Linz/Traun. „Die Trauner traun sich was!”, war die einhellige Meinung der Branche, als das Familienunternehmen Pfeiffer den dahinkränkelnden Soft-Discounter Zielpunkt mit einem Umsatzvolumen von knapp 500 Mio. € per 1. März 2014 zu 100% übernahm. „Wie geht es euch mit Zielpunkt?”, wird Georg Pfeiffer, Aufsichtsratsvorsitzender der eigenen Firma, seither von Lieferanten und Geschäftsfreunden ständig gefragt. Optimismus zu verströmen, ist daher ein Dauerjob des jungen Großhändlers und seines eCommerce-ambitionierten Führungsduos Erich Schönleitner & Markus Böhm.
Zielpunkt im Umsatzwettlauf
Einigermaßen plausible Befunde über die Genesungsfortschritte des Patienten Zielpunkt lieferten die drei Pfeiffer-Musketiere vergangenen Mittwoch im Linzer Gourmetrestaurant Essig, wo sie sich den Medien stellten, als erste ihrer Zunft 2014er-Umsatzzahlen präsentierten und überhaupt für den Handel Benchmarks der Transparenz im Umgang mit der Öffentlichkeit setzten. Stichwort „Essig”: Aufregend Saures muss die Neuerwerbung Zielpunkt weiterhin im Preiswettbewerb und Umsatzwettlauf auf dem heißen Wiener Einzelhandelspflaster schlucken. Und Balsam(ico) auf diese Unbill ist die anhaltend gute Performance der Gastro-Großhandelssparte mit den Abholmärkten und dem Zustellservice. 150 Haubenlokale scheinen auf der Menükarte der C+C Pfeiffer-Kunden auf. Wenn Unimarkt mit seinen eCommerce-Aktivititäten neuerdings auf 4.0 Marketing setzt, so betreten die Kollegen von der C+C-Fraktion schon seit 2008 mit ihrem Cook 2.0 Exquisit-Programm Neuland im Kulinarik-Marketing.Pfeiffers Gastro-Großhandel liefert die kommerzielle Power für die Zielpunkt-Sanierung. Mit dem Gewinn-Transfer vom C+C in den Einzelhandelssektor steht und fällt der Erfolg des Abenteuers Zielpunkt. C+C Pfeiffer legte 2014 beim Umsatz um 8,4% zu, mit eingerechnet ist der Zugang von 16,6 Umsatzmillionen infolge der Akquisition der steirischen Getränkegroßhandlung Schlacher. Im Geschäftsjahr 2013/2014, das am 28. Februar 2014 endete, erwirtschaftete Pfeiffer C+C ein EGT von 9,1 Mio. €, dem in derselben Periode ein Zielpunkt-Verlust von 11,8 Mio. € gegenüberstand.
14 Filialen geschlossen
Die Zielpunkt-Umsätze lagen im Kalenderjahr 2014 laut GfK kons-tant um 11 bis 12% unter dem Niveau von 2013. Zurückzuführen ist dieser Rückgang auf die Schließung von 14 Filialen im Herbst 2013, die wesentlich 2014 umsatzwirksam wurde. Flächenbereinigt kam das zum Supermarkt umpositionierte Ladenformat mit seinen 247 Filialen laut Schönleitner auf ein Umsatzplus von 2,03% und wuchs laut Nielsen überproportional zum Branchenschnitt. Die Übernahme der 223 Feinkostabteilungen von Schirnhofer, die im November vergangenen Jahres vorzeitig abgeschlossen wurde, hat somit per Saldo zu keinen Umsatzeinbußen geführt; vielmehr erhöhten sich die Verkäufe in diesem Sortiment um 0,7%.
Sanierung auf Kostenseite
Der entscheidende Fortschritt der Zielpunkt-Sanierung fand nicht auf der Umsatz-, sondern auf der Kostenseite statt. Im Jahr 2012 fuhr Zielpunkt noch einen Verlust von rund 30 Mio. € ein; 14 Monate später, im Geschäftsjahr, das per 28.2.2014 endete, reduzierte sich der Jahresfehlbetrag auf 11,7 Mio. €. Damit liegt man mit der Sanierung im Plan. 2016 will Zielpunkt erstmals schwarze Zahlen schreiben. Der Ausstieg aus der defizitären Schirnhofer-Allianz ist eine wesentliche Costcutting-Maßnahme, die greift.Zielpunkt braucht weiterhin Geld – nicht nur zur Verlustabdeckung, sondern ebenso für Investitionen. Auch in dieser Hinsicht bewährt sich C+C Pfeiffer als Cashcow. Der jährliche Cashflow des Gesamtunternehmens, überdurchschnittlich vom Gastro-Großhandel gespeist, liegt bei rund 20 Mio. €; davon fließt rund die Hälfte in Zielpunkt. 2015 werden insgesamt 22 Mio. € investiert, davon entfällt die Hälfte auf die Modernisierung der Wiener Zielpunkt-Filialen.Entsprechend langsam geht der Gesamtrelaunch über die Bühne. 2014 wurden zwei Wiener Standorte auf das neue Ladenmodell umgerüstet, zwei weitere Umbauten folgen heuer, dazu ein dritter in Niederösterreich (Münchendorf). Die Hoffnung, das Zielpunkt-Wachstum durch die Akquisition von Franchisenehmern zu beschleunigen, hält sich in Grenzen. 2016 soll der erste Franchisepartner starten, mit über 20 Interessenten wird verhandelt. Bessere Wachstumschancen tun sich weiterhin im Gastro-Großhandel auf, wo der Strukturbereinigungsprozess der Branche voll im Gange ist und Pfeiffer immer wieder Übernahmeangebote erhält. Die Liste der Projekte für 2015 ist lang; sie reicht vom Multi Channel-Prototyp bei Unimarkt, als Testlabor für Digital Retailing, über den forcierten Ausbau der Abholstationen für den Online-Verkauf und die Weiterentwicklung der Ethno-Sortimente bei Zielpunkt bis zur Trinkwerk-Offensive im Getränke-Zustellgroßhandel. Die drei Pfeiffer-Musketiere drehen an vielen Rädchen und sie kämpfen mit feiner Klinge. Sie vernetzen sich mit der Wissenschaft (Technologiepark Hagenberg), innovativen Logis-tikern wie der Post AG, mit Business Angels wie Werner Wutscher und Cross Channel-Praktikern wie dem Thalia-Chef Josef Pretzl, der kürzlich in den Aufsichtsrat der Unimärkte berufen wurde.