Werbevolumen höher als im Vor-Corona-Jahr
© Georg Wurm
Ronald Luisser und Viktor Sidiropoulos
MARKETING & MEDIA Redaktion 04.02.2022

Werbevolumen höher als im Vor-Corona-Jahr

Die Werbeausgaben des Jahres 2021 beliefen sich laut Focus auf 6,51 Mrd. Euro, 5,1% über dem Wert von 2019.

••• Von Britta Biron

 WIEN. Überraschungen gehören in Corona-Zeiten fast schon zum Alltag. Da macht die kürzlich präsentierte Werbebilanz von Focus Research für das Vorjahr keine Ausnahme. Und sie fällt erfreulicherweise in die vergleichsweise kleine Gruppe der positiven Überraschungen.

Zwar hatte man schon zu Jahresbeginn damit gerechnet, dass die Werbeausgaben in Österreich mit großer Wahrscheinlichkeit wieder höher als 2020 sein werden – eine Annahme, die sich im Laufe der Monate immer mehr gefestigt hatte; dass das Plus aber dermaßen kräftig ausfallen würde, sei, so Ronald Luisser, Management Partner bei Focus Media Research, „trotzdem erstaunlich gewesen und hat mit Sicherheit viele Experten überrascht. Im Grunde erholt sich der gesamte Werbemarkt in Europa mit teils deutlichen Zuwächsen – eine Rückkehr wie in Österreich zu Vorkrisenniveau gelingt aber nicht durchgängig”.

Kräftiges Wachstum

Das Gesamtvolumen der Werbeausgaben des Jahres 2021 beläuft sich laut der Focus-Berechnungen auf 6,51 Mrd. € und liegt damit um satte 11,3% über dem Wert von 2020 und auch um 5,1% über jenem von 2019.

Im Above-the-line-Bereich hat Focus Research Spendings von 4,61 Mrd. € ermittelt, was einem Zuwachs von knapp zehn Prozent gegenüber 2020 entspricht und das Ergebnis von 2019 immerhin um 4,8% übertrifft.  „Innerhalb der Kanäle ist insbesondere der Zuwachs im TV bemerkenswert”, so Luisser weiter. Insgesamt flossen 1,377 Mrd. € in Fernseh-Spots, um 18,8% mehr als 2020 und ­gegenüber 2019 ein Plus von 13,6%.

Hauptverantwortlich für das sehr gute Abschneiden der TV-Werbung sind vor allem die großen Sportereignisse 2021 (Fußball-Europameisterschaft, Olympische Sommerspiele); innerhalb der Werbeträger ist es vor allem der ORF mit einem Zuwachs von 25% in Relation zu 2019.

Auch Print legte vs. 2020 zu

Kräftige Zuwächse – +12% gegenüber 2020 und +20,5% gegenüber 2019 – verzeichnete mit einem Volumen von 773 Mio. € die Online-Werbung, die schon im Krisenjahr 2020 zu den Gewinnern gezählt hat.

Auch das Radio konnte seinen Teil zum positiven Gesamtergebnis des ATL-Sektors beitragen und verzeichnet mit 271 Mio. € Zuwächse von 5,4% bzw. 15%. Ebenfalls zugelegt hat Print mit Gesamtbrutto-Spendings in Höhe von 1,873 Mrd. € das größte Stück des ATL-Kuchens, allerdings nur im Vergleich zu 2020 (+3,8%), und auch die Außenwerbung liegt mit 290 Mio. € zwar um 9,2% über dem Ergebnis von 2020, doch noch nicht auf Vor-Corona-Niveau. Bei der Kinowerbung, die unter den Corona-Einschränkungen am stärksten gelitten hat, fiel die Erholung naturgemäß noch überschaubar aus. Zwar stiegen die Werbeausgaben gegenüber 2020 um 52,9% auf 291 Mio. €, liegen damit aber immer noch um 67,4% unter dem Volumen von 2019.

Plus für Sponsoring

Die Bruttowerbeausgaben im Below-the-line-Sektor entwickeln sich insgesamt ebenfalls äußerst dynamisch, wenngleich innerhalb dieses Bereichs sehr unterschiedlich. Während Sponsoring das Volumen um ein Viertel in Relation zum Vorjahr steigern kann und damit deutlich über dem Wert von 2019 liegt, war die Investitionslust der werbetreibenden Unternehmen in Direct Marketing-Aktivitäten noch recht verhalten und damit deutlich hinter dem Niveau von 2019 (–8,6 %).

