„Wo ist Ihre Frage zu meiner Antwort?”
MARKETING & MEDIA Redaktion 20.01.2023

„Wo ist Ihre Frage zu meiner Antwort?”

Politinterviews geraten immer mehr zu zwei parallel geführten Selbstgesprächen.

Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli

 

GESPRÄCHSVERWEIGERUNG. Der im Jahr 2001 verstorbene und hoch geschätzte ORF-Journalist Robert Hochner meinte einmal: „Was mich am meisten enttäuscht, ist die fehlende Zivilcourage in diesem Land. Es gibt so wenige, die den Mut haben, sich eine eigene Meinung zu leisten und diese auch zu vertreten. Menschen, die auch bereit sind, für ihre Überzeugung persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen.”

Er wird wohl in diesem Zitat nicht Politiker gemeint haben, sondern andere Menschen, die für eine Sache gerne einstehen würden, sich aber eben ob drohender Nachteile für einen selbst nicht trauen, aber ich finde, dieses Zitat dürfte auch für Politikerinnen und Politiker gelten.
Denn es ist mittlerweile lähmend, sich Politikerinterviews anzusehen. Egal, welche Frage von Journalisten gestellt wird, gibt es als Antwort eine oft eintrainierte und vorgefertigte Phrase, die nichts mit der Frage zu tun hat und höchstens dazu dient, die eigene Botschaft unterzubringen, oder noch schlimmer, den politischen Gegner anzugreifen.
Was auf der Strecke bleibt, ist der inhaltliche Diskurs, und noch viel schlimmer, die Glaubwürdigkeit in die Politik, denn wer soll Sprechpuppen, die live im TV sprechen, aber in Wahrheit nichts mehr sagen, noch glauben?
Mit ihren Antworten adressieren Politiker nicht mehr die Bevölkerung, sondern nur mehr die eigene Zielgruppe, und alle anderen sind egal. An einer inhaltlichen Auseinandersetzung ist man nicht mehr interessiert, sondern missbraucht das jeweilige Medium bloß dafür, die eigenen Messages unter das eigene Wahlvolk zu bringen.
Robert Hochner hätte da noch sein berühmtes Zitat „Das war nicht die Antwort auf meine Frage gebracht”, aber die Kollegen von heute bleiben oft nur mehr rat- und sprachlos zurück. Und bohren sie nach, werden sie als aggressiv und parteiisch attackiert.
Manchmal wäre es ehrlicher, zu sagen, ich habe auf ihre Frage keine Antwort, als sich in nichtssagenden Worthülsen zu verlieren. Nur: Welche Politiker haben heute schon den Mut dazu.

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