Überzeugungsarbeit für gesunde Produkte
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RETAIL Redaktion 06.10.2023

Überzeugungsarbeit für gesunde Produkte

Ein Rundruf unter Obst- und Gemüse-Produzenten geht der Stimmung in der Branche auf den Grund.

••• Von Georg Sohler

Das Bewusstsein der Konsumenten für eine nachhaltigere Lebensführung hat und wird auch in Zukunft eine höhere Nachfrage nach österreichischem Gemüse zur Folge haben”, erklärt Josef Peck, Vorstand von LGV und Seewinkler Sonnengemüse. Sein Blick geht trotz der turbulenten Zeiten positiv in die Zukunft. Er leitet eines von mehreren Unternehmen, die medianet kontaktiert hat, um über die aktuellen Herausforderungen in der Obst- und Gemüsebranche zu sprechen. Klar ist: Nach Corona und der anhaltenden Ukrainekrise steht die Herausforderung der Preisteuerung und der hohen Inflation im Fokus des wirtschaftlichen und vorausschauenden Handelns bei der Erzeugergemeinschaft.

Erwartungsgemäß fiel die Produktionsmenge im ersten Halbjahr 2023 rund zehn Prozent geringer als im Vorjahr aus. „Grund dafür war das Aussetzen der Winterproduktion und der generell spätere Start der Auspflanzung in den Gewächshäusern aufgrund der nach wie vor hohen Energie- und Rohstoffpreise”, so der Vorstand, der aber sicher ist: „Die Entwicklung im Juli und August 2023 ist wieder positiv und kann an die Erntemengen im Vergleichszeitraum aus dem Vorjahr fast anschließen.”
Nachdem Grundnahrungsmittel und Frischgemüse einen geringen Anteil an den gesamten Haushaltskosten ausmachen und die Meldungen über Preis-teuerung und Inflation zurückgegangen sind, ist die Nachfrage nach Frischgemüse im zweiten Halbjahr auch wieder gestiegen. „Natürlich wirken sich die hohen Energie- und Rohstoffpreise und die Tatsache, dass die Mehrkosten auch nicht zur Gänze weitergeben werden, auf den Deckungsbeitrag für unsere Gärtner und Gemüsebauern und auf das Gesamtergebnis der Erzeugergemeinschaft aus”, so Peck. „Für 2023 erwarten wir einen leicht rückläufigen Umsatz von knapp unter 100 Mio. Euro.” Man konzentriert sich dennoch auf die Kernkompetenz: Die Kultivierung von frischem, vollreifem Gemüse: „Dabei stehen Qualität, Geschmack, aber auch Verlässlichkeit im Vordergrund. Und die Genossenschaft agiert ebenso mit Sorgfalt und vorausschauendem Handeln, stellt Investitionen hintan und senkt Ausgaben dort, wo es sinnvoll möglich ist.” Im Allgemeinen gewinne Gemüse aber in der Ernährung immer mehr an Bedeutung: „Speziell heimisches, regionales Frischgemüse liegt im Trend. So sehen wir mittel- und langfristig eine positive Entwicklung des österreichischen Gemüsegeschäfts.”

Verlässlichkeit gefragt

Die Kostenschübe der letzten Jahre beschäftigen auch efko, stellt wiederum Thomas Krahofer, Geschäftsführer von efko, fest. Er teilt aber auch die Analyse, dass es bald besser gehen würde. „Im landwirtschaftlichen Sektor zeichnen sich bei einzelnen Produkten Preisentspannungen am Weltmarkt ab”, er schränkt aber auch ein, dass die Preise nach wie vor weit über dem Vorkrisenniveau liegen. Herausfordernd sei natürlich auch die Witterung, die die Versorgung von manchen Gemüseprodukten gefährde. Ebenso gebe es Engpässe beim Packstoff Glas. Dabei „eignet sich Glas ausgezeichnet im Sinne der Circular Economy als Verpackungsmaterial, jedoch ist der Rohstoff aufgrund der geopolitischen Lage sehr gefragt”. Die Verfügbarkeit von Rohstoffen zu sichern, ist überhaupt ein zentrales Zukunftsthema für Krahofer.

„Aufgrund der efko-Beteiligungsstruktur, bei der 49 Prozent des Unternehmens im Besitz von 128 Landwirten sind, haben wir sehr verlässliche Lieferanten”, kann er aber beruhigen. Parallel dazu gehe man auch den Weg der Eigenproduktion, um so zum Beispiel das efko-Tochterunternehmen Vitana auch zukünftig verlässlich mit Rohstoffen zu beliefern: „Dafür produzieren wir – gemeinsam mit einem Landwirt in Leopoldsdorf – Produkte in Folientunneln, die in dieser Form die ganze Saison in Österreich nicht ausreichend verfügbar sind.” Um weiterhin die hohe Eigenversorgungspotenz in Österreich garantieren zu können, müssen alle Stakeholder entlang der Wertschöpfungskette angemessene Preise bekommen, und die Konsumenten müssten auch bereit sein, regionale Produkte zu bezahlen.

