Franchise: Strahlende Zukunft nach Corona?
© Unimarkt/Michael Hügel
RETAIL Redaktion 03.07.2020

Franchise: Strahlende Zukunft nach Corona?

"medianet" bat ÖFV-Präsident und Unimarkt-Geschäftsführer Andreas Haider zum Gespräch.

••• Von Paul Hafner

Andreas Haider ist Präsident des Österreichischen Franchise Verbandes (ÖFV) und als Geschäftsführer der Supermarktkette Unimarkt selbst Franchise-Geber. Im medianet-Gespräch spricht er über Auswirkungen der Coronakrise und zieht ein Resümee des ersten „Tag des Franchise” sowie der erstmals in Wien abgehaltenen European Master & Multi-Unit Franchise Conference.

medianet: Im Herbst präsentierte der ÖFV eine Studie, die der Franchise-Szene ein gesundes Wachstum bei den FranchiseSystemen sowie im Umsatz des gesamten Wirtschaftszweigs bescheinigte. Mit welchen mittelfristigen Auswirkungen rechnen Sie angesichts der Corona­krise, welche Herausforderungen erwartet die Franchise-Szene in den nächsten ein, zwei Jahren?
Andreas Haider: Da Franchise eine Vertriebsform und in unterschiedlichen Branchen tätig ist, sind natürlich auch die Auswirkungen in den jeweiligen Kategorien unterschiedlich. Wir sprechen in Österreich von vier Sektoren: Handel, Gastronomie, Dienstleistung und Gewerbe/Handwerk. Ich denke, dass alle Bereiche aufgrund der allgemeineren wirtschaftlichen Herausforderungen direkt und indirekt in den nächsten zwei Jahren betroffen sein werden. Doch in jeder Krise steckt auch eine Chance. So hat sich gerade in den letzten Wochen gezeigt, dass Unternehmer in einem Franchise-Konzept durch die Arbeits- und Risikoteilung zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer deutlich besser durch die Krise gekommen sind, als Unternehmer, die auf sich alleine gestellt waren. So sehe ich, als Präsident des ÖFV, nachhaltig einen Anstieg von Franchise-Nehmern bei unseren Mitgliedern, der stärker ausfällt als vor der Krise.

medianet:
Im Jänner fand die European Master & Multi-Unit Franchise Conference erstmals in Wien statt. Der ÖFV ist Partner der Konferenz. Was ziehen Sie für ein Resümee, wie war die Rückmeldung der Teilnehmer?
Haider:
Es war für Österreich eine tolle Veranstaltung, was sich schon an der Tatsache zeigte, dass sich hier die internationalen Größen der Franchise-Szene getroffen haben. Gerade in den Bereichen Multi-Unit- und Master-Franchise haben wir in Österreich noch großes Potenzial, da die Franchise-Nehmer hierzulande meistens nur einen Standort aus einem System betreiben. Eine Ausnahme stellt hier sicherlich McDonald’s dar, wo die meisten Franchise-Nehmer auch mehrere Standorte betreiben. Noch nicht üblich ist bei uns, dass ein Franchise-Nehmer Lizenznehmer von mehreren Marken ist – da gibt es noch einiges zu tun.

medianet: Ein Novum war der am 15. April abgehaltene ‚Tag des Franchise', bei dem die soziale Verantwortung der Szene im Mittelpunkt stand. Die Krise verhinderte eine Reihe geplanter Aktionen. Wie wurde der Tag letztlich begangen?
Haider: Mit dem ersten ‚Tag des Franchising' wollte man zeigen, was viele kleine Aktionen in der Gemeinschaft bewirken können. Gerade in Zeiten wie diesen ist das Miteinander essenziell, und obwohl auch die Franchise-Szene vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen steht, haben es sich namhafte Franchise-Systeme nicht nehmen lassen, Gutes für unsere Gesellschaft zu leisten. Neben der Unterstützung der Caritas Corona Nothilfe wurde der Tag von den Mitgliedern des ÖFV zum Anlass genommen, um Sozialprojekte wie das SOS-Kinderdorf Oberösterreich, die Volkshilfe Österreich, den ArcusHof in Neumarkt am Wallersee, die Roten Nasen Clowndoctors, die St. Anna Kinderkrebsforschung, den Verein Simultania Liechtenstein und die Organisation Target e.V. Rüdiger Nehberg zu unterstützen. Ebenso wurde für hilfsbedürftige Menschen in Wien und Salzburg gekocht. Alltagshelden in Spitälern, Rettungs- und Polizeistationen sowie obdachlose bzw. hilfsbedürftige Menschen wurden mit Sandwiches und Wraps versorgt. Außerdem wurde in Kooperation mit dem Österreichischen Roten Kreuz ein Wohnungs-Not Fonds eingerichtet, um Familien, die in finanzielle Notlage geraten sind, unter die Arme zu greifen. Wir von Unimarkt verkauften in dieser Woche verstärkt unser Friedensbrot in unseren Standorten, davon wurde ein Teil des Erlöses an SOS Kinderdörfer gespendet. Es ist erfreulich, dass die österreichische Franchise-Szene auch in Krisenzeiten an ihre soziale Verantwortung denkt. 2021 wird der ‚Tag des Franchising' seine Wiederholung finden, wir hoffen in geplanter Art und Weise.

