Von Christian Novacek
Der klassische Lebensmittelhandel ist derzeit mit einem Paradigmenwechsel konfrontiert, der es in sich hat: Auf der einen Seite haben die Diskonter Vollgas gegeben und gerieren sich als bessere Supermärkte – in 2017 gelang das Lidl mit einem formidablen Umsatzplus von zehn Prozent auf 1,3 Mrd. €. Logische Folge: Wenn die Diskonter upgraden, muss das ein Billa ebenso. Doch wie?
Die Flucht nach vorn erfolgt medienwirksam auf Onlinepfaden – aber die virtuellen Wölkchen regnen für Rewe derzeit ‚nur' einen Erlös von 30 Mio. €, 17 Mio. davon auf Billa, herab. Fakt ist: 2017 hat Rewe International leicht Marktanteile an Hofer und Lidl verloren. Die Rewe-eigene Diskontlinie Penny zählte indes nicht zu den forsch expansiven Gewinnern: Deren Umsätze stiegen im Vorjahr leicht um 0,7%.
Der Kunde im Fokus
In der Rewe-Zentrale in Wiener Neudorf nimmt man den aktuellen Strukturwandel mit Gelassenheit – und einem neu formulierten Bekenntnis: „0,1 Prozentpunkte weniger Marktanteil bereiten mir weniger Sorgen als ein unzufriedener Kunde”, erläutert Marcel Haraszti, Bereichsvorstand für das Rewe-Vollsortiment in Österreich, worum es jetzt geht: um den Kunden und sonst um gar nix. „Der Konsument steht im Vordergrund aller Aktivitäten – all unsere Maßnahmen zielen darauf ab, beim Konsumenten zu punkten”, führt Haraszti aus. Und weiter: „Das inkludiert eine Schärfung der Markenprofile ebenso wie die Implementierung einer eigenen Abteilung für regionale Ware.”
Jammern wäre auch insofern nicht angebracht, weil Rewe International mit einem Marktanteil von 34,3% unbestritten der größte Lebensmittelhändler in Österreich ist. „Diese Marktführerschaft sehe ich nicht als Selbstzweck, sondern als Anspruch, beim Kunden die Nummer 1 zu sein”, erklärt Haraszti. Trotzdem müsse man sich von den Diskontern differenzieren und dürfe ihnen nicht das Feld überlassen.
Maßgeschneidert regional
Eine jener Trumpfkarten, um sich sozusagen im besten Wortsinn auf dem Feld zu behaupten, ist das Thema Frische und Regionalität. Demgemäß erfolgte bereits eine organisatorische Umstrukturierung: Die regionale Ware bekam im Einkauf eine eigene Abteilung verpasst, vor allem in der Verbrauchermarktlinie Merkur soll ordentlich Platz für Produkte aus der Umgebung geschaffen werden; im regionalen Frischebereich verfügt Merkur bereits heute über 765 Lieferanten. Desgleichen steht die lokale Dachmarke „Da komm ich her” bereits für rd. 250 Produkte bzw. 144 Mio. € Umsatz – das Ganze durchaus deutlich im Trend liegend, denn 2016 waren es „bloß” 132 Mio. €.
Neu Austarieren will Rewe die Sache mit den Aktionen. Derzeit ist der Aktionsteil mit rund 30% österreichtypisch hoch – er soll aber moderat (dem Konsumenten gegenüber quasi feinfühlig) reduziert werden. Zumindest, so Haraszti, soll er nicht weiter wachsen. Eine Vereinfachung im Rabattsystem könnte hier Vorschub leisten.
Heuer will der Handelskonzern mit 350 Mio. € deutlich mehr investieren als 2017 (280 Mio. €). Der Großteil des Geldes soll ins Filialnetz fließen. Allein bei Billa sollen 92 Standorte umgebaut oder neu errichtet werden. Potenzial habe da das Format mit 1.500 m² Verkaufsfläche – sowohl für Billa als auch für Merkur („Merkur Kompakt”).