••• Von Paul Hafner
WIEN. Es ist fast ein Jahr vergangen, seit Umweltministerin Leonore Gewessler Anfang September 2020 ihren „Drei-Punkte-Plan” gegen Plastikmüll vorstellte. Dieser sah neben einer verpflichtenden Mehrwegquote und einer Abgabe für die Erstellung und den Import von Kunststoffen ein Pfand auf Einwegflaschen vor – und sorgte für eine Menge Aufregung. Als Wortführer gegen die Einführung taten sich insbesondere WKO-Handelsspartenobmann Rainer Trefelik und Nah&Frisch-Geschäftsführer Hannes Wuchterl hervor.
In den im April 2021 vorgestellten Entwurf zum Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) schaffte es – trotz des Supports von Diskonter Lidl, der sich nicht nur als einziger Einzelhändler pro Einwegpfand bekannte, sondern auch medienwirksam einen entsprechenden Rückgabeautomaten vorstellte – schließlich nur die verpflichtende Mehrwegquote (ab 2024). Ein Kompromiss, von dem sich erwartungsgemäß niemand begeistert zeigte: Die einen vermissten den „großen Wurf” und sahen einen Kniefall vor der Wirtschaft und dem Koalitionspartner, den anderen gingen die Maßnahmen nicht weit genug; doch kehrte bis auf Weiteres Ruhe ein.
Mit dieser scheint es nun wieder einmal vorbei: Mit immer mehr Unterstützern aus der Getränkebranche im Rücken kurbeln die Befürworter die Debatte neuerlich an – optimistisch, dass sich die Vorzeichen allmählich wirklich verschieben könnten.
Unterstützung wächst
„Eine wachsende Unterstützung seitens der Getränkehersteller für ein Pfand auf PET-Flaschen ist ein klares Signal: Jetzt haben wir die letzte Chance, um über die konkrete Umsetzung eines Einweg-Pfandsystems in Österreich zu diskutieren”, appelliert Christian Abl, Geschäftsführer der Österreichischen Pfandsystemgesellschaft (ÖPG), die Gunst der Stunde zu nutzen. Führende Getränkehersteller, darunter Coca-Cola und Almdudler, bekennen sich mittlerweile ausdrücklich zur Einführung eines modernen Einweg-Pfandsystems; Diskonter Hofer verkündete kürzlich einen Rückgabe-Pilotversuch in acht Filialen in Oberösterreich, und auch die Rewe spricht sich zumindest für eine „Enttabuisierung” aus.
„Nur mit einem modernen Einweg-Pfandsystem kann Österreich die vereinbarten EU-Sammel- und Recyclingziele rechtzeitig erreichen und die drohende Rohstoffkrise bei Recyclingmaterialien noch abwenden”, drückt Abl aufs Tempo – und verweist auf drohende Strafzahlungen an die EU in Millionenhöhe, die im Falle eines Verfehlens der 90%-Höhe bis 2029 – aktuell hält man bei 70% – fällig würden. Entsprechend arbeite die ÖPG bereits „mit internationalem Know-how an einer Pfandlösung für Österreich”.
Stimmungswandel
Dass es trotz der wachsenden Befürworterschaft – oder, je nach Perspektive, einem Bröckeln der Widerstände – so bald zu einer Anwendung einer solchen Lösung kommen dürfte, scheint unwahrscheinlich; immerhin fand sich das Einwegpfand, wie eingangs erwähnt, auch nicht im Gesetzesentwurf zur AWG-Novelle wieder. Nicht zuletzt dank der im März gestarteten RecycleMich-Initiative samt von Reclay entwickelter Sammel-App, die von über 35 Getränkeherstellern Österreichs unterstützt wird und den angesprochenen Signalen aus dem Handel scheint die Einführung des Einwegpfands aber tatsächlich nur noch eine Frage der Zeit zu sein.
Bis es so weit ist, gilt es aber noch eine Menge an Fragen zu klären, allen voran jene nach einer Regelung für selbstständige Kaufleute: Ein Rücknahmezwang stellt insbesondere in kleinen Geschäften ein Platz- und Ressourcenproblem dar. Gleichzeitig droht ihr Aussterben, wenn Kunden zur Rückgabe in große Supermärkten pilgern müssen – und dort auch gleich der Wochenendeinkauf absolviert wird. Hier sind die Pfandbefürworter bis heute geschlossen brauchbare Lösungsansätze schuldig geblieben.