Der langsame Weg zur Digitalisierung
© Hutchison Drei Austria/APA-Fotoservice/Reither
RETAIL Redaktion 03.11.2023

Der langsame Weg zur Digitalisierung

Der Handel holt in Sachen digitale Transformation im Vergleich zu anderen Branchen auf, lässt aber noch viel Potenzial liegen.

••• Von Paul Hafner

Die Digitalisierung der österreichischen Unternehmenslandschaft ist mit Ausbruch der Pandemie ins Stocken geraten und stagniert auch in der teuerungsgeprägten „Post-Covid-Ära” – doch gerade im Handel, wo ihr Voranschreiten eher gemächlich vonstatten geht, zeigt sich für das heurige Jahr eine Aufwärtsbewegung. Das offenbart der kürzlich veröffentlichte „Digitalisierungsindex 2023” für Österreich, der vom Telekommunikationsanbieter Drei bei Arthur D. Little und marketmind in Auftrag gegeben wurde.

Nachdem der Handel im Branchenvergleich im Vorjahr etwas ins Hintertreffen gekommen war, konnte er heuer seinen Indexwert von 32 auf 35 von 100 Punkte steigern und liegt damit genau im österreichischen Mittelfeld; gleichzeitig betrachten ihn die Studienautoren als eine jener Branchen mit besonders viel ungenutztem Potenzial.

Kleinbetriebe im Hintertreffen

„Wir haben nach der Pandemie den Fuß vom Gas genommen”, resümiert Drei-CEO Rudolf Schrefl. Während sich gemäß Erhebung größere und mittlere Unternehmen anhaltend positiv entwickeln, fallen kleine Betriebe mit unter 20 Mitarbeitern immer weiter zurück. Vor allem in der Landwirtschaft – mit 21 von 100 Punkten Schlusslicht im Branchenranking – gebe es starken Aufholbedarf, aber auch der Handel und Tourismus als wesentliche Wirtschaftszweige Österreichs hätten noch viel Luft nach oben.

Vorbehalte bei KI-Einsatz

Als größte Chancen der digitalen Transformation sieht der Handel die Zukunftssicherheit des Unternehmens (47,9%), die Gewinnung von Neukunden (47,5%) sowie die Kostenersparnis (41,9%). Die Erschließung neuer Märkte (25,6%) oder neuer Einnahmequellen (27,4%) wird indes nur von jeweils etwas mehr als einem Viertel der Befragten als Faktor für digitale Transformationsprozesse erachtet.

Umgekehrt werden gesetz­lichen Hürden (41,9%) und fehlendes Know-how (39,1%) bei den befragten Handelsunternehmen als die größten Heraus­forderungen bei der Digitalisierung gesehen. Analog dazu ist auch der Ruf nach Beratung laut wie nie, mehr als ein Drittel (34%) wünscht sich diese. 29% geben an, eine verbesserte IT-Infrastruktur zu benötigen. Groß ist die Unsicherheit beim Megatrend Künstliche Intelligenz: Noch kaum ein Handelsunternehmen – unter einem Prozent – nutzt KI in der Kundenansprache, über alle Branchen hinweg sind dies immerhin fünf Prozent.

Schlüsseltechnologie 5G

Eine entscheidende Rolle bei KI, Homeoffice, Cloud-Nutzung und allen anderen Themen der Digitalisierung kommt der Infrastruktur zu. Gefragt nach der Technologie mit dem größten Einfluss auf die Digitalisierung, wird 5G vom Handel klar als Nummer eins gesehen, dahinter folgen Glasfaser (2.) und WiFi (3.). LoRaWAN („Long Range Wide Area Network”), eine energieeffiziente Funktechnologie mit sehr hoher Reichweite, die als eigenes Mobilfunknetz für vernetzte Geräte („Internet of Things”) entwickelt wurde, wird aktuell noch eine eher geringe Bedeutung zugesprochen.

Generell scheint sich die infrastrukturelle Situation zu verbessern: Eine fehlende leistungsstarke Internetverbindung war im vergangenen Jahr noch für 25% der Betriebe ein Thema, heuer sind es nur noch 22%.

Anreize gefordert

„Mit den rasanten Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz werden Vernetzung, Datennutzung sowie digitale Lösungen für die künftige Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Klein- und Mittelunternehmen noch wichtiger werden. Dabei sagen so viele Betriebe wie noch nie, ihnen fehlen die Mittel und das Wissen für das, was jetzt notwendig ist”, analysiert Schrefl. Nichts sei der Studie nach so deutlich gestiegen wie „der Wunsch nach Beratung und Unterstützung. Was es jetzt braucht, sind zusätzliche Unterstützung und Anreize, um der Digitalisierung neuen Wind zu geben und Österreich weiter voranzubringen.”

Dazu gehöre etwa die Beschleunigung des gleichzeitigen Ausbaus von 5G und Glasfaser – angesichts der Vielzahl der Anwedungen, auch im mobilen Bereich, werde man beide Technologien brauchen. Vor allem aber bedürfe es einer „Umschichtung eines großen Teils der verbleibenden 400 Mio. Euro aus der Breitbandmilliarde in einen Digitalisierungsscheck für Haushalte und Unternehmen. Das ist dringend notwendig, damit vor allem die KMU nicht zurückbleiben”, warnt Schrefl. (red)

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