teils zufällig zustande, nun „muss man sich mehr anstrengen. Unsere Zahlen zeigen, dass wir gut unterwegs sind”.
Koll sieht eine Erholung bzw. Normalisierung mit Jahresende 2023. Aber: „Es ist mehr professionelles Management gefragt. Man muss sich überlegen, was man macht, was nicht. Geschieht das, kommt unterm Strich das Richtige heraus.”