••• Von Christian Novacek
Er ist immer noch das Rennpferd in der Handelslandschaft: der E-Commerce. Aktuell (im Februar 2019) erzielt er in Deutschland ein reales Plus von 9,2 Prozent – dieses Wachstum wird sich fortsetzen. Auch in Österreich, wo Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will konstatiert: „Der Onlinehandel wächst in Österreich zehn Mal so schnell wie der stationäre Handel, und eine baldige Stagnation ist nicht in Sicht.” Jeder dritte Euro könnte im heimischen Handel laut Will künftig online verdient werden.
Für viele Unternehmen ist der Digital Retail das Aushängeschild schlechthin. Mit ihm lässt sich (speziell im Lebensmittelhandel) wenn schon nicht reichlich Umsatz, so doch ordentlich Image gewinnen. Die Rolle, die er in Zukunft spielen wird und spielen soll, ist dabei reichlich umstritten. Denn während er aus den Bereichen Mode und Elektro nicht mehr wegzudenken ist, macht er bei Lebensmitteln derzeit noch wenig Appetit – sowohl in Österreich als auch in Deutschland beläuft sich der Anteil der Lebensmittel-Online-Umsätze am Gesamtkuchen auf ein sehr überschaubares Prozent.
Alles ist möglich
Zum Vergleich: In England liegt der Anteil zwischen sieben und acht Prozent. Aus der Onlineperspektive positiv zu sehen ist mithin in Sachen Lebensmittel, dass hier die Positionen wenn, dann nur sehr wackelig bezogen sind. Die Märkte sind noch nicht so verteilt, wie sie es im stationären Handel längst sind. Die Onlineangebote sind schlichtweg noch nicht so marktreif, dass sie schon wirklich bedeutsam wären – hier ist noch jede Überraschung möglich.
Im Schatten des Riesen
Stichwort Onlineriesen: Amazon, Zalando und Unito dominieren die E-Commerce-Erlöse made in Austria; der Wunsch, speziell Erstgenannten an die Leine zu nehmen, ist daher nur allzu verständlich.
Zur Größendimension: Amazon hat es in den letzten drei Jahren von Rang 10 auf Rang 4 der weltweit größten Händler geschafft. Das entschlossene Vorgehen des Riesen, wenn er neue Gefilde betritt, könnte noch einige Geschäftsfelder durchpflügen – wie zum Beispiel den Möbelhandel. Dass Amazon indes auch stationär in der Alpenrepublik punkten will – das bleibt ferne Zukunftsmusik. Denn: Wenn ein Riese stationär geht, dann stapft er erstmal die großen Metropolen ab, und selbst wenn man Wien mit viel Goodwill als große Metropole bezeichnen mag – wie viel Märkte sollen hier welchen großen Retailer wie stark kratzen?
Überfallsartiger Eintritt?
Interesssanter wäre hier die Alternative: Amazon übernimmt einen stationären Player. Doch während am deutschen Markt die Supermarktkette „real” vernehmlich „Nimm mich!” schreit, gibt es hierzulande wenig Echo. „In Österreich ist mit Zielpunkt wahrscheinlich der letzte kauffähige Händler vom Markt”, meint Andreas Unruhe, Head of Consumer Goods bei den Beratern von Horvath & Partners. Ergo bleibt hier noch ein wenig Zeit, die eigenen Online-Strategien zurechtzufeilen.