Lebensmittelkauf: Was jetzt Priorität hat
© APA/Helmut Fohringer
RETAIL Redaktion 30.04.2020

Lebensmittelkauf: Was jetzt Priorität hat

Hygiene und Herkunft sind aktuell wichtiger als Bio, Tierwohl und Verpackung, sagt eine AMA-Studie.

••• Von Paul Hafner

In Krisenzeiten ist vieles anders. Für die aktuelle Corona-Pandemie gilt das aufgrund des Lockdowns und der noch bis Mai anhaltende Lokalsperre insbesondere für unsere Lebensmittelbeschaffung.

Eine repräsentative, von der AMA in Auftrag gegebene Studie mit 500 Teilnehmern hat sich jetzt mit der Frage auseinandergesetzt, wie sich das Einkaufsverhalten bei Lebensmitteln konkret verändert hat, worauf Menschen nun vermehrt achten, was an Bedeutung ins Hintertreffen gerät und welche Einkaufsquellen attraktiver werden.

Großhandel bleibt Insidertipp

Eine Mehrheit von 58,2% gibt an, nun seltener einkaufen zu gehen, während 6,6% häufiger und 4,6% gar nicht mehr in die Geschäfte pilgern; alternative Einkaufsquellen bleiben weiterhin ein Minderheitenprogramm, doch jeder Zehnte gibt an, nun öfter direkt beim Bauern (Ab Hof) zu kaufen.

Der temporär ermöglichte Filialeinkauf im Großhandel – etwa bei Metro oder in den Kastner Abholmärkten – wird nur von 1,5% der Bevölkerung beansprucht und bleibt damit ein Insidertipp. Supermärkte, die Online-Zustellung anbieten, kämpfen mit Lieferfenstern und berichten seit Wochen über regen Zulauf, in der AMA-Umfrage geben aber nur 2,8% der Befragten an, diese vermehrt zu nutzen.
Von einer subjektiv als sehr gut (56,6%) bzw. eher gut (40%) empfundenen Lebensmittelversorgung, die auch „bis zum Ende der Krise” anhalten werde, sind trotz Hamsterkäufen überwältigende 96,6% der Österreicher überzeugt – eine Zahl, die sicher auch deshalb so hoch ist, weil der LEH unmittelbar vor und nach Ankündigung des ersten Maßnahmenpakets – und auch darüber hinaus – so gut mit der enormen Nachfrage zurechtgekommen ist und es in keinem Segment zu einer länger anhaltenden Produktknappheit gekommen ist; Supermärkte wie Diskonter haben sich geschlossen als gut für den Ernstfall gewappnet bewiesen und an Vertrauen gewonnen.

Regionalität gewinnt

Lautete der Tenor vor der Krise auf Plastikreduktion, Mut zur Verpackungsfreiheit und Umweltfreundlichkeit und wurden diese Agenden auch von der Kundschaft mitgetragen, tritt das Thema Nachhaltigkeit nun spürbar in den Hintergrund; 50,7% achten seit der Krise mehr auf Hygiene, andere dominante Faktoren sind lange Haltbarkeit (30,7%), regionale (26,2%) bzw. österreichische Herkunft (26,0%) und Frische (19,8%). Tierwohl (9,6%) und vor allem Bio (6,8%) spielen eine eher kleinere Rolle.

Zwar achten auch 12,6% mehr auf die Art der Verpackung, das Motiv dahinter geht aus der Fragestellung („Inwieweit achten Sie seit der Coronakrise beim Einkauf von Lebensmitteln auf die folgenden Aspekte?”) aber nicht hervor; es scheint jedenfalls realistisch – und die Obst- und Gemüseabteilungen, wo vor allem die unverpackte Ware liegenbleibt sprechen dafür –, dass es nicht so sehr die Naturverträglichkeit dieser ist, sondern ihr Schutz vor Viren; wenngleich die Gefahr der Übertragung über Lebensmittel verschwindend gering ist, dürfte der Trend Richtung Verpackungsfreiheit einen leichten bis schweren Dämpfer erleiden.

Was vermehrt gekauft wird

Wenige Überraschungen gibt es bei der Frage, welche Produkte nun mehr gekauft werden: Spitzenreiter sind Teigwaren/Nudeln (22,2%) vor Konserven (20,0%), Frischobst (18,1%) und Tiefkühlprodukte (17,7%). Kaum mehr als zuvor gekauft wird neben vorgeschnittenem Obst und Gemüse und frischen Desserts (je 2,1%) auch Schweine- und Rindfleisch (3,2% bzw. 3,4%).

Die Krise hat nicht nur die Bedeutung der Lebensmittelhändler in Erinnerung und in den Fokus gerückt. Bauern werden von 96,4% als sehr oder eher bedeutend für die Versorgungssicherung wahrgenommen, auch die unter starken Umsatzeinbußen leidenden Bäcker und Fleischer ernten unvergütete Anerkennung (96,2%). Während LEH, Industrie und Direktvermarkter regionaler Lebensmittel die 90%-Marke knacken, wird Importeuren ausländischer Lebensmittel nur von der Hälfte der Befragten (50,8%) Wichtigkeit attestiert.
Den „hohen heimischen Selbstversorgungsgrad” habe man den „Produzenten zu verdanken”, meint Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing. „Selbst wenn es im Lauf der Wochen Verzögerungen in internationalen Logistikketten geben sollte, so ist unser täglicher Bedarf mehr als gedeckt.”
Von großem Interesse ist auch die Frage, wie es langfristig um die neuen Gewohnheiten, Priorisierungen und Werte stehen wird. Auch hierzu liefert die Studie Zahlen. So will nur ein Viertel der Befragten zum gewohnten Verhalten zurück und weiterleben wie zuvor; mehr als jeder Dritte will auch nach der Krise mehr auf heimische Produkte setzen oder Lebensmittel direkt beim Bauern kaufen.

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