STOCKHOLM/ARTEIXO/WIEN. Investitionen in die Logistik, Apps für die Kunden, Fotostudios für die Online-Präsenz: Herausgefordert durch die Dominatoren Amazon und Alibaba, investieren die Modehäuser Zara und H&M in ihre Internetverkäufe. Das ist nötig, um den Anschluss nicht zu verpassen; in dieser Woche meldete beispielsweise der schwedische Moderiese H&M Gewinneinbrüche fürs erste Quartal – die naheliegende Ursache: zunehmende Abwanderung der Kunden ins Internet.
In einer Ecke der Zara-Zentrale nahe La Coruna im Nordwesten von Spanien gibt es 15 kleine Fotostudios, nur durch dünne Trennwände abgegrenzt. Models drehen sich im Blitzlicht, um Klamotten aus allen denkbaren Winkeln zu präsentieren. Sieben Fotos eines Kleidungsstücks werden gebraucht, mehrmals pro Woche werden Hunderte neue Bilder hochgeladen, die Models wechseln regelmäßig. Zara zeigt damit die Geschwindigkeit, mit der die Kleidungsstücke auch offline in den Läden angepasst, ausgetauscht und vermarktet werden.
„Online-Verkäufe werden zunehmend zu einem Element, das entscheidend zum Wachstum des Unternehmens beiträgt”, sagt dazu Pablo Isla, Chef der Zara-Mutter Inditex. Im vergangenen Jahr machten sie zehn Prozent der Verkäufe aus – eine Zahl, die jahrelang unter Verschluss blieb.
Zaras späte Online-Ambition
Mit seinem Online-Angebot kam Zara 2010 vergleichsweise spät aus der Deckung. Eine noch höhere „Online-Sichtbarkeit” sei aber entscheidend für Inditex, wenn der Konzern „auf lange Sicht wettbewerbsfähig” bleiben will, sagt Sergio Avila Luengo vom Analyseinstitut IG Markets. Wegen der Konkurrenz des Online-Händlers Amazon hatte Zara demnach 2017 spürbare Probleme, seine Lager zu leeren.
H&M bricht ein
In Schweden steht Inditex' Erzrivale H&M vor ähnlichen Problemen. Der Modekonzern gestand ein, dass die Gewinneinbrüche 2017 entscheidend mit der Abwanderung ins Netz zusammenhängen. Der Klamottenmarkt sei in einem „großen Umbruch”, das geschehe rasch und sei eine Herausforderung für jeden, sagte H&M-Chef Karl-Johan Persson Mitte Februar. Amazon und die chinesische Plattform Alibaba zögen die ganze Branche in Mitleidenschaft. Auch kleinere Anbieter dürften nicht ignoriert werden.
In den USA war Amazon 2016 der führende Online-Kleidungsverkäufer, mittlerweile kontrolliert das Unternehmen elf Prozent des globalen Kleidungsmarkts, Tendenz rasch steigend. Der deutsche Schuh- und Modeanbieter Zalando erhöhte seine Verkäufe in Europa zwischen 2012 und 2015 um 25%, der britische Anbieter Asos legte in der Zeit um 34% zu.
H&M investierte 2017 fast 600 Mio. € ins Internetgeschäft, darunter für ein neues Fotostudio und personalisierte Kunden-Apps. Das waren 45% der Investitionen. Inditex ist ebenfalls investitionsfreudig, gibt dazu aber keine Zahlen bekannt.
Dabei ist es Fluch und Segen zugleich für die beiden Modeunternehmen, dass sie über ein großes Netz realer Geschäfte verfügen. Sie können in den Läden die Online-Käufe pushen, indem sie auf das Angebot im Internet verweisen, wenn eine Größe oder Farbe vergriffen ist; andererseits stellt der Digital Retail die Modefirmen vor logistische Herausforderungen. (red/APA)