Drogeriefachhandel im krassen Strukturwandel
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RETAIL Eva Kaiserseder 08.06.2018

Drogeriefachhandel im krassen Strukturwandel

Der DFH wächst und wächst – unkontrolliert, denn die Grenzen zu anderen Branchen bröckeln.

••• Von Eva Kaiserseder

Pink gegen Öko, lautete das jahrelange Match im heimischen Drogeriefachhandel, ein Klassiker wie Rapid gegen Austria. Was dereinst zielgruppentechnisch „eine gemähte Wiesn” war, ist längst nicht mehr so eindeutig, wildern die zwei größten Player – dm und Bipa – doch mittlerweile recht ordentlich im einstigen Revier des direkten Mitbewerbs. Dass die Österreicher aber so oder so gern Geld im Drogeriefachmarkt des Vertrauens lassen, beweisen die aktuellen RegioData-Zahlen: Aktuell 4,9 Mrd. € schwer ist der DFH-Markt, heißt: Jeder Österreicher gibt im Schnitt 604 € pro Jahr aus. Deutliche Anstiege gab es bei Kosmetik, Parfums und Bioprodukten, während Körperpflege, Haushaltsreiniger und Tiernahrung stabil blieben. Und: Der Markt ist im letzten Jahrzehnt rasant gewachsen, deutlich schneller als der gesamte Einzelhandel. 36% Zuwachsrate gab es seit 2006. Einen interessanten Fokus beleuchten die wesentlich weiter als Nielsen gefassten RegioData-Zahlen außerdem hinsichtlich wachsender Monolabel-Stores: Lush, The Body Shop oder Rituals liegen im Trend. Noch ist das Pflänzchen zart und umsatzmäßig klein, allerdings zeigt sich eine gute Entwicklung ähnlich der Textil- oder Möbelbranche, so RegioData.

dm: 8,4 Prozent plus im 1. Hj.

Die Marktführerschaft holte wie erwartet dm mit 33% Marktanteil. Wobei Vorstandsvorsitzender Martin Engelmann die Wichtigkeit der „qualitativen Marktführerschaft” hervorstreicht: „Die Bewertung des Gesamtkunstwerks dm und der möglichst hohe Anteil der Bedürfniserfüllung ist das wichtigste.” Und: Eine Marktführerschaft sei durchaus differenziert zu betrachten, denn „den DFH in seiner alten Definition gibt es heute nicht mehr, und auch die derzeit im Nielsen-Universum als Drogeriefachhändler erfassten Unternehmen dm, Bipa und Müller haben drei unterschiedliche Konzepte. Es wird also in Zukunft – auch anlässlich der zunehmenden Multichannel-Präsenz – immer schwerer werden, Märkte eindeutig voneinander abzugrenzen.” 2018 läuft für dm weiterhin rund: 8,4 Prozent plus in Österreich und CEE, davon ein hiesiger Umsatz von 456 Mio. € (plus 1,6%) wurden für das erste Halbjahr bekannt gegeben. Mit April wurde außerdem das einstige Kundenbindungstool, die lila dm Karte, in Pension geschickt. Das Multipartner-Bonusprogramm Payback, seit 17 Jahren in Deutschland mit dm verbandelt, kam stattdessen zum Zug : Über 500.000 Konsumenten haben sich bisher an- bzw. umgemeldet.

Bipa braucht den Turnaround

Weniger rund läuft es für die rosarote Konkurrenz: Sattsam bekannt, verlässt sich Bipa längst nicht mehr auf die einstigen Flaggschiffe Duftkompetenz und dekorative Kosmetik, sondern hat 2017 den größten Sortimentsumbau in der Geschichte des Unternehmes hingelegt, inklusive neuem Shopkonzept: Notwendig angesichts der sukzessive schwindenden Umsätze, die 2016 minus 4,46 Prozent betrugen und 2017 noch einmal mit vier Prozent zu Buche schlugen. 2.500 neue Produkte haben das Sortiment aufgefettet, außerdem stellte man sich in den Bereichen Food, Snacking und Nahrungsergänzung gänzlich neu auf. Mit Alnatura hat man die 2015 zur Rewe gewechselte Marke als Bio-Aushängeschild positioniert, das Sortiment ist naturgemäß wesentlich kompakter gehalten als bei Billa oder Merkur. Dass mit dem Komplettrelaunch der „Baustelle Bipa” auch die unvermeidlichen Filialschließungen einhergehen, hat Marcel Haraszti, Bereichsvorstand für das Rewe-Vollsortiment, schon im April kundgetan – heuer sollen insgesamt 13 Filialen zusperren. Viel verspricht sich Bipa von der Umgestaltung der Shops: Da, wo einst plakatives Pink die Vorherrschaft hatte, will man mit sanften Farben, Naturmaterialien und warmem Licht gegensteuern und Klientel abholen. Das erste Quartal 2018 macht Hoffnung: Ein solides Plus von sieben Prozent im Umsatz dürfte Marcel Haraszti erst mal ein erleichtertes Aufatmen bescheren.

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