Geht’s noch höher?
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Feuer, Windlast und Naturkatastrophen sind die größten Risiken beim Bau von Wolkenkratzern wie auch beim DC Tower 1 in der Wiener Donaucity.
FINANCENET REAL:ESTATE 12.02.2016

Geht’s noch höher?

Der Hochhaus-Boom entfacht neue Risiken – rund um den Globus und natürlich auch hierzulande.

••• Von Paul Christian Jezek

WIEN. Einleuchtend: Eines der Top-Risiken für Hochhäuser ist Feuer – speziell während der Bauphase. Darüber hinaus sind es vor allem Naturkatastrophen, die für hohe Gebäude gefährlich werden: Das Fundament von Hochhäusern muss stark genug sein, um Erdbeben und Stürme gefahrlos zu überstehen. Weitere Gefahren sind Überschwemmungen und Wasserschäden – gerade zum Baustart sind Risiken wie Sturzfluten zu berücksichtigen, die große Baugruben überfluten können.

Der jüngste Bauboom lässt sich auch aus aktuellen Zahlen ableiten: 55% der höchsten Gebäude der Welt sind in den vergangenen fünf Jahren entstanden. Global gibt es schon mehr als 100 Wolkenkratzer mit mehr als 300 m Höhe; dabei ist eine Verlagerung von den USA nach Asien deutlich erkennbar: Die überwiegende Mehrheit derartiger Bauprojekte konzentriert sich heute auf China, Südostasien und den Mittleren Osten.
Aber nicht nur in Asien ist der Hochhaus-Boom sichtbar. Wie das Supertall Buildings Risk Bulletin des Industrieversicherers Allianz Global Corporate & Specialty ­(AGCS) zeigt, bestätigt sich der internationale Trend auch hierzulande. „Drei Viertel der 20 größten Gebäude Österreichs wurden seit dem Jahr 2000 gebaut”, erklärt Ole Ohlmeyer, Country Manager von AGCS Austria.
Der DC Tower 1 in der Donaucity in Wien wurde 2013 errichtet und nimmt mit 220 Metern in der Europa-Rangliste etwa den 20. Platz ein; weltweit befindet er sich allerdings nicht unter den Top 100.
Österreichs 20 höchste Gebäude weisen im Moment eine durchschnittliche Höhe von rund 113 m auf – knapp sechs Meter höher als die Freiheitsstatue in New York.

Designrisiken bei Prototypen

Beim Bau immer höherer Wolkenkratzer betreten Bauunternehmer und Versicherer Neuland – es entstehen dadurch neue Risiken, wie etwa das Design-Risiko. Darunter versteht man die Gefahr von Fehlkonstruktionen, die bei „Supertall-Buildings” weitaus schwerwiegendere Folgen als bei kleineren Projekten haben. Viele Wolkenkratzer sind einmalige Projekte, bei denen erstmals neue Baumaterialien zum Einsatz kommen, die bis zu diesem Zeitpunkt z.B. nur in Windkanälen getestet worden waren.

Diese immer kurzfristigeren und komplexeren Bauprojekte stellen auch die Versicherer vor enorme Herausforderungen. Dabei geht es vor allem um die Bewertung und Steuerung der komplexen Risiken dieser außergewöhnlichen Projekte. Grundsätzlich können alle Projektphasen versichert werden. Aufgrund der außerordentlichen Dimensionen der derzeit höchsten Gebäude und der Tatsache, dass ihr Wert schnell über die 1-Milliarde-€-Marke steigt, werden die Gesamtprojekte generell von einem Konsortium von (Rück-)versicherern versichert. Neben der Bereitstellung einer Allgefahren-Deckung für Bauprojekte bieten Versicherungsgesellschaften wie AGCS auch eine sogenannte ­Decennale-Versicherung für Schäden nach der Bauausführung, die Versicherungsnehmern Schutz gegen materielle Schäden durch fehlerhaftes Design, Baumaterialien oder Arbeitsausführung bietet.

An den Aufzügen hapert’s

Entwürfe für den ersten „Mile-High”-Turm mit einer Höhe von 1,6 km gibt es ja bereits. Bis zur Umsetzung dürften allerdings noch einige Jahre vergehen, da u.a. die Aufzugtechnik mit der Bautechnik nicht Schritt halten kann. Derzeit verfügbare Technologie begrenzt die Aufzughöhe auf rund 600 m, was vor allem an Brems- und Verkabelungstechnik liegt. Weitere einschränkende Faktoren sind Sicherheitsvorkehrungen für die Nutzer des Gebäudes und die Nachbarschaft oder die Verfügbarkeit von Baumaterialien bzw. Werkstoffen.

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