••• Von Georg Sander
PIANS. Im Jahr 2014 übergaben Karl und Christine Handl das Familienunternehmen an ihre Söhne Karl Christian und Markus. 2016 schließlich erfolgte eine Trennung der Geschäftsbereiche: Während Markus Handl den Eigenvertrieb in sämtlichen Speckstuben sowie die Gastronomiebelieferung über die Handl Tyrol Gastroservice GmbH verantwortet, zeichnet Karl Christian Handl alleinverantwortlich für die Handl Tyrol GmbH mit Produktion und Handelsvertrieb. Über die aktuelle Lage am Markt hat er mit medianet gesprochen.
medianet: Wie geht es Handl derzeit?
Karl Christian Handl: Der Handl-Gruppe an und für sich geht es gut. Allerdings gibt es aktuell viele große Herausforderungen. Dies sind zum einen die steigenden Preise in nahezu allen Bereichen. So sind in den letzten Wochen die Rohstoffpreise für Rind- und Schweinefleisch um 50 Prozent nach oben gegangen. Die Kosten für Verpackungsmaterialien sind ebenfalls immens gestiegen. Zudem ist hier auch die Verfügbarkeit ein großes Problem. Bei Karton und Folien ist es eine große Herausforderung, den aktuellen Bedarf überhaupt decken zu können. Ebenso haben sich die Energiekosten vervielfacht. Eine weitere große Herausforderung ist der Mitarbeitermangel.
medianet: Gehen wir es chronologisch durch. Wie war die Zeit mit den Lockdowns?
Handl: Durch die Pandemie mit dem verschärften Lockdown im Frühjahr 2020 und weiterführenden Maßnahmen wie Distance-Learning, Homeoffice sowie den reduzierten Outdoor-Möglichkeiten haben auch wir im Snackbereich die Einschränkungen gespürt.
medianet: Nach Corona kam die Krise, ausgelöst von Russland durch den Angriff auf die Ukraine. Inwiefern waren bzw. sind Sie betroffen?
Handl: Wir sind in erster Linie von den enormen Preisen für Schweinefleisch betroffen. Nachdem die Ukraine im Agrarbereich eine weltweite Größe im Getreideanbau ist, wird der andauernde Krieg Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion in ganz Europa haben. Dies betrifft auch unsere Fleischlieferanten und wird sich weiter negativ auf die Preise auswirken. Aufgrunddessen gilt es in erster Linie, die Preis- und Versorgungssituation im Bereich der Rohstoffe und Betriebsmittel in den Griff zu bekommen
medianet: Das dritte Thema, das Sie angesprochen haben, ist der Fachkräftemangel. Handl hat sich diesen Fragen beispielsweise 2017 mit ‚berufundfamilie' gewidmet. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage?
Handl: Unser eigenes Ausbildungsprogramm ‚Die Speckmeisterei' soll uns auch helfen, Leute auszubilden und zu Facharbeitern zu qualifizieren. Der Fachkräftemangel ist branchenübergreifend neben den gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen eines der brennendsten Probleme. Auch wir beschäftigen uns damit, wie wir Mitarbeiter für unsere Standorte finden und an das Unternehmen binden können. Die Situation ist leider nach wie vor schwierig, und wir sehen leider auch keine Besserung.
medianet: Wie bilanzieren Sie die letzten beiden Jahre, wie gestaltet sich der Ausblick auf 2022 bzw. die erste Zwischenbilanz?
Handl: Die Handl Gruppe konnte mit ihren 663 Mitarbeitern (+16) 2021 den Umsatz auf 171 Mio. Euro steigern. Neben einer positiven Entwicklung am Heimmarkt Österreich sind wir speziell in den Exportmärkten überdurchschnittlich gewachsen. Unsere Speckspezialitäten und die Segmente ‚Kochen auf Tirolerisch' sowie ‚Herzhaft Snacken' wurden dabei besonders stark nachgefragt. Unsere Anfang des Jahres gesteckten Ziele sind der Markenausbau – insbesondere in Österreich – sowie die weitere Stärkung unserer Position im Segment Snacking.
medianet: Tierwohl ist ein weiteres wichtiges Thema. Wie stehen Sie zu den öffentlichen Diskussionen? Sind die gegenwärtigen Maßnahmen ausreichend, braucht es mehr, wird zu viel reguliert?
Handl: Die Pandemie hat das Essverhalten und die Bedürfnisse der Konsumenten verändert. Gemeinsames Kochen, der Genuss hochwertiger Produkte und der Wunsch, sich mit guter Ernährung etwas Gutes zu tun, sind spürbare Trends. Zudem ist die Nachfrage nach ehrlichen, authentischen und reinen Produkten ungehalten. Auch die Themen Nachhaltigkeit und Tierwohl spielen bei den Konsumenten eine immer wichtigere Rolle bei ihrer Kaufentscheidung. Die Konsumenten wollen wissen, wie die Tiere gehalten werden und woher die Tiere kommen. Immer mehr Menschen entscheiden sich bewusst für Tierwohl. Handl arbeitet an einem eigenen Tierwohlprojekt, das in den finalen Zügen steckt. Wir gehen davon aus, dass wir das Projekt im zweiten Halbjahr 2022 öffentlich präsentieren werden.
medianet: Die Herkunftskennzeichnung kommt. Wie beurteilen Sie diesen Schritt der Politik?
Handl: Sehr positiv. Wir haben seit Jahren eine klare Rohstoffpolitik. Wir verwenden für den österreichischen Markt für unsere Markenprodukte ausschließlich Schweinefleisch mit dem AMA-Gütesiegel. Wir sehen dies für uns als auch für den Konsumenten als Vorteil, weil es im Regal zu einer noch klareren Differenzierung kommt.
medianet: Abschließend: Insgesamt kommt vegane Ernährung immer mehr in Mode. Handl bietet Produkte, die man sich gönnt – ist das eine Stärke für die Zukunft?
Handl: Mit unseren ‚Tyrollos' haben wir den ersten Schritt in eine hybride Produktwelt – also weniger Fleisch im Produkt – gesetzt, weitere werden folgen. Der Anteil der Flexitarier steigt. Ernährungsbewusst, leicht, gesund und unbeschwert genießen, lautet das Motto. Qualitativ hochwertige und ehrliche Fleisch- und Wurstprodukte – frei von Geschmacksverstärkern, Farbstoffen und Aromen – werden bevorzugt nachgefragt. Der bewusste Konsum von hochwertigem Fleisch ist also bei den Flexitariern klar zu erkennen. Wir verfolgen den Trend in Richtung vegetarischer bzw. veganer Ernährung, um daraus auch Schlüsse zu ziehen.