medianet: Der Franchise Verband zählt derzeit rund 135 Mitglieder. Welche Vorteile haben Franchise-Geber, die dem ÖFV beitreten?
Haider: Das sind jene Franchise-Geber, die Franchise-Partnerschaft auch wirklich leben und besonders ernst nehmen. Aufgrund unserer unterschiedlichen Aktivitäten und Informationsaus- und -weitergaben haben unsere Mitglieder deutlich mehr Wissensstand über die DNA von Franchise und können somit ihre Franchise-Nehmer noch besser servicieren. Besonders durch unseren Rechtsausschuss sind unsere Mitglieder immer am aktuellen Stand der Gesetzgebung. Als integrativer Motor der Franchise-Szene vertritt der ÖFV die Interessen seiner Mitglieder in der Öffentlichkeit und forciert den Austausch mit Wirtschaft, Wissenschaft, ­Politik und Öffentlichkeit, um die nachhaltige Qualitäts­sicherung im ­Franchising zu fördern.

medianet: Was hat es mit dem Systemcheck auf sich und was genau macht dabei ein ‚Geprüftes Mitglied' aus?
Haider: Die Franchise-Szene ist vielfältig und bunt. Doch eines haben alle Systeme branchenübergreifend gemeinsam: Je höher der Qualitätsanspruch und die Klarheit über die vereinbarten Spielregeln auf beiden Seiten sind, desto erfolgreicher ist die Zusammenarbeit zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer. Aus diesem Grund hat der ÖFV für alle ordentlichen Mitglieder den verpflichtenden System-Check auch eingeführt. Geprüfte Systeme dürfen das ÖFV System-Check Gütesiegel verwenden und haben dadurch einen wesentlichen Vorteil bei der Suche nach Franchise-Partnern. Ziel ist es, den hohen Qualitätsanspruch an die Systeme zu kommunizieren und sichtbar zu machen. Das Gütesiegel symbolisiert die juristische Prüfung des Vertrags sowie eine inhaltliche Beurteilung des Franchise-Konzepts und nicht zuletzt eine hohe Zufriedenheit bei den Franchise-Nehmern.

medianet: Unimarkt feierte heuer 30 Jahre Franchise. Wie steht es um das erklärte Ziel, bis 2022 hundert Franchise-Nehmer zu zählen?
Haider: Wir sind gut auf Kurs. Im letzten Geschäftsjahr konnten wir zehn neue Partner für uns gewinnen, auch heuer gehen wir von mindestens zehn Neuzugängen aus. Gerade für Menschen, die derzeit in Sparten tätig sind, deren Geschäftsmodell aufgrund von Covid-19 an Relevanz verloren hat, sehen wir ein großes Potenzial, in die krisenfeste Branche der Lebensmittel zu wechseln, und wollen sie dazu ermutigen.


medianet: Welche Vorteile haben Franchise-Partner konkret bei Unimarkt?
Haider: Sie können an den jeweiligen Standorten ihre eigenen Ideen verwirklichen und sich mit den Themen Regionalität und Lokalität auch persönlich entfalten; dadurch können sie sich klar vom Mitbewerb differenzieren. Wir stehen unseren Partnern von Anfang an beratend zur Seite: Bei Gründungsfragen, bei der Finanzierung und in Form von regelmäßiger Betreuung durch den Vertriebs­außendienst. Auch beim nationalen und überregionalen Sortiment liefern wir alle relevanten Services und Dienstleistung.

medianet: Wie ist Unimarkt bisher durch die Krise gekommen und welche Herausforderungen erwarten Sie für die nächsten Monate und Jahre?
Haider: Wir waren in der Shutdown-Phase in der glücklichen Situation, die Menschen mit hochwertigen Lebensmitteln versorgen zu dürfen. Aufgrund der guten Umsätze nahmen wir den Mehraufwand gelassen und konnten auch dank des außerordentlichen Einsatzes unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen diese Phase sehr gut überstehen. Ich gehe davon aus, dass sich die Situation mit September wieder normalisiert und der Konsument zum ursprünglichen Verhalten zurückkehren wird. Aufgrund der guten letzten Umsatz­monate gehen wir von einem überproportionalen Wachstum in diesem Geschäftsjahr aus.

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