Ressourcen mit Charme
© Cuubuus architects & developers (2)
FINANCENET REAL:ESTATE Redaktion 16.09.2022

Ressourcen mit Charme

Warum die Revitalisierung von Bestandsobjekten ein zeitgemäßer Zugang zu moderner Projektentwicklung ist, zeigt „das Artmann” auf.

WIEN. Die Mauern des ehemaligen k.u.k. Militärverpflegungsgebäudes in Wien-Leopoldstadt, in denen zurzeit „das Artmann” von Cuubuus Architects & Developers entsteht, verkörpern gelebte Geschichte und historischen Charme. Die Erhaltung von Bauwerken macht neben dem reinen Denkmalschutzgedanken aber vor allem im Hinblick auf die Umwelt viel Sinn.

Ein Blick auf den weltweiten Ressourcenverbrauch gibt einen ersten Einblick in die Überlegungen von Cuubuus. Seit 1900 hat die Entnahme von Rohstoffen aus ihren natürlichen Lagerstätten stetig zugenommen. Ab dem Ende des 20. Jahrhunderts ist die Verbrauchskurve nochmals deutlich angestiegen. Heute macht die Herstellung von Baumaterialien rund elf Prozent der globalen CO2-Emissionen aus.

Ökonomie der Nachhaltigkeit

Abriss und Neubau mögen also oft die ökonomischere Lösung sein – die nachhaltigere sind sie nicht. Ressourcenschonende Projektentwicklung bedeutet, bestehende Formationen wiederzuverwenden und so die Lebensdauer von Gebäuden zu verlängern. Zusätzlich dazu spielen CO2-Emissionen eine wesentliche Rolle in der ökologischen Beurteilung von Bauvorhaben: Bei Neubauten macht graue Energie bzw. die grauen Emissionen in der Errichtung bereits rund 50% des Energieverbrauchs über den gesamten Lebenszyklus gerechnet aus.

Hinzu kommt die Problematik der Baurestmassen: Abbruchabfälle in Österreich stiegen alleine zwischen 2009 und 2016 um rund 52% auf ca. 10,43 Mio. t. Zum Vergleich: Durch die Nutzung der bestehenden Struktur beim Projekt „das Artmann” konnten rund 10.500 t Beton, 730 t Stahl und 23.600 t Mauerwerk erhalten werden. „Das Baumaterial ist größtenteils quasi bereits vor Ort”, so Cuubuus Gründer und CEO Eduard Mair. „Wir verwenden bereits vorhandenes Material, das etwa 180 Einfamilienhäusern entspricht. Dazu kommt eine wesentliche Einsparung von Transportenergie und geringere Mengen Abfallstoffe.”

Theoretischer Vergleich

Am Beispiel von „das Artmann” hat Cuubuus nun zur Veranschaulichung zwei Szenarien berechnet und verglichen: Abriss und Neubau vs. Revitalisierung. „Natürlich ist beim ‚Artmann' der Abriss aufgrund des Denkmalschutzes nur theoretischer Natur”, beruhigt Mair und erklärt: „Die Überlegungen aus ökologischer Sicht sind aber ein unterstützendes Argument für die Erhaltung von alter Bausubstanz. Das Ergebnis ist nicht nur eindeutig, sondern auch eindrucksvoll.”

Im fiktivem Szenario wären durch den Abbruch des Bestandsgebäudes 852 t CO2-Äquivalente angefallen, gefolgt von 6.072 t CO2-Äquivalente für den vollständige Neubau. Die Kalkulation wurde auf Basis eines Wohnbaus mit sieben oberirdischen Geschoßen errechnet. Um eine realistische Einschätzung vornehmen zu können, wurde eine Gutschrift für eine mögliche Wiederverwendung von Materialien in Höhe von 415 t CO2-Äquivalente angenommen, was unterm Strich für Abbruch und darauffolgenden Neubau eine Gesamtbelastung von 6.509 t CO2-Äquivalente bedeutet.

Revitalisierung – real

Auch im Bestand müssen geringfügig Teile des Mauerwerks und Stahlbetons demontiert werden, was Emissionen in Höhe von 516 t CO2-Äquivalente entspricht, denen eine Gutschrift von 252 t CO2-Äquivalente gegenübergestellt werden kann, da auch hier Recyclingpotenzial besteht. Für die Aufstockung, den neuen Ausbau und die Fassade sind 2.490 t CO2-Äquivalente kalkuliert, ergibt eine Gesamt-Bilanz der Revitalisierung von 2.754 t CO2-Äquivalente.

„Wie die Studie zum ‚Artmann' deutlich aufzeigt, ist die Nachnutzung und Revitalisierung auch aus ökologischer Sicht durch massive CO2-Einsparungspotenziale sinnvoll”, so Mair abschließend. (hk)

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