Digitale Backmaschine: Die Lehre im Handel
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RETAIL christian novacek 11.01.2019

Digitale Backmaschine: Die Lehre im Handel

In der Lehrlingsausbildung haben sich die Händler viel überlegt, Digitalisierung spielt die zweite Hauptrolle.

••• Von Christian Novacek

Darin sind sich die beiden Marktführer im LEH, Rewe International und Spar AG, einig: Lehrlinge sind die Führungskräfte von morgen. Christoph Matschke, Vorstand der Rewe International AG, formuliert es so: „Zukunftssicher agieren bedeutet für uns auch, punktgenau die richtigen Lehrberufe auszubilden. Es war mir daher ein ganz besonderes Anliegen, dass wir Lehren in den Bereichen E-Commerce und Coding anbieten können, denn letztendlich sind unsere jungen Mitarbeiter unsere Führungskräfte von morgen.” Und seitens Spar heißt es: Karriere nach der Lehre ist nicht nur ein Slogan, sondern gelebte Realität – belegt mit Beispielen in der Chefetage von Vorarlberg bis ins Burgenland.

Die Palette an Lehrberufen, die der LEH heute im Portfolio hat, ist in den letzten Jahren ansehnlich gewachsen. Dabei lautet das Standardprogramm zumeist auf Einzelhandelskaufmann/-frau mit den Schwerpunkten Lebensmittelhandel, Parfümerie oder Digitaler Verkauf. Bei Spar ergänzt sich anhand der Sportkette Hervis die Riege der Möglichkeiten um Einzelhandelskauffrau/-mann mit Schwerpunkt Sportartikel.
Im Großformat lautet sodann die Berufswahl auf Großhandelskauffrau/mann, weiters gibt es Perspektiven im Fleischverkauf, als Betriebslogistikkauffrau/-mann bis hin zu Bürokauffrau/mann, Einkäufer/in, Konditor oder Drogist.
Bei Rewe umspannt somit der Reigen der Jobvielfalt satte 23, bei Spar nicht minder imposante 21 verschiedene Lehrberufe. Im 10-Jahresvergleich bietet Rewe International heute um 48% mehr Lehrlinge aus.
Neu geschaffene Lehren im Bereich E-Commerce und zur Applikationsentwicklung (Rewe International) zeigen, dass der Zug in Richtung Omnichannel-Handel und Digitalisierung im heimischen Handel weiter Fahrt aufnimmt. Aber auch abseits der Digitalisierung ist der Blick über den Tellerrand angesagt: Zusatzausbildungen wie Käse-Experten, Fairtrade-Botschafter, Bio-Experten oder Green Champions (alle: Spar) sind wohlklingende Bezeichnungen für angehende Fachprofis.

Wohlfühlen im Niedriglohn

Warum all die vielen Investitionen in neue Lehrgefilde? Nicht zuletzt bemüht sich der Handel deswegen um Attraktivitätssteigerung, um ein Manko auszubügeln: Hochbezahlt sind die rd. 450.000 Beschäftigten im Handel nämlich nicht. Immerhin: Nach der im Spätherbst erzielten Einigung der Sozialpartner in Sachen Handelskollektivvertrags-Löhne wurde die Lehrlingsentschädigung um durchschnittlich acht Prozent erhöht. Die Lehrlingsentschädigungen liegen damit bei 650 € im ersten Lehrjahr, 820 im zweiten, 1.000 im dritten und 1.150 € im vierten. 2020 sollen die Sätze auf 700, 900, 1.100 und 1.200 € steigen.

Trotz dieser beachtlichen Steigerung lautet ein probates Lockmittel des Lebensmitteldiskonters Hofer nach wie vor auf eine Bezahlung, die „im Branchenvergleich überdurchschnittlich hoch ist”. Auch Spar will mit Überzahlung attraktiver werden und bietet die im KV ausgedealte Staffelung nicht erst 2020, sondern bereits ab 1. September 2019 an – inklusive Zuschlag im 3. Lehrjahr auf 1.210 €.
Offensichtlich herrscht also um die jungen Nachwuchskräfte ein regelrechtes Griss: Hofer sucht österreichweit 190 Lehrlinge, Spar 900. Rewe-Chef Marcel Haraszti versteht es als klares Zeichen, „dass wir heute eineinhalbmal so viele Lehrlinge ausbilden wie noch vor zehn Jahren” – und verweist auf 1.800 Lehrlinge, die sich derzeit in Ausbildung befinden.

Zusätzliche Anreize schaffen

In Sachen Attraktivierung des Jobs an der Verkaufsfront werden aber nicht nur Jobprofile geschärft und Überzahlungen feilgeboten. Bei Spar lauten die zusätzlichen Anreize auf Prämien und gratis B-Führerschein. Diskonter Lidl wiederum (beschäftigt rd. 100 Lehrlinge) setzt auf Lehrlingsworkshops, die vier Mal im Jahr stattfinden. Schon seit Längerem etabliert und gleichfalls ein Erfolgssystem: die Lehre mit Matura.

Lehrstellen im Möbelhandel

Auch der Möbelhandel versteht es derzeit ausgezeichnet, sich mit Lehrlingen auszustaffieren: kika/Leiner hat nach der Neupositionierung (und einer Trendwende hin zu schwarzen Zahlen per Jahresende) angekündigt, ab dem Jahr 2019 bis zu 140 Lehrlinge in ganz Österreich einzustellen. Die Palette klingt hier etwas anders als im LEH und lautet auf Ausbildungsplätze in den Bereichen Einzelhandel mit Schwerpunkt Einrichtungsberatung, Büro, Systemgastronomie, Betriebslogistik sowie in der Zentrale in St. Pölten in IT-Technik, Finanz- und Rechnungswesen sowie Medienfachfrau/-mann.

Marktführer im Möbelhandel ist die XXXLutz-Gruppe – sie investiert besonders stark in die Lehrlingsausbildung und schafft 2019 gar 650 neue Lehrplätze in unterschiedlichen Unternehmensbereichen. „Anfang Jänner liegen den 2,5 Millionen XXXLutz-Flugblättern Lehrlingsfolder mit allen Informationen und Bewerbungsmöglichkeiten bei. Am 25. Jänner können dann alle Lehrstelleninteressierte am Tag der offenen Tür den XXXLutz besuchen”, berichtet entsprechend Thomas Saliger, Unternehmenssprecher der XXXLutz Gruppe.

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