Gastkommentar ••• Von Daniel Frühberger
WIEN. Buzzwords sind eine eigene Sache. Sie klingen gut, oft weiß aber keiner so richtig, was sie bedeuten. Nehmen wir das Beispiel Responsible Advertising also verantwortungsbewusstes Marketing her, das 2022 von Marken und Medien gleichermaßen intensiv verwendet wurde. Doch wo beginnt Responsible Marketing und wo hört es auf?
Viele verstehen unter dem Begriff Werbesujets, die Diversität abbilden oder CSR-Kampagnen und ziehen hier hauptsächlich Marken zur Verantwortung. Tatsächlich ist verantwortungsbewusstes Marketing aber viel mehr als das und auch Sache der Agenturen und Vermarkter. Diese sehen sich bis dato aber eher als ausführendes Organ, das nur die Wünsche der Kunden erfüllt.
Der Beginn einer Ära
So einfach ist das aber nicht, denn auch sie können zu einer verantwortungsbewussteren Werbung beitragen. Was in der Mobilitätsbranche schon lange diskutiert wird, steckt in unserer Branche erst in den Kinderschuhen.
Wir überlegen täglich, ob wir ein Produkt im Supermarkt kaufen, das per Schiff über den Äquator nach Österreich transportiert wurde. Gleichzeitig machen wir uns aber keine Gedanken, ob die eigene Werbung über drei Länder an Datencenter in die USA geschickt wird, damit sie auf Social Media läuft.
Werbung bei heimischen Medienhäusern fördert die lokale Wertschöpfungskette und reduziert zumindest den Energieaufwand, da die virtuellen Wege kürzer sind. Hier könnten Vermarkter den CO2-Wert von Kampagnen mitmessen und Vorgaben geben.
Werbeetat, quo vadis?
Doch nach wie vor fließt der Großteil des digitalen Werbebudgets zu den Social-Internetgiganten, obwohl diese Studien zufolge umfassende negative Auswirkungen auf unser und das psychische Wohlbefinden der jungen Generation haben. Gleichzeitig nimmt die Qualität der Inhalte laufend ab. Bei der Auswahl der Plattformen haben beispielsweise Agenturen sehr wohl Einfluss. Neben dem Optimieren von CO2-Emissionen kann auch das Angebot verantwortungsbewusster gestaltet werden.
Wie? Es gibt viele Online-Magazine und Nachrichtenseiten, die von Minoritäten gepflegt werden, und kaum ein Vermarkter hat diese im Portfolio. Oder man setzt einen Prozentsatz des Werbebudgets bewusst auf Inklusions- und Diversitätsthemen. Aktuell stehen diese aber eher auf Blocklists, weil unsere Kommunikation damit nicht in Berührung kommen soll. Das sind nur ein paar Ideen, wie man Marketing abseits des Werbesujets verantwortungsbewusster gestalten kann. Das Gute ist: Marketer müssen keine Effizienz- oder Imageeinbußen in Kauf nehmen, wenn man die Werbung engmaschig abstimmt und kontrolliert.
Sicher ist aber, dass verantwortungsbewusste Werbung nicht nur Marken-Sache ist. Sie ist Marketing-Sache und zwar für alle Beteiligten der Branche.