Auch die Unito-Gruppe fährt jetzt auf Sicht
© Unito Versand & Dienstleistungen/APA/Hörmandinger
RETAIL Redaktion 24.04.2020

Auch die Unito-Gruppe fährt jetzt auf Sicht

Das Konsumentenverhalten ist volatil, eine Prognose für 2020 nicht möglich, so Unito-Chef Harald Gutschi.

••• Von Christian Novacek

Die Unito-Gruppe ist mit dem Geschäftsjahr 2019/20 zufrieden: Die Online-Kundenumsätze legen im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent zu, der Online-Anteil liegt bereits bei 95%. „Im Kernmarkt Österreich haben wir sogar ein Wachstum von 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr”, berichtet Unito-Chef Harald Gutschi unter Verweis darauf, dass Unito im Digital Retail stärker wächst als der Markt.

Der Gesamtumsatz der Unternehmensgruppe in der Höhe von 364,7 Mio. € geht im Vorjahresvergleich um 2,9% zurück. Der schlichte Grund dafür: die bewusste Reduzierung von Print-Werbemitteln. „Der Kunde entscheidet, und wir orientieren uns daran. Den Hauptkatalog gibt es nicht mehr, die Auflagen saisonaler Kataloge und Mailings wurden um 60 Prozent, die aufgelegten Seiten sogar um 80 Prozent reduziert”, erläutert Gutschi und zieht folgende Conclusio: „Das Print-Geschäft hat an Akzeptanz verloren, deshalb wird dieser Vertriebskanal sukzessive auf eine zukunftsfähige Größenordnung redimensioniert.”
Auf Sortimentsbereiche bezogen, lief es für Unito im Möbelgeschäft besonders gut. Man beansprucht eine „führende Stellung im Möbel-E-Commerce” und setzt ein Ausrufzeichen hinter diesen Anspruch mit einem satten Plus von 10,9% bei Möbeln, Haushaltswaren und Heimtextilien. Mit diesem Rückenwind ausgestattet, will die Gruppe ihre Marktstellung in den ­nächsten Jahren weiter ausbauen.

Alles anders seit März

Das aktuelle Geschäftsleben steht auch für Unito im Zeichen der Umwälzungen und Unsicherheiten, welche der Covid-Lockdown mit sich bringt. Schon seit Anfang März ist die Nachfrage seitens der Kunden stark volatil.

So waren die ersten beiden Wochen nach Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen in Österreich von deutlichen zweistelligen Umsatzrückgängen in allen Sortimentsgruppen (Textil, Möbel, Technik) geprägt. Im Zeitraum Ende März bis voraussichtlich Ende Mai steigt wiederum die Anzahl der Visits in den Online-Shops enorm, parallel kommt es zu starken Verschiebungen in der Kundennachfrage. Der Umsatz im Textilgeschäft (insbesondere saisonale Frühjahrs-, Sommer- und Bademode) verliert zweistellig.
Gerade im Modehandel ortet Gutschi starke Verwerfungen – diesen entgegenzuwirken, funktioniere nur, wenn man „die Hausaufgaben” vor der Krise erledigt hat: „Die Coronakrise beschleunigt die strukturellen Umwälzungen im Handel. Diese lauten: weniger Fläche, mehr Online, zukunftsfähige Geschäftsmodelle, ausgeprägte Kundenorientierung, klarer USP. Wer in diese fünf Pfeiler wenig Assets einbringen kann, wird es schwer haben”, resümiert der Unito-Chef.
Die Handelsgruppe mit den Trägermarken Universal und Otto konnte indes ihre Erlöse bei Hartwaren (vor allem Elektronik, Computer, Haushaltsgeräte wie Kühl- und Gefriergeräte, Spielekonsolen, Wohn- und Einrichtungsgegenstände, Gartenartikel) deutlich zweistellig erhöhen. „Wir freuen uns, mit unseren Sortimenten dazu beitragen zu können, die Grundversorgung der Bevölkerung mit Artikeln des täglichen Bedarfs sicherstellen zu können”, sagt Gutschi.

Massiver Sortimentsausbau

Entsprechend ist die Sortiments­tiefe ein wichtiger strategischer Aspekt bei Unito: „Gerade das breite Sortiment mit über einer Mio. Artikel befruchtet sich gegenseitig. Das Sortiment auf fünf Mio. Artikel in den nächsten drei Jahren auszubauen, ist einer unserer strategischen Schwerpunkte”, betont Gutschi. Seine Einschätzung beinhaltet infolge eine Kampfansage: „Insbesondere in Branchen ist das sinnvoll, wo Österreich die größte Flächendichte der Welt hat und einen noch relativ geringen Online-Anteil. Das ist bei Möbel der Fall.”

Ergo besteht der Fokus von Otto und Universal im Sortimentsausbau von Möbeln. Quelle soll weiter stark bei weißer Ware und Eigenmarken (z.B. Privileg) zulegen.
In der Gesamtperspektive für das laufende Geschäftsjahr ist aber aus Sicht der Unito-Geschäftsführung derzeit keine Prognose möglich. Die Gruppe fährt mit allen ihren Vertriebsmarken und in allen Märkten auf Sicht. Die Steuerung des Tagesgeschäfts erfolgt in vierzehntägiger Taktung. Zahlreiche budgetäre und organisatorische Maßnahmen werden realisiert, um die Finanzkraft auf gewohnt hohem Niveau zu halten. Denn: Unito rechnet mit einem Urknall in der österreichischen Handelslandschaft.

Rasante Evolution

Die Veränderung, die der Handel normalerweise in zehn Jahren durchmacht, wird laut Einschätzung der Unito-Geschäftsführung bereits in den Jahren 2020 und 2021 realisiert. Bereinigungen vor allem im stationären Geschäft sind dabei inbegriffen.

Gutschi: „Die treibende Kraft dahinter ist ein verändertes Kundenverhalten zugunsten von Online. Nicht wir treiben diese Veränderung, sondern unsere Kunden. Stationär wird mit weniger Fläche und somit Kosten mehr Erlebnis bieten müssen. Ich bin froh, mir nicht den Kopf über den Stationärhandel zerbrechen zu müssen, aber Chancen hat dieser auch genug. Diese müssen nur genutzt werden.”

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