Chinas Zollstraße
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Kleidung aus Chinas Produktion geht über Piräus in Griechenland nach Ungarn – und wird vermutlich zu niedrig verzollt.
RETAIL Redaktion 08.06.2018

Chinas Zollstraße

Griechenland und Ungarn sollen die neuen Zentren für Zollbetrug mit importierter Kleidung aus China sein.

BRÜSSEL. Ermittler der Europäischen Union verdächtigen Griechenland und Ungarn als neue Zentren für einen breit angelegten Zollbetrug mit importierter Kleidung aus China. Die Auswertung von Zollerklärungen der beiden Länder habe in den vergangenen zwei Jahren einen Anstieg von zu niedrig bewerteten Kleidungsstücken und Schuhen aus China aufgedeckt, sagen Vertreter der EU-Anti-Betrugsbehörde (Olaf).

Zollbetrug in großem Stil

Der Trend gehe mit einem Rückgang von unterbewerteten China-Importen in Großbritannien einher. Deshalb vermutet die Behörde, dass sich der zunächst in Großbritannien aufgedeckte Zollbetrug mit chinesischen Einfuhren nun nach Griechenland und Ungarn verlagert hat. Die EU-Kommission verlangt von London in diesem Jahr 2,7 Mrd. € nicht entrichteter Zölle.

Zollabgaben sind eine wichtige Einnahmequelle der Europäischen Union. Sie werden von den nationalen Behörden erhoben und dann nach Brüssel überwiesen. Wird der Wert der nach Europa eingeführten Ware zu niedrig angegeben, werden die Zölle gedrückt, und dem EU-Haushalt können Summen in Milliardenhöhe entgehen. Die EU-Ermittler gehen davon aus, dass die Betrüger die Infrastruktur des von China vorangetriebenen Projekts einer neuen Seidenstraße zwischen Asien und Europa genutzt haben. Der Hafen von Piräus ist seit 2016 mehrheitlich im Besitz der staatlichen chinesischen Cosco Shipping. China will den größten griechischen Hafen als Eingangstor nach Europa nutzen und für schnellere Verbindungen zwischen Athen und Ungarns Hauptstadt Budapest sorgen.

Neue Ausweichroute

Denkbar ist EU-Vertretern zufolge, dass die Entscheidung der Briten zum EU-Austritt kriminelle chinesische Gruppen nach neuen Wegen suchen ließ, um die Zölle für Güter aus der Volksrepublik zu drücken. Während die britischen Häfen von Dover und Felixstowe 2017 noch die Hauptumschlagsplätze für zu niedrig ausgewiesene chinesische Importe waren, hätten strengere Kontrollen des britischen Zolls den Zufluss in diesem Jahr nahezu gestoppt. Olaf-Direktor Ernesto Bianchi kündigte eine stärkere Überwachung von Importen an. (APA)

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