Schau mal, was da poppt!
© Robert Fritz
RETAIL 12.02.2016

Schau mal, was da poppt!

Sie sind wie die Tablets unter den Computern: klein, flexibel, unkompliziert. Die Rede ist von Pop-up-Stores, die aktuell wie Schwammerl aus dem Boden schießen.

••• Von Julia Maier

WIEN. Sie sind der letzte Schrei, sollen neue und vor allem jüngere Kunden anlocken und gelten als cool, hip und modern. Pop-up-Stores bieten sowohl jungen als auch bereits etablierten und namhaften Unternehmen die Chance, etwas Neues zu probieren und ihre Marke (erneut) aufleben zu lassen. Pop-up-Stores befinden sich oft auf nur sehr kleinen Verkaufsflächen und haben nur eine begrenzte Zeit offen, sind also nur temporär für die Kunden zugänglich. Dies bietet für viele natürlich einen gewissen Reiz. Das weiß auch David Bock, Gründer von Pop It Up, einer Retail Agency für Pop-up-Stores: „Marketingtechnisch erregen Pop-up-Stores natürlich viel mehr Aufmerksamkeit als normale Verkaufsflächen, weil sie, dadurch dass es sie nur temporär begrenzt gibt, interessanter sind.”

Ausprobieren neuer Ideen

Doch was ist die Motivation für Unternehmen, einen Store zu öffnen, der nur für kurze Zeit seinen Kunden zur Verfügung steht? „Der Anreiz liegt sicherlich in der hohen Flexibilität und dem geringeren Risiko für Unternehmen. Auf konventionellen Handelsflächen gibt es nach wie vor nur bedingt die Flexibilität, neuartige Konzepte einfach und mit überschaubarem finanziellen Aufwand umzusetzen und zu testen. Ein weiterer wesentlicher Vorteil von Pop-ups ist die Möglichkeit, die Zielgruppe direkt zu erreichen. „Wir verstehen unser Konzept als Mischung aus PoS und Marketing-Tool. Der Fokus liegt darauf, Brand-Awareness zu schaffen und die Marke in einem einzigen Umfeld zu präsentieren”, erklärt Jimmy Grünwald von Boxircus, das sich die Erschließung und Entwicklung temporärer Flächen zum Ziel gesetzt hat. Von den Möglichkeiten, neue Konzepte mit möglichst wenig finanziellem Aufwand auszuprobieren, profitierte im vergangenen Herbst im Vorfeld der Vienna Fashion Week der Online-Versandhändler ­Zalando, der sich mit dem Weltmuseum in Wien eine ganz besonders edle Location ausgesucht hat. Der Moderiese, der im stationären Handel ja sonst nicht vertreten ist, nutzte die Gelegenheit, um die Marke Zalando „erlebbar und anfassbar” zu machen. „Wir haben es als Chance gesehen, unsere Kunden und ihre Wünsche im direkten Austausch besser kennenzulernen. Kunden konnten sich vor Ort inspirieren lassen sowie über Tablets im Zalando-Shop stöbern oder vor Ort bestellen”, erklärt Nadine Przybilski, Corporate Communications bei Zalando.

Auch der Hautpflege-Konzern Nivea brach im Oktober 2015 aus seiner blauen Komfortzone aus und probierte mit seinem Pop-up-Store auf der Wiener Mariahilfer Straße etwas Neues. Erhältlich waren vor allem Produkte, die es sonst nirgends zu kaufen gibt, wie Fan-Artikel, exklusive Geschenksboxen und andere Produktneuheiten. Der Erfolg der Aktion konnte sich sehen lassen: Über 1.000 Besucher begrüßte Nivea pro Tag, und von allen Seiten bekam man durchwegs positives Feedback. Bei diesen Reaktionen ist es kein Wunder, dass sich immer mehr namhafte Markenunternehmen an neuen Konzepten probieren, um dem scheinbar langweilig werdenden Shop-Einheitsbrei zu entkommen.
So auch der Sportartikelhersteller Adidas, der mit seinem Container am Wiener Donaukanal ein ganz eigenes Konzept erstellt hat, das von dem des üblichen Pop-up-Stores ein wenig abweicht. Hier werden vor Ort zwar keine Produkte verkauft, die Räumlichkeit dient aber als Treff- und Ausgangspunkt für die #boostvienna Running Community. Alle Community-Mitglieder haben hier freien Zutritt und können Features wie Handyladekabel, Spind oder Umkleidekabinen gratis nützen. Wen es nach einem harten Arbeitstag also noch gelüstet, laufen zu gehen, der kann sich gleich dort umziehen. Ein weiterer Gag ist der Testschuh-Automat, der einem die Möglichkeit bietet, ein Paar Adidas Ultra Boosts auszuborgen und damit einen Testlauf zu starten.

Vorteile für Start-ups

Vor allem aber für unbekannte Start-ups bieten die Pop-up-Stores Möglichkeiten, sich in der Szene zu etablieren. Alexander Tardy, Jungdesigner, der unter dem Namen Viereck T-Shirts mit hippen und lustigen Sprüchen wie „CalWien Klein” und „Wear it Leica a Boss” herstellt, kann ein Liedchen davon singen: „Seit dem Jahr 2012 hypen Pop-up-Stores so richtig, andauernd entstehen irgendwo neue. Ich habe das Glück, dass ich fast bei allen von Anfang an dabei war und heute bekomme ich regelmäßig ­E-Mails oder Facebook-Nachrichten, ob ich bei einem Pop-up-Store meine T-Shirts ausstellen möchte.” Die zahlreiche Teilnahme an den temporären Geschäften macht sich bezahlt: „Derzeit biete ich meine Artikel ausschließlich in Pop-up-Stores, auf Messen oder Märkten an. Da meine Kundschaft aber immer weiter über die Grenzen Wiens und sogar Österreichs hinausgeht, bin ich gerade dabei, einen Onlineshop und die dazugehörige Versandlogistik auf die Beine zu stellen”, freut sich Tardy.

„Suchen gute Konzepte”

Und woher bekommt man als Unternehmen, das einen Pop-up-Store eröffnen möchte, die geeigneten Lokalitäten? Nun, dafür gibt es in Österreich mittlerweile mehrere Retail Agencys, die sich auf die Vermietung temporärer Flächen spezialisieren. Das Unternehmen nextSalesroom hat es sich beispielsweise zum Ziel gesetzt, kreative Ideen leichter umsetzbar zu machen und sucht dafür immer wieder nach neuen Lokalitäten, um seinen Kunden die möglichst passenden Räumlichkeiten bieten zu können. „Die Idee ist uns gekommen, weil wir es schade fanden, dass kreative Konzepte oft nur sehr schwer umsetzbar sind. Temporäre Stores kennen kaum Grenzen – sie müssen wirtschaftlich nicht nachhaltig sein und auch nicht unbedingt wie eine ‚weitere Filiale' geplant sein und aussehen. Oftmals werden auch unterschiedliche Kategorien, wie Gastro-, Event- oder Retailkonzepte miteinander vermischt. Für die Umsetzung pflegen wir gute Kontakte zu Eigentümern und Center-Betreibern. Die Stores gehören nicht uns, wir suchen nur gute Konzepte für sie”, so Hannes Baumgartner, Gründer von nextSalesroom.

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