„Teuerung hatte kaum negativen Effekt”
© Fairtrade Österreich/Safia El Maataoui
Hartwig Kirner
RETAIL Redaktion 10.05.2024

„Teuerung hatte kaum negativen Effekt”

Fairtrade Österreich-Geschäftsführer Hartwig Kirner zeigt sich mit dem vergangenen Jahr zufrieden – und sieht noch viel Potenzial nach oben.

••• Von Paul Hafner

Die Umsätze mit Fairtrade-Produkten in Österreich sind trotz der bekannten vielfältigen Herausforderungen 2023 deutlich gewachsen: Fairtrade Österreich vermeldet ein geschätztes Umsatzplus von zwölf Prozent auf rund 663 Mio. €. Das entspricht Direkteinnahmen von umgerechnet 73,7 Mio. € für die Produzentenorganisationen, die sich aus Mindestpreis, Bioaufschlag und Fairtrade-Prämie zusammensetzen.

Herausragend ist dabei die Entwicklung bei Fairtrade-zertifiziertem Kakao – dieser wuchs im Absatz um 13,4% auf nunmehr 9.690 t; Grund dafür ist eine Vielzahl neuer Listungen von Handelspartnern und Schokoladeproduzenten. So stellte etwa die Rewe bei sämtlichen Schokolade-Eigenmarken zu 100% auf fairen Kakao (und fairen Zucker) um. Der Umsatz-Marktanteil bei den Tafelschokoladen dürfte entsprechend bereits an der Zehn-Prozent-Marke kratzen (Schätzwert 9,9%).
„Erfreulicherweise sehen wir, dass die allgemeine Teuerung im Bio- und Fairtrade-Segment im Jahr 2023 kaum negative Auswirkungen auf das Kaufverhalten hatte”, erklärt Hartwig Kirner, Geschäftsführer Fairtrade Österreich, gegenüber medianet. „Das lässt für mich den Schluss zu, dass Fairtrade-Produkte auch im aktuellen Marktumfeld preisstabil sind und weiterhin stark nachgefragt werden.”

Schokolade wird teurer

Angesichts der „dramatischen Entwicklungen” im Kakao-Segment – die Rohstoffpreise haben sich innerhalb eines Jahres vervierfacht, der Weltmarktpreis befand sich bis vor Kurzem auf einem Allzeithoch – rechnet Kirner mit einem Effekt auf die Preise in Österreichs LEH-Regalen ab Sommer: „Die Lager sind leer, bald müssen sich Hersteller auch hierzulande mit neuer Ware eindecken.”

Wie sich die Preise im Vergleich zwischen Fairtrade und konventionellem Handel verändern werden, lasse sich „aktuell noch nicht sagen”, doch verweist Kirner auf eine Nielsen-Studie, der zufolge „die Preise für Fair­trade-Kaffee und Süßigkeiten mit Fairtrade-Kakao im Jahr 2022 deutlich weniger stark gestiegen sind als jene für konventionelle Produkte”.
Weil sich der massive Anstieg der Weltmarktpreise bei den Bauernfamilien bisher dennoch kaum in finanziellen Verbesserungen niedergeschlagen habe, seien „verlässliche Fairtrade-Partnerschaften in diesem wirtschaftlichen Umfeld besonders wichtig”; die österreichischen Handelsketten und Produzenten würden hier jedenfalls „mit gutem Beispiel vorangehen”, lobt Kirner – und spricht angesichts des hohen Bekanntheitsgrads des Fairtrade-Siegels in der hiesigen Bevölkerung (95%) und annähernd ebenso hohem Vertrauen in dieses (88%) von einem „besonderen Stellenwert, den Fairness und Nachhaltigkeit im öffentlichen Bewusstsein in Österreich bereits einnehmen”.

Potenzial nicht ausgeschöpft

Mit einem Absatz von 5.335 t (+0,2% ggü. 2022) zeigt sich die Nachfrage nach fair produziertem Rohkaffee stabil, der Fairtrade-Marktanteil liegt bei 8,9% (2022: 9,0%). Einen leichten Rückgang (–0,7% auf 34.023 t) verzeichnen die Fairtrade-Bananen, die allerdings gleichzeitig ihren Marktanteil von 28 auf 32% steigern konnten. Kirner: „Mittlerweile ist rund jede dritte Banane in Österreich Fairtrade-zertifiziert, rund 96 Prozent davon sind auch Bio. Gleichzeitig bedeutet das aber auch noch ein Potenzial von weiteren zwei Drittel des Marktes.”

Abseits der drei großen Kategorien, die zusammen für über 90% der Produzenten-Direkteinnahmen stehen, gibt es auch im Segment Rosen positive Neu­igkeiten: 38,9 Mio. verkaufte Stiele stehen für einen Marktanteil von 35% und ein Absatzplus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nach der nachfrage­seitigen Achterbahnfahrt rund um die Pandemie nähern sie sich damit weiter dem Vorkrisen­niveau an.
Die generelle Performance der Fairtrade-Produkte stimmt Kirner jedenfalls zuversichtlich: „Die Tatsache, dass auch im aktuell schwierigen wirtschaftlichen Umfeld Stabilität gegeben ist, zeigt die Resilienz der Fairtrade-Absätze.” Er ortet auch Luft nach oben – bei allen Rohstoffen seien „weitere Absatzmöglichkeiten definitiv vorhanden”.

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