Aktuelle zollrechtliche Entwicklungen im Handelskonflikt USA – EU
© Königshofer Michael
Peter Pichler
RETAIL Redaktion 20.05.2025

Aktuelle zollrechtliche Entwicklungen im Handelskonflikt USA – EU

WIEN. EU-Unternehmen sehen sich seit Anfang April beim Import von EU-Waren in die USA mit bereits bestehenden und möglichen weiteren Zusatzzöllen in unterschiedlichen Bereichen konfrontiert. Diese Situation stellt Unternehmen vor strategische und operative Herausforderungen, die eine sorgfältige Anpassung der Exportstrategie erforderlich machen. Die aktuellen Entwicklungen wurde in einer Veranstaltung von LeitnerLeitner am 8.5.2025 diskutiert, an der neben Peter Pichler (Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner), Thomas Bieber (Vorstand am Institut für Finanzrecht der JKU Linz) auch die im Bereich internationaler Handel und Zoll führende Anwältin Nithya Nagarajan (Husch Blackwell LLP Washington) teilnahm.

„Die US-Zusatzzölle stellen exportorientierte Unternehmen vor konkrete operative und strategische Herausforderungen. Wer jetzt nicht handelt, riskiert Margen- und Marktverluste in den USA“, betont Peter Pichler, Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner.

US-Zusatzzölle und ihre Auswirkungen auf den EU-Handel
Seit März 2025 erhebt die US-Regierung (erneut) Zusatzzölle auf zahlreiche Produkte aus der EU. Neben den langjährigen Auseinandersetzungen um Stahl- und Aluminiumimporte, die mit einem Zollsatz von 25 % belegt sind, kommen nun auch Zölle von 25 % auf Fahrzeuge und Fahrzeugteile hinzu. Zusätzlich wurde die Einführung pauschaler Sonderzölle auf alle Waren aus der EU, der sogenannte ‚reziproke Zoll‘, angekündigt. Diese Maßnahme wurde zwar vorerst für 90 Tage ausgesetzt, bleibt jedoch im Raum und könnte jederzeit aktiviert werden. Ziel der US-Seite ist es, politischen Druck zur Neuverhandlung bestehender Handelsregeln auszuüben.

EU reagiert mit mehrstufigem Gegenmodell
Die Europäische Union reagiert auf die US-Maßnahmen mit einem abgestuften Zollpaket –  konkret geregelt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2025/778 und begleitet von einer temporären Aussetzung (DVO 2025/786) im Sinne eines Verhandlungsspielraums bis 14. Juli 2025.

• Stufe 1 (ursprünglich geplant ab 15. April 2025): Wiedereinsetzung der Zölle aus 2018 auf bestimmte US-Waren mit Zollsätzen von 10 % bis 25 %. Dies betrifft unter anderem Lebensmittel wie Zuckermais, Reis und Orangensaft, Textilien, Glaswaren sowie Motorräder.

• Stufe 2 (ursprünglich geplant ab 16. Mai 2025): Einführung zusätzlicher Zölle von 25 % auf weitere Erzeugnisse aus Eisen, Stahl, Aluminium sowie zusätzliche Waren im Bereich Lebensmittel, Textilien und Kunststoffe.

• Stufe 3 (ab 1. Dezember 2025): Weitere Zölle von 25 % auf zusätzliche Lebensmittel und andere betroffene Produkte.

„Unternehmen müssen sich auf diese neuen Regelungen einstellen. Die Zollsituation wird sich durch die stufenweise Einführung der EU-Gegenmaßnahmen weiter verschärfen, was die Notwendigkeit einer präzisen Planung und Risikobewertung noch dringlicher macht“, erklärt Peter Pichler.

Die Aktualität dieses Themas verdeutlicht auch die Ankündigung vom 8.5.2025, wonach die Europäische Kommission weitere Sonderzölle auf US-Exporte vorbereitet, soweit die Verhandlungen mit den USA nicht zu einer Lösung führen. Demnach steht die Erhebung von Sonderzöllen für Auto- und Flugzeugteile sowie bestimmte Maschinen, Chemikalien und Agrarprodukte aus den USA im Raum.

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