Die finstere Brille••• Von Natalie Oberhollenzer
ES STINKT. Zuerst eine Preisfrage: Was, glauben Sie, sind die drei gefährlichsten Tiere der Welt? Löwen? Krokodile? Haie? Falsch, falsch und falsch! Es sind die kleinen Biester, die am meisten Menschen auf dem Gewissen haben. Auf Platz drei rangiert der kleine giftige Skorpion (5.000 Tote im Jahr); Platz zwei geht mit bis zu 100.000 Toten im Jahr an die Schlange. Und ganz oben auf der Liste steht das mikrigste, Tier, nämlich die Anophoheles-Mücke; sie sorgt jedes Jahr für rund 2,7 Millionen Malaria-Tote. Doch nun zum eigentlichem Thema, dem Käse-Konflikt, der sich zwischen Brüssel und Rom abspielt.
Passiert ist Folgendes: Die EU will das in Italien geltende Verbot kippen, wonach die Herstellung von Käse aus Milchpulver untersagt ist. Es gehe um das Schaffen von freien, einheitlichen Marktbedigungen, argumentieren die Funktionäre der Union. Doch dahinter steckt wohl auch Lobbying-Arbeit der großen Molkereikonzerne. Denn Lactalis (dem Galbani und die Mehrheit an Parmalat gehört), Danone, Nestlé & Co. wollen in Bella Italia das tun, was sie in vielen anderen EU-Ländern auch dürfen: Käse mithilfe von Milchpulver billiger und effizienter herstellen. Nicht wenige Italiener kochen vor Wut – zumal die EU schon vor rund 15 Jahren dafür gesorgt hat, dass eine Menge kleiner Spezialitätenkäsereien im ganzen Land für immer zusperren musste, weil sie die neuen Vorgaben aus Brüssel (gekachelte Produktionsräume, hygienische, keimfreie Herstellungsweise) nicht erfüllen konnten. Diesmal will man den Pulverkäsekonzernen nicht kampflos das Feld überlassen. Die Slow Food-Bewegung hat mit ihrer Petition „Nein zum Milchpulver” bereits 150.000 Unterschriften gesammelt und will damit Druck auf die Regierung in Rom ausüben.
Milchpulver, ja oder nein?
Das Verbot in Italien aufrechtzuerhalten, ist, geradeheraus gesagt, schwierig bis unmöglich. Dabei gehen die Meinungen darüber, wie sehr sich die EU in solche Belange einmischen soll, weit auseinander. Kollege Walter etwa hält wenig von solchen Macharten. „Wenns ums Essen geht, dann sollten wir nach Italien schauen. Weil die Leute dort verstehen was davon”, meint er. „Und wenn die Italiener keinen Pulverkäse erlauben, dann sollte er am besten in ganz Europa verboten werden.” Paolo aus dem Veneto sieht das anders: „Wenn Leute andernorts gern Plastikkäse essen, dann sollen sie das dürfen. Nur ich will nichts wissen von dem widerlichen Zeug.” Fest steht, dass sich einmal mehr zeigen wird, inwieweit die EU die Idee des freien Markts über die Produktqualität stellt.