Top 10-Werber

Interessante Verschiebungen gibt es auch bei den Werbetreibenden selbst. Nach vielen Jahren, in denen die Lebensmittelhandels-Konzerne Rewe und Spar das Ranking der Top-Werber in Führung lagen, wurden sie im Vorjahr von XXX-Lutz überholt – der Einrichtungs-Gigant kommt laut Focus Research auf Werbeausgaben in Höhe von 231,9 Mio. € und liegt damit mit klaren Vorsprung vor Rewe (210,6 Mio. €) und Spar (189,8 Mio. €). „Generell ist wichtig zu erwähnen, dass in diesem Ranking der Bereich der Klassischen Werbung wie Direkt Marketing abgebildet wird. Demzufolge sind in den Top Ten sehr viele Handelsunternehmen”, erklärt Luisser. „Die Tatsache, dass XXXLutz mit deutlichem Vorsprung die No. 1-Position einnimmt, ist in dieser Dimension durchaus überraschend, wenngleich zu erwarten war, dass Rewe aufgrund des Billa/Merkur-Mergers an Bruttovolumen einbüßen wird. Lutz hat über das Jahr gesehen in allen Monaten deutliche Zuwachsraten und gerade im Vergleich zum Frühjahr des Krisenjahres die Aktivitäten enorm in die Höhe geschraubt”, erläutert Luisser.

Auch die anderen Top10 haben die Werbetrommel 2021 deutlich kräftiger gerührt als im Jahr davor und mit Ausnahme von Metro auch mehr investiert als vor Corona. Dies gilt, so Luisser, insbesondere auch für die Unternehmen außerhalb der dominanten Handelssegmente. Der XXXLutz-Konzern konnte sich nicht nur bei den Werbeausgaben den ersten Platz sichern, sondern auch in einigen Kategorien des Sujet Focus-Werbemitteltests, bei dem die werbestärksten Sujets auf Basis Recognition, Gefälligkeit, Markenimpact und Glaubwürdigkeit ermittelt werden.  Den Gesamtsieg gab es in den Kategorien Print – vor der Österreichischen Post und der Wiener Städtischen Versicherung sowie bei den TV- und Hörfunk-Spots.

In der Kategorie Out-of-Home belegen Billa und Billa Plus die ersten beiden Plätze, gefolgt von Discounter Hofer. Weitere Beispiele für ausgezeichnete Werbung kommen unter anderem von bellaflora für das ansprechendste Print-Sujet, Eskimo Magnum für die kaufanregendste Plakat-Werbung oder Almdudler für den originellsten Radio-Spot.

Positive Tendenz hält …

Und wie sehen die Prognosen für heuer aus? Geht es nach den Experten, wird der werbekonjunkturelle Aufschwung weiter anhalten. Sowohl die befragten Unternehmen als auch die Werbeagenturen sehen dem heurigen Jahr positiv entgegen und rechnen mit einem Wachstum von vier Prozent in Relation zum Vorjahr. Die Agenturen sind dabei etwas optimistischer (4,1%) als die werbenden Unternehmen (3,9%). Ein überdurchschnittliches Werbeplus wird insbesondere den sehr stark von Corona betroffenen Gattungen vorhergesagt – allen voran Kino (+23,1%) sowie Messen & Ausstellungen (+9%).

… auch heuer an

Die einzigen beiden Bereiche, für die mit einem Rückgang gerechnet wird, sind Flugblätter & Prospekte (–0,5%) sowie Print-Anzeigen (–1,8%).

Aber Prognosen haben – mangels einer Glaskugel – immer auch gewisse Unsicherheiten, und nachdem die Pandemie noch nicht ausgestanden ist, drängt sich die Frage auf, ob das Endergebnis für heuer auch wieder die eine oder andere (nach Möglichkeit positive) Überraschung bringen kann.

„Aus meiner Sicht gibt es nicht viele Unsicherheiten”, meint Luisser. „Covid ist gekommen, um zu bleiben, und die Konsumenten wie Werber haben sich auf die Situationen eingestellt. Ein Lockdown (so er hoffentlich nie wieder kommen mag) wird die Werbewelt nicht wie vor zwei Jahren komplett aus der Bahn werfen.”

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