Positiver Ausblick

Dazu hat sich Staud’s Wien etwas einfallen lassen: Um auch jenen ein Angebot zu machen, die es finanziell gerade nicht so gut haben, hat man die Oma Staud-Konfitüre übrigens unter dem Motto „Genuss, den man sich leisten kann” im 225 g-Glas gelauncht. Insgesamt verläuft das Geschäftsjahr 2023 zufriedenstellend, die Herausforderungen bei Rohware aber teilt man. Die Geschäftsführer Jürgen Hagenauer und Stefan Schauer haben zudem ein großes Anliegen: „Was wir uns wünschen – mehr Wertschätzung für Lebensmittel im Allgemeinen, besonders aber für hochwertige, regionale Produkte. Da ist jeder einzelne von uns gefragt. Wir beobachten zwar weiterhin eine starke Nachfrage nach regionalen und auch biologisch angebauten Produkten, die Euphorie ist jedoch etwas abgeflaut. In erster Linie zählt der Preis.” Angesprochen auf zu erwartende Entwicklungen, erklärt man: „Die Wahrheit ist: Landwirtschaftlich tätig zu sein, ist für viele kaum mehr (er-)tragbar.” Die Kombination aus milden Wintern, Spätfrost und immer stärker werdenden Wetterkapriolen mache die Arbeit schwierig. Zwar habe ein Wandel im Anbau von Obst- und Gemüsesorten angefangen, aber Innovationen und Investitionen sind über die gesamte Produktionskette hinweg notwendig: „Der gestiegene Aufwand für den professionellen Anbau führt zu höheren Produktionskosten, die Preise steigen.” Die faire Entlohnung aller am Produkt beteiligten Personen sollte allerdings genauso ein Thema sein.

Langfristig gehe es darum, die Urproduktion im eigenen Land überhaupt noch zu bewerkstelligen und die Qualität aufrechtzuerhalten.

Bio bringt’s

Auf Qualität im Bereich Bio setzt Ja! Natürlich schon seit Jahren – bereits da, als nachhaltige Anbauarten und Bio noch kein großes Thema waren. „Bio ist in den letzten zehn Jahren stets gewachsen; vor allem während Covid haben sich die Österreicher intensiver mit dem Thema Ernährung auseinandergesetzt. Wir dürfen uns auch in Zeiten der Inflation über ein dynamisches Wachstum freuen. Die Kundinnen und Kunden in Österreich halten Bio weiter die Treue, weil sie überzeugt sind, damit eine gute Entscheidung für sich selbst, die Umwelt, das Tierwohl und das Klima zu treffen”, erklärt Geschäftsführerin Klaudia Atzmüller.

Die Aufgabe der Vorreiter sieht sie in der Innovation und darin, neue Produkte zu entwickeln – auf Basis höchster Standards und vor dem Hintergrund der strengen Prinzipien von Ja! Natürlich: „Vor allem geht es darum, Produkte, die bisher importiert werden mussten, auf höchstem Bio-Standard in Österreich zu produzieren.” Ein Beispiel sei der Bio-Tofu aus Wien, der seit Herbst letzten Jahres im Sortiment ist und, was die Verkaufszahlen, betrifft alle Erwartungen übertreffe. „Das Besondere dabei ist, dass die Sojabohnen des Tofus zu 100 Prozent von Wiener Landwirtschaftsbetrieben stammen, es sich bei allen um dieselbe Sorte handelt und die Bohnen jedes Landwirts separat verarbeitet werden”, führt sie aus. Doch wie sieht es bei Produkten aus, die gekauft werden, aber in Österreich nicht angebaut werden können? Das weiß man bei Chiquita.

Nachhaltigkeit leben

„Chiquita setzt sich fortwährend für den Erhalt der Tropen ein und will gleichzeitig die dort ansässigen Gemeinden stärken. Durch die Zusammenarbeit mit führenden Nachhaltigkeitsorganisationen wie der SAI Platform können wir die landwirtschaftlichen Betriebe bewerten und Praktiken entwickeln, die unsere Nachhaltigkeit in diesen Bereichen optimieren”, meint Peter Stedman, Direktor für Nachhaltigkeit bei Chiquita. „Seit fast drei Jahrzehnten arbeitet die Marke daran, nachhaltige Veränderungen in ihren tropischen Anbauregionen herbeizuführen – für einen langfristigen Wert für die Gemeinschaften.”

Den Prinzipien treu

Und allgemein? Auf Nachfrage lässt auch Chiquita wissen, dass das Jahr 2023 mit Sicherheit eine Herausforderung ist, aber man seinen nachhaltigen Grundwerten treu bleibe und für eine gesunde Zukunft der Banane stehe. Neben den Veränderungen in der Wertschöpfungskette setzt Chiquita auch neue Akzente im Handel; hier ist vor allem die Kooperation mit Billa in Österreich mit der ‚Banane to go' zu nennen, die hier Premiere und den ersten Testlauf gefeiert hat: Die Banane wandert von der Obstabteilung als Mitnahmeartikel in die Kassenzone.

Der Rundruf zeigt also: Die Zeiten mögen herausfordernd sein, wer aber den Mehrwert von Obst und Gemüse, im idealsten Fall regional, aber auf jeden Fall nachhaltig, hervorstreicht, kann positiv in die Zukunft blicken.

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