WIEN. Den Frühling 2022 läutete kürzlich der Branchenverband Strategie Austria mit Kunst & Kultur ein und lud zur Podiumsdiskussion mit Kunstschaffenden und Strateginnen und Strategen in den Salon Plafond des Wiener Museums für angewandte Kunst, MAK.
MuTh-Direktorin Elke Hesse, Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder, MAK-Generaldirektorin Lilli Hollein sowie Regisseurin und Theaterproduzentin Sophie Mashraki diskutierten über das Zusammenspiel der kreativen Künste mit planvoller Strategie, und die Frage des Abends lautete: Wie können Kunst und Kultur Strategie inspirieren und umgekehrt?
Denn: Die Coronakrise hat deutlich gezeigt, wie viel im Leben der Österreicherinnen und Österreicher fehlt, wenn Kunst und Kultur nur eingeschränkt oder gar nicht erlebbar sind. Wo haben die Künste zwischen Wirtschaftskrise, politischen Unruhen, Krieg in Europa und Corona ihren Platz? Und wie können sich Künstlerinnen und Künstler und Institutionen diesen verschaffen? Vor einem Publikum aus Kreativen, Strategen und Kunstschaffenden diskutierten die Podiumsgäste in einem regen Austausch zu durchaus spannungsgeladenen Themen.
Eine Frage der Relevanz
Seit zwei Jahren setzen sich Kunstschaffende und Institutionen mitunter gemeinsam für eine stärkere Wahrnehmung der Relevanz der Künste ein. Um die gesellschaftliche Bedeutung wieder bewusst zu machen und den Fortbestand zahlreicher Kulturangebote zu sichern, braucht es ein planvolles, strategisches Vorgehen. Auch Kunst braucht einen Businessplan: Trotz Überbrückungshilfen, Hilfsfonds und Zuschüssen bedeutete Covid-19 für viele Akteurinnen und Autoren enorme Umsatzeinbußen.
Um den wirtschaftlichen Erfolg zu sichern, haben die Podiumsgäste unterschiedliche Strategien verfolgt. Ein Ansatz war es, neue Kanäle und Touchpoints zu schaffen, zum Beispiel über virtuelle Angebote. So brachte das MuTh auch in Lockdown-zeiten eine Kinderoper via Videostream in unzählige Klassenzimmer.
Für die Albertina setzt Klaus Albrecht Schröder auf das Live-Erlebnis und schafft virtuell nur Anreize, um die Lust auf den Museumsbesuch zu wecken. Über die Bedeutung dreier Aspekte sind sich die Diskutanten einig: Kreativität, Diversität und Resilienz befähigen Kunst- und Kulturinstitutionen, ihren Fortbestand langfristig zu sichern. Interne Kommunikation spielt dabei eine große Rolle. Nur wer seine Philosophie auch intern lebt, kann sie nach außen hin glaubhaft vermitteln und mit Menschlichkeit überzeugen.
Zugang zu Kunst und Kultur ist gerade in Krisenzeiten, wenn andere Themen vielleicht wichtiger erscheinen, für die Gesellschaft relevant. Denn die Künste können gesellschaftlichen Entwicklungen und aktuellen Situationen Bedeutung verleihen, sensible Themen und Erlebnisse aufarbeiten, Menschen vereinen und natürlich auch ablenken.
Gelebte Offenheit
Die strategische Positionierung der eigenen Organisation spielt eine große Rolle. Unter den Diskutanten am Podium waren Führungspersönlichkeiten namhafter und großer Kulturinstitutionen, die ihr Angebot tagtäglich von dem der Konkurrenz abgrenzen müssen. Ein wesentlicher Ansatz ist Offenheit: Kunst- und Kultur-Angebote müssen stets das Publikum in den Mittelpunkt aller Maßnahmen stellen. Während oft intuitiv Altbewährtes in historischen Institutionen erhalten werden möchte, braucht es den Mut zur strategischen Entscheidung, sich davon abzuwenden, um dem Neuen Tür und Tor zu öffnen. Kunst lebt von Veränderung: Neue Strömungen, die nächsten „Hot Topics”, erkennt man von innen heraus. Indem diverse Persönlichkeiten ins Team geholt werden, werden künftige Trends sichtbar und können frühzeitig in ein wettbewerbsfähiges Angebot übersetzt werden.
Bewusstseinsbildung
Initiiert wurde die Diskussion vom Branchenverband Strategie Austria, der strategische Denkweisen fördert und Strategie für die breite Öffentlichkeit greifbarer machen möchte. „Als Branchenverein haben wir uns der Strategie verschrieben. Wir wollen strategischen Themen die verdiente Aufmerksamkeit verschaffen, sie gemeinsam beleuchten und diskutieren. Hier lassen sich viele Parallelen ziehen – auch die Künste kämpfen vielfach um Sichtbarkeit. Strategie entdeckt Potenziale, eröffnet Chancen und zeigt Wege auf. Und sie gibt Sicherheit, auch für Kunstschaffende und Kulturinstitutionen. Interdisziplinärer Austausch und Zusammenarbeit beflügeln ein gemeinsames Vorankommen, darum geht es uns ”, so Strategie Austria-Präsidentin und Kommunikationsexpertin Jana David-Wiedeman. (